In der Nacht auf Donnerstag wurden in der ganzen Ukraine Luftangriffe gemeldet.
Russische Raketen trafen Wohngebäude und kritische Infrastruktur in der Hauptstadt Kiew, der Hafenstadt Odessa, oder der im ukrainischen Westen gelegenen Stadt Lviv. Mehrere Gebiete wurden von der Stromversorgung getrennt. Und die Betreiber des Atomkraftwerks in Saporischschja und die internationale Atombehörde warnen vor weltweiten Folgen.
Auch Russland hat sich gemeldet.
Ein Blick auf das Raketen-Inferno in den grossen Zentren:
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat auf Telegram die Ereignisse der Nacht geschildert:
Die Russen seien zu «ihrer kläglichen Taktik» zurückgekehrt, schrieb Selenskyj weiter: «Die Okkupanten können nur die Zivilbevölkerung terrorisieren. Das ist alles, wozu sie fähig sind.» Das werde ihnen aber nicht helfen, den Krieg zu gewinnen, so der 45-Jährige.
Die russische Armee habe insgesamt 81 Raketen auf verschiedenen Städte in der ganzen Ukraine abgefeuert, so der Präsident. Der staatliche ukrainische Sender schlüsselte die Raketen nach Typ auf – demnach handelt sich fast ausschliesslich um Waffen aus sowjetischer Produktion. Die ukrainische Luftwaffe vermeldete, dass von den abgefeuerten Raketen 34 zerstört werden konnten, bevor sie einschlugen.
Aufgrund der Angriffe wurde nachts landesweit eine Strombeschränkung angewandt. In den Städten Charkiw und Schytomyr wurde der Strom teilweise ganz geschaltet.
Gegen ein Uhr morgens hornte in Kiew Luftalarm für etwa sieben Stunden, so die ukrainischen Verteidigungskräfte. Am Morgen vermeldete der Bürgermeister Vitali Klitschko, dass mindestens eine Rakete in ein Wohnhaus im Stadtteil Swiatoschyn eingeschlagen sei – es habe Verletzte gegeben. Der Bürgermeister informiert weiter:
Nach Angaben der ukrainischen Zeitung «Suspilne» flogen verschiedene Marschflugkörpern und scheinbar auch eine russische Kinjal-Hyperschallrakete auf Kiew. Diese soll in einen Infrastrukturkomplex eingeschlagen sein.
⚡️ There is a fire in the Sviatoshynskyi district of Kyiv due to the russian shelling. Video from subscribers.
— FLASH (@Flash_news_ua) March 9, 2023
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In der westukrainischen Stadt Lviv seien mindestens fünf Menschen nach einem Raketenangriff auf ein Wohngebiet gestorben, so der Leiter der regionalen Militärverwaltung, Maksym Kozytskyi, auf Telegram. Er schreibt über die Toten:
Auf einem Drohnenvideo, das Kozytskyi postete ist das zerstörte Wohngebiet zu sehen:
⚡️ The head of the Lviv Regional Military Administration posted the video of the consequences of the [russian] missile crash in the Zolochiv district.
— FLASH (@Flash_news_ua) March 9, 2023
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Am 9. März ab 03:54 Uhr war in Charkiw eine Reihe von Explosionen zu hören – zwei Menschen wurden verletzt, so die ukrainischen Verteidigungskräfte.
Bürgermeister Ihor Terekhov berichtete, dass vor allem die Energieinfrastruktur, aber auch ein Wohnhaus, sei in der Nacht von den Besatzern angegriffen worden.
Der Leiter der staatlichen Verwaltung des Gebiets Charkiw, Oleh Syniehubow, meldete:
Ukrainian children watching the crater made by one of the Russian missiles that struck Kharkiv a few hours ago.
— Visegrád 24 (@visegrad24) March 9, 2023
They will never forgive Russia in their lifetime. pic.twitter.com/eYswBIo6Aq
In der Hafenstadt Odessa sirente es ab 1:55 Uhr. Mehrere Raketen schlugen in Energieinfrastruktur ein, wie der Leiter der staatlichen Verwaltung des Gebiets Charkiw, Maksym Marchenko, auf Facebook und Telegram bekannt gab. Wohngebiete wurden ebenfalls getroffen, aber es wurden sofort keine Opfer gemeldet.
In Saporischschja steht das grösste Atomkraftwerk Europas. Da auch in der südukrainischen Stadt Bomben vielen, wurde das Kraftwerk vorübergehend ausgeschaltet, so Energoatom, der Betreiber des Kraftwerks.
Energoatom warnt, dass es zu einem «Unfall mit Strahlenfolgen für die ganze Welt» kommen könnte, sollte es nicht gelingen, die externe Stromversorgung der Station innerhalb von zehn Tagen zu erneuern.
Auch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) ist wegen des erneuten Ausfalls der regulären Stromversorgung im ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja alarmiert. IAEA-Chef Rafael Grossi, sagte am Donnerstag vor dem IAEA-Gouverneursrat bezüglich der Abschaltung in Wien. «Jedes Mal würfeln wir. Und wenn wir das immer wieder tun, dann wird uns eines Tages das Glück verlassen», warnte Grossi. So dürfe es nicht weitergehen. Es sei höchste Zeit, eine Sicherheitszone rund um das Kraftwerk einzurichten.
Russland hat die schweren Raketenangriffe auf die Ukraine als Reaktion auf Gefechte in der russischen Grenzregion Brjansk gerechtfertigt. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, sagte am Donnerstag in Moskau:
Konaschenkow bestätigte zudem den Einsatz der Hyperschallraketen. Während die Ukraine nichts davon erwähnte, dass auch Rüstungsbetriebe ins Visier genommen wurden, erklärt Konaschenkow, dass auch explizit militärische wichtige Anlagen zerstört worden seien.
Am 2. März hatten die russischen Behörden behauptet, eine ukrainische Sabotagegruppe sei auf russisches Gebiet eingedrungen und habe dort zwei Zivilisten getötet. Präsident Wladimir Putin sprach von einem «Terroranschlag». Zu dem Angriff bekannte sich später eine Gruppe russischer Nationalisten. Kiew hingegen stritt eine Beteiligung ab.
*Dieser Absatz wurde nachträglich eingefügt, da sich Russland erst nach der Erstpublikation äusserte.
(yam/sda)