Der Angriff auf die Schlangeninsel am zweiten Kriegstag. Die Versenkung des russischen Schwarzmeer-Flaggschiffs «Moskwa» am 14. April. Der Überfall ukrainischer Marinedrohnen auf den Flottenstützpunkt Sewastopol Ende September: Der Seekrieg im Schwarzen Meer hat 2022 verschiedene denkwürdige Momente hervorgebracht.
Jetzt, im Frühjahr 2023, ist die maritime Kriegsführung komplett aus den Nachrichtenspalten verschwunden. Zu Unrecht: Der amerikanische Marineanalyst H. I. Sutton stellt seit Ende Januar eine verstärkte russische Marineaktivität rund um die Krim fest, mit bedeutenden Auswirkungen auf das Kriegsgeschehen.
So sind eine Anzahl U-Boote und Kriegsschiffe in den russischen Marinestützpunkt Noworossiysk zurückgekehrt, nachdem dieser aufgrund der Gefährdung durch ukrainische Langstreckenwaffen zeitweilig geräumt worden war. Gleichzeitig hat die russische Schwarzmeerflotte den kleinen Krimhafen Feodossija aufgewertet, indem sie mit Kalibr-Marschflugkörpern bewaffnete Korvetten vom Typ Bujan-M dorthin verlegt hat.
Diese spielen bei den Raketenangriffen auf die ukrainische Infrastruktur eine entscheidende Rolle, da die russischen Kriegsschiffe ihre Lenkwaffen ausserhalb des gegnerischen Einflussbereichs auf hoher See abfeuern können.
Marineanalyst Sutton macht das Herunterfahren von Elon Musks Starlink-Kommunikationssystem verantwortlich für das neue Selbstvertrauen, mit dem Russland seine Marine einsetzt: Der Nachrichten-Blackout verunmögliche offenbar der Ukraine derzeit den Einsatz ihrer ferngelenkten Marinekampfmittel, die nach der Versenkung der «Moskwa» für so viel Schrecken in Putins Generalstab gesorgt haben.
#Ukraine: The first image of the guided missile cruiser Moskva of the Russian Navy that sank a few days ago, via @Bormanike.
— 🇺🇦 Ukraine Weapons Tracker (@UAWeapons) April 17, 2022
Depending on the side you choose to believe, the ship was either hit by 2x R-360 "Neptun" ASMs, or suffered a catastrophic ammunition fire. You decide. pic.twitter.com/CTRNAKT9ES
Als «interessante technische Einzelbeobachtung» beschreibt zudem der deutsche Brigadegeneral Christian Freuding den jüngst durchgeführten Angriff mit einer russischen Marinedrohne auf die ukrainische Satoka-Brücke südlich von Odessa. Ob sich daraus gleich auf eine neugewonnene taktische Erweiterung der russischen Angriffsfähigkeiten schliessen lassen könne, lässt der Leiter des Sonderstabes Ukraine im deutschen Verteidigungsministerium offen.
Die wieder wachsenden russischen Marinefähigkeiten erklären auch die dramatischen Hilferufe des ukrainischen Vize-Aussenministers Andrij Melnyk. Am 10. Februar schrieb er in den sozialen Netzwerken von einem der bisher «schlimmsten Raketenangriffe» auf ukrainische Zivilisten und ersuchte um die dringende Lieferung von Kriegsschiffen und U-Booten.
Heute erlebt die Ukraine einen der schlimmsten Raketenangriffe. Tödliche Marschflugkörper Kalibr wurden von der russischen Marine im Schwarzen Meer abgefeuert. Wir brauchen daher deutsche Kriegsschiffe & U-Boote, um diese Kriegsverbrechen gegen 🇺🇦Zivilisten zu unterbinden pic.twitter.com/Szy8kiSbed
— Andrij Melnyk (@MelnykAndrij) February 10, 2023
In einem Interview vor wenigen Tagen zeigte sich der ehemalige Botschafter in Berlin zuversichtlich, dass es noch in diesem Jahr «einen Durchbruch» in der Lieferfrage von deutschen Fregatten, Korvetten und U-Booten geben wird.
Insbesondere auf die modernen deutschen U-Boote vom Typ 212-A hat Melnyk sein Auge geworfen. Mit «bloss einem einzigen Boot» dieser besonders leisen und schwer zu ortenden Klasse könne die gesamte russische Schwarzmeerflotte in Schach gehalten werden. Laut eigenen Angaben fuhr Melnyk 2008 in Eckenförde auf einem U-212A mit und zeigte sich entsprechend begeistert von dessen Leistungsfähigkeit.
Doch der deutsche Marine-Experte Sebastian Bruns hält die Überstellung von einem der total sechs deutschen U-Boote dieses Typs für unrealistisch. Wie er kürzlich dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte, würde die Nato niemals auf die besonderen Fähigkeiten der deutschen U-Boote verzichten. Zudem sei es aufgrund der benötigten jahrelangen Ausbildung schlicht unvorstellbar, dass eine deutsche Besatzung nach Odessa fährt, um der Ukraine «den Schlüssel zu übergeben».
Der deutsche U-Boot-Experte Johannes Peters doppelt im «Spiegel» nach: Neben den genannten Punkten sei es sehr unwahrscheinlich, dass der türkische Präsident Erdogan eine solche U-Boot-Lieferung durch den Bosporus tolerieren würde.
Aussichtsreicher sei es für die Ukraine, die Lieferung kleinerer Kampfschiffe als Ersatz für die bisherigen Verluste anzupeilen, sind sich die Marinexperten einig.
Ukrainian Navy confirmed first loss today. Russian plane attacked and sank P190 Slovyansk near #Odesa on March 3. The US-made vessel was acquired by Ukraine in 2018. The crew hasn't been found yet #Ukraine #UkraineRussiaWar pic.twitter.com/2UYOehTeOp
— MilitaryLand.net (@Militarylandnet) March 6, 2022
Denn ebenso bisher unbeachtet, hat die kleine ukrainische Marine seit dem russischen Überfall empfindliche Verluste erlitten. Laut der glaubwürdigen Statistik von oryxspioenkop.com sind bisher 25 Kriegsschiffe verloren gegangen; 8 davon wurden von den Russen versenkt, 16 in den Anfangstagen gekapert und 1 schwer beschädigt.
Gleich zu Beginn des russischen Überfalls versenkten die Ukrainer ihr Flaggschiff, die grosse Fregatte «Hetman Sahaidatschnyj», im Hafen von Mikolajew selbst, damit sie dem Feind nicht in die Hände fällt. Unter den seither versenkten Einheiten befindet sich auch das von den USA gelieferte Patrouillenboot P190 «Slowjansk». (aargauerzeitung.ch)
Ich wünsche dem Typen den totalen Bankrott.
Es gibt den Vertrag von Montreux, der die Durchfahrt regelt und im Kriegsfall eine Sperrung vorsieht.
Auf Anfrage der Ukraine hat die Türkei vertragskonform am 27. Februar 2022 die Regelungen für den Kriegsfall angewendet und sperrte am Abend des 28. Februar die Durchfahrt durch Dardanellen und den Bosporus für Kriegsschiffe.
Das gilt für alle, auch für die Ukraine. Würde die Türkei Kriegsschiffe durchlassen, dann wäre es ein klarer Völkerrechtsbruch.
Wie schwierig kann es für die russen sein, das U-Boot da abzufangen?