Der Vergleich hinkt, keine Frage. Joe Biden ist nicht Franklin Roosevelt. Und Wolodimir Selenski ist nicht Winston Churchill. Und dennoch weckt die Partnerschaft, die der amerikanische und der ukrainische Präsident in den vergangenen drei Monaten (notgedrungen) aufgebaut haben, Erinnerungen an die legendäre Freundschaft zwischen den beiden Staatsmännern zu Beginn des Zweiten Weltkriegs.
Damals, bevor die USA nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor im Dezember 1941 selbst zur Kriegspartei wurden, herrschte eine Arbeitsteilung zwischen Washington und London. Die Briten kämpften, im Konzert mit europäischen Verbündeten, und stilisierten sich zur Speerspitze der Demokratie. Die Amerikaner lieferten die Waffen – gegen inneren und äusseren Widerstand.
So wollen es auch Selenski und Biden halten. Und bisher scheint diese Rollenverteilung besser zu funktionieren als zu Beginn des Zweiten Weltkriegs. Der ukrainische Widerstand ist, nach einigen bangen Tagen zu Beginn der Invasion, gehärtet. So verbreitete Kiew in den vergangenen Tagen Erfolgsmeldungen über eine Gegenoffensive im Grossraum Charkiw, der zweitgrössten Stadt des Landes.
Die Streitkräfte der Ukraine sollen sich nun bloss zehn Kilometer von der Grenze zu Russland entfernt befinden. Auch scheint es gelungen zu sein, Pontonbrücken der Russen im Donbass zu zerstören und damit Vorstösse abzuwürgen.
«Bilohoriwka hält gerade dem russischen Ansturm stand, unsere Verteidiger haben zweimal Pontonbrücken zerstört», schrieb der Militärgouverneur des Gebiets, Serhij Hajdaj, im Nachrichtendienst Telegram. Dazu präsentierte er Drohnenaufnahmen von mehrend Dutzend zerstörten Fahrzeugen und Panzertechnik.
Diese Erfolgsmeldungen lassen sich zwar nur schwer unabhängig überprüfen, und sind deshalb mit Vorsicht zu geniessen. Die ukrainische Seite hat bei der Verteidigung ihrer Heimat aber die Oberhand.
Und dafür ist auch Biden verantwortlich. Der Amerikaner bewilligte in den vergangenen sieben Wochen Waffenlieferungen in Milliardenhöhe – mehr als 5500 Panzerabwehrraketen des Typus Javelin, gegen 800 Kampfdrohnen und 90 Haubitzen fanden ihren Weg auf die Schlachtfelder in der Ukraine. Zwar kann und will Washington nicht alle Wünsche Kiews erfüllen. In enger Zusammenarbeit mit europäischen Nato-Ländern ist es der Regierung Biden aber gelungen, das anfängliche Ungleichgewicht auszugleichen.
So weit, so gut. Ähnlich wie Roosevelt zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wirkt der amerikanische Präsident aber innenpolitisch wie ein Getriebener. Er steht unter Druck, weil die Opposition angesichts der schlechten Nachrichten von der Wirtschaftsfront die Milliarden-Hilfspakete an die Ukraine hinterfragt.
Als am Dienstag das Repräsentantenhaus einen neuen Kredit von 40 Milliarden Dollar bewilligte, stimmten 57 der 209 Republikaner in der grossen Parlamentskammer mit Nein. Die konservativen Abgeordneten störten sich am Tempo, mit dem dieses neuste Paket geschnürt wurde. Und daran, dass von diesem grosszügigen Kredit hauptsächlich Nicht-Amerikaner profitierten.
Der älteste Sohn des abgewählten Präsidenten Donald Trump, am rechten Parteirand eine Lichtfigur, nannte das Vorgehen der Demokraten «krank» und empörte sich in einem Video-Kommentar darüber, dass in Amerika aktuell ein Mangel an Säuglingsnahrung herrsche – Biden aber der Ukraine weiterhin Milliarden von Dollars überweise.
Man kann diese Wortmeldung dumm finden. Sie weist aber auf das Kernproblem Bidens hin. Die Arbeitsteilung mit Selenski funktioniert, solange sich die ukrainischen Streitkräfte auf dem Vormarsch befinden.
Weil Amerika im Ukraine-Krieg im Seitenwagen sitzt, kann Washington das Geschehen auf dem Schlachtfeld nur indirekt beeinflussen, mit Geldzahlungen und Waffenlieferungen – schliesslich will der amerikanische Präsident mit aller Macht verhindern, dass sein Land zur Kriegspartei aufsteigt. Was also wird geschehen, sollte sich der Krieg über Monate hinziehen?
Roosevelt hatte im Zweiten Weltkrieg eine Vision. Er war der Meinung, dass sich ein direkter Zusammenstoss zwischen Demokratie und Totalitarismus nicht vermeiden lasse. Also setzte er auf Churchill, während er seine Bevölkerung auf einen globalen Konflikt vorbereitete.
Biden aber scheint von der bisherigen Sprachregelung abzurücken, dass Selenski in der Ukraine einen Stellvertreterkrieg führe. So betonte er diese Woche, dass die ukrainische Bevölkerung für «ihr» Land kämpfe und «ihre» Demokratie. Dies klingt nicht nach dem Auftakt eines Krieges zwischen Gut und Böse. Vielleicht will Biden damit rhetorisch abrüsten, nach Besuchen in Waffenfabriken und harten Worten gegen Putin. Offen ist, wie lange er dieser Linie treu bleiben kann.
Päule Freundt
Wäre nämlich in Washington noch die Trump-Regierung an der Macht, gäbe es keine unabhängige Ukraine mehr.
Und Putin würde in Kyiv residieren und mit seiner Armee die Ukraine in Großrussland integrieren. Vielleicht gleich auch noch die Moldau.
TheRealSnakePlissken
Tomhas
Deshalb können wir nur hoffen, dass die Taktik des Westens aufgeht. Wir müssen leider den Krieg solange wie möglich versuchen nur auf ukrainischem Grund zu führen. Sonst haben wir wieder den Konflikt der 40er Jahre. Und dann werden die NATO und die USA definitiv (und zurecht) eine Gefahr für Russland. Russland aber natürlich auch für uns