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Russland

Cassis erhält Brief aus Moskau: Russland will Haltung der Schweiz wissen

Bundespräsident zu Brief aus Moskau: «Man darf sich nicht unter Druck setzen lassen»

05.02.2022, 14:1305.02.2022, 15:31
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Bundespraesident Ignazio Cassis schreitet zu den Von-Wattenwyl-Gespraechen, am Freitag, 4. Februar 2022, vor dem Bernerhof, in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Bundespräsident Ignazio Cassis hat Post aus Russland erhalten.Bild: keystone

Russland will wissen, wie die Schweiz zur Sicherheit in Europa und zur Nato-Osterweiterung steht. Der russische Aussenminister Sergej Lawrow hat Bundespräsident Ignazio Cassis dazu am Freitag einen Brief geschickt. Das Aussendepartement trifft zu den Fragen nun Abklärungen.

Bundespräsident Ignazio Cassis habe einen entsprechenden Brief des russischen Aussenministers erhalten, teilte Valentin Clivaz, stellvertretender Chef Medien im Aussendepartement (EDA), am Freitag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit. Das EDA bestätigte damit einen Bericht des «Tages-Anzeigers».

Im Brief habe Lawrow die russischen Vorstellungen einer europäischen Sicherheitsordnung erklärt. Russland veröffentlichte am Freitag zusammen mit China eine Erklärung, in welcher die Länder ein Ende der Osterweiterung und damit einen Verzicht auf Aufnahme der Ukraine in das Militärbündnis fordern.

«Da darf man sich nicht unter Druck setzen lassen.»
Bundespräsident Cassis

Lawrow hatte daraufhin den Aussenministern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) einen Brief geschickt. Die Schweiz ist Mitglied der OSZE. Im Brief fordert Lawrow die Aussenminister auf, Antworten auf Moskaus Fragen zur Sicherheit in Europa zu geben. Erklären sollten sie, wie das Prinzip der «unteilbaren Sicherheit» in Europa gewährleistet werden solle. Gemeint ist damit, dass sich die Sicherheit eines Landes nicht auf Kosten der Interessen eines anderen Staates gewährleistet werden dürfe.

«Zeit der Diplomatie»

«Die Interpretation dieser Sicherheitsregelung ist Sache der OSZE», sagte Bundespräsident Cassis am Samstag in der Sendung «Samstagsrundschau» von Radio SRF. Diese Sicherheitsregelung funktioniere seit fast 50 Jahren. Wenn ihre Interpretation in der OSZE unklar sei, müsse darüber ein Dialog innerhalb der OSZE gestartet werden.

Auf die Post aus Moskau angesprochen, sagte Aussenminister Ignazio Cassis: «Da darf man sich nicht unter Druck setzen lassen.» In einem derart gespannten Umfeld gehöre das zum Courant normal unter den Staaten.

Weiter liess sich der Schweizer Bundespräsident nicht in seine Karten blicken. Die Schweiz werde sich weiterhin für den Dialog und die Deeskalation in der Krise einsetzen.

Die geopolitische Lage in Osteuropa sei heute sehr angespannt, sagte Cassis. Der Bundesrat sei besorgt und die Schweiz setze sich für Dialog und Deeskalation ein. Er verwies unter anderem auf ein Treffen von Lawrow mit US-Aussenminister Antony Blinken in Genf, und ein Treffen zwischen Russland und der Nato in Brüssel. Er habe Lawrow und Blinken in Genf zur Deeskalation aufgerufen.

«Jetzt ist die Zeit der Diplomatie», sagte Cassis. Es müssten alle Bemühungen vorgenommen werden, damit die Lage nicht eskaliere. Auch die OSZE sei involviert.

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EDA nimmt Rücksprache mit OSZE

Zuvor teilte Clivaz auf Anfrage mit, das EDA habe die Sichtweise im Brief zur Kenntnis genommen und werde Abklärungen vornehmen. In der Regel würden Schreiben an den Bundespräsidenten individuell beantwortet. Im Brief gehe es aber um Beschlüsse der OSZE. Die OSZE sei daher die geeignete Plattform, um die russischen Anliegen zu besprechen. Gemäss EDA will der polnische OSZE-Vorsitz nächste Woche einen Dialogprozess beginnen. Die Schweiz unterstütze dieses Vorgehen.

Russland hatte zuvor den Forderungskatalog an die Nato und die USA gerichtet. Diese lehnen die Kernanliegen Russlands ab, haben aber in schriftlichen Antworten einen Dialog angeboten. Darauf wiederum stehe die russische Antwort aus, wie der Kreml klargestellt hatte.

Angesichts westlicher Berichte über einen Aufmarsch von mehr als 100'000 russischen Soldaten in der Nähe der Ukraine wird befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in sein Nachbarland plant. Moskau bestreitet das. Für möglich wird auch gehalten, dass die russische Seite Ängste schüren will, um die Nato zu Zugeständnissen bei Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen.

(sda / aargauerzeitung.ch)

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31 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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DerTaran
05.02.2022 14:39registriert Oktober 2015
Russland ist schon lustig, man annektiert, okkupiert und interveniert laufend in seinen Nachbarländern, aber wirft dann den übrigen osteuropäischen Staaten vor, dass sie sich in die NATO flüchten.
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Unsinkbar 2
05.02.2022 14:27registriert August 2019
Das nächste Fettnäpfchen für Cassis steht bereit. 🙃
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