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Tod eines russischen Diplomaten in Berlin löst Spekulationen aus

Tod eines russischen Diplomaten in Berlin löst Spekulationen über möglichen Mord aus

05.11.2021, 19:45
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Unter ungeklärten Umständen ist in Berlin ein russischer Diplomat am Botschaftsgebäude mitten in Berlin ums Leben gekommen. Wachleute der Berliner Polizei sollen die Leiche des 35-jährigen Mannes laut «Spiegel» bereits am 19. Oktober gegen 7.20 auf dem Gehweg auf der Rückseite des Botschaftskomplexes gefunden haben.

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Die russische Flagge weht auf dem russischen Botschaftsgebäude in Berlin.Bild: keystone

Nach Informationen des Magazins soll der Mann Verbindungen zum russischen Inlandsgeheimdienst FSB gehabt haben. Die Nachricht über den Tod des Mannes löste Spekulationen über einen möglichen Mord aus.

Die russische Botschaft in Berlin sprach dagegen von einem «tragischen Unfall». «Spekulationen, die im Lichte dieses tragischen Ereignisses in einer Reihe westlicher Medien aufgetaucht sind, halten wir für absolut falsch», hiess es in einer Erklärung.

Das deutsche Aussenministerium erklärte, der Fall sei bekannt. Aus Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen werde man sich aber nicht weiter dazu äussern. Auch ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft wollte keine Angaben zu dem Fall machen.

Der Mann fiel möglicherweise aus einem oberen Stockwerk des Botschaftskomplexes an der Behrenstrasse im Berliner Bezirk Mitte. Er war laut «Spiegel» seit Sommer 2019 als Zweiter Botschaftssekretär in Berlin akkreditiert. Den deutschen Sicherheitsbehörden sei er als getarnter Angehöriger des FSB bekannt gewesen.

Enthüllungsreporter der Plattformen The Insider (theins.ru) und Bellingcat schrieben, der Diplomat sei der Sohn eines ranghohen russischen FSB-Offiziers gewesen, der in Moskau die «Verwaltung für den Schutz der verfassungsmässigen Ordnung» leite. «Diese Abteilung befasste sich mit aussergerichtlichen Hinrichtungen von Aktivisten und Journalisten in Russland», schreibt das Portal theins.ru.

Die Abteilung ist in Russland unter anderem für Terrorismusbekämpfung zuständig und wird von westlichen Nachrichtendiensten mit dem sogenannten Tiergartenmord in Verbindung gebracht. Bei dem Attentat wurde im Sommer 2019 in Berlin ein Exil-Georgier tschetschenischer Abstammung am helllichten Tag erschossen. Nach Ansicht der Bundesanwaltschaft wurde die Tat im Auftrag staatlicher russischer Stellen verübt. Der Fall belastet die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland stark. Das Opfer hatte im Tschetschenien-Krieg gegen Russland gekämpft und galt dort nach Angaben der Anklage als Staatsfeind.

Seit gut einem Jahr versucht das Kammergericht in Berlin die Hintergründe des Mordes aufzuklären. Angeklagt ist ein Russe, der kurz nach der Tat gefasst wurde und in Untersuchungshaft sitzt. Nach Deutschland soll der 56-Jährige erst kurz zuvor mit Alias-Namen eingereist sein. Der Angeklagte hat sich bislang im Prozess nicht zu den Vorwürfen geäussert.

Zu dem Tod des russischen Diplomaten schrieb der russische Oppositionelle Leonid Wolkow, der selbst mehrfach in der Botschaft war, im Nachrichtenkanal Telegram: Die «Fenster des Gebäudes» seien nicht hoch genug für einen «Selbstmord». Er meinte, dass der Sohn des FSB-Offiziers «aus dem Fenster geworfen» worden sei. Es gehe hier um etwas «ziemlich Ernstes». Wolkow ist ein enger Vertrauter des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny. Wolkow und Nawalny werfen dem FSB politische Attentate vor.

Nawalny wurde im August vergangenen Jahres mit dem Nervengift Nowitschok beinahe getötet und danach in der Berliner Charité behandelt. Nawalny macht ein Killerkommando des FSB für den Mordanschlag verantwortlich.

Wie es jetzt in dem Fall weiter geht, ist unklar. Ein sogenanntes Todesermittlungsverfahren, bei dem man die Hintergründe des Sturzes hätte klären können, konnte die Berliner Staatsanwaltschaft nicht durchführen. Einer Obduktion der Leiche stimmte die russische Botschaft nicht zu.

Die Auslandsvertretung teilte mit, sie habe die Rückführung der Leiche nach Russland sofort eingeleitet. Dies sei mit den zuständigen deutschen Strafverfolgungs- und Gesundheitsbehörden abgestimmt worden. (sda/dpa)

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