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Russland

Von Nawalny fehlt jede Spur – trotz Anfragen an 200 Gefängnisse

FILE - Russian opposition leader Alexei Navalny, seen on a TV screen as he appears in a video link provided by the Russian Federal Penitentiary Service from the colony in Melekhovo, Vladimir region, d ...
Alexej Nawalny während einer Gerichtsverhandlung im August 2023.Bild: keystone

Seit 13 Tagen fehlt von Nawalny jede Spur – trotz Anfragen an 200 Gefängnisse

18.12.2023, 15:57
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Der seit fast zwei Wochen in Haft verschwundene Kremlgegner Alexej Nawalny ist am Montag erneut nicht zu einer Gerichtsverhandlung erschienen.

Der Richter im Gebiet Wladimir habe deshalb das Verfahren bis zur Klärung des Aufenthaltsortes des Politikers eingestellt, teilte Nawalnys Team mit. Die Juristen des Oppositionellen kritisierten, dass das Gericht damit gegen russische Gesetze verstosse. «Der Richter hat sich einfach der Pflicht der Rechtsprechung entledigt, anstatt das Erscheinen des Klägers sicherzustellen», teilten Nawalnys Juristen mit.

Die Sonderbeauftragte des UN-Menschenrechtsrats für die Lage in Russland, die Bulgarin Mariana Katzarova, äusserte sich am Montag in Genf besorgt. Gerade wenn Gefangene in andere Gefängnisse verlegt würden, sei das Risiko von Menschenrechtsverletzungen gross, teilte sie mit. Sie verlangte die sofortige Freilassung von Nawalny und anderen willkürlich Festgehaltenen, sowie Wiedergutmachungen für ihr Leiden.

Seit Dezember fehlt von Nawalny jede Spur

Der unter anderem wegen angeblichen Extremismus zu 19 Jahren Haft verurteilte Nawalny führt immer wieder Klagen gegen den Strafvollzug wegen Verletzung seiner Rechte.

Seit Anfang Dezember fehlt von dem schärfsten Gegner des russischen Präsidenten Wladimir Putin jede Spur. «Alexej hätte heute sieben Gerichtsverhandlungen haben sollen», sagte seine Sprecherin Kira Jarmysch am Montag. Die Sorge um den 47-Jährigen sei gross, weil er gesundheitlich angeschlagen ist.

Mitarbeiter des Strafvollzugs hätten vor Gericht einmal mehr lediglich mitgeteilt, dass Nawalny nicht mehr im Straflager IK-6 rund 260 Kilometer östlich von Moskau im Gebiet Wladimir sei. Es gebe aber weiter keine Information zu seinem Aufenthaltsort. Nawalnys Juristen warfen dem Strafvollzug auch Lügen vor, weil die Angestellten zuletzt erklärt hatten, der Politiker werde aus technischen Gründen nicht zu den Verhandlungen vor Gericht per Video zugeschaltet.

Warum wurde Nawalny verlegt?

Auf die Frage des Richters, warum Nawalny aus dem Lager verlegt wurde, hätten die Vertreter des Strafvollzugs geantwortet: «zur Verbüssung seiner Strafe». «Am Wochenende haben die Juristen Anfragen in mehr als 200 Untersuchungsgefängnissen gestellt. Wir warten auf Antworten», sagte Nawalnys Mitarbeiter Leonid Wolkow.

Die Kremlgegner um Nawalny hatten Anfang Dezember auch die Kampagne «Russland ohne Putin» begonnen, mit der sie Wähler vor der Präsidentenwahl am 17. März dazu aufrufen, durch die Stimmabgabe für andere Kandidaten ihren Protest zu äussern. Putin tritt zum fünften Mal bei der Abstimmung an, mögliche Mitbewerber gelten als chancenlos.

Nawalny, der 2020 auch einen Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok überlebt hatte, ist seit fast drei Jahren in Haft. Er wurde international als politischer Gefangener anerkannt. (sda/dpa)

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19 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Überdimensionierte Riesenshrimps aka Reaper
18.12.2023 16:43registriert Juni 2016
Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass er die Haftbedingungen nicht Überstanden hat und seit seinem Verschwinden entweder auf einer Medizinischen Station liegt oder bereits Tod ist und irgendwo in einem Massengrab für Häftlinge verscharrt wurde
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N. Y. P.
18.12.2023 17:44registriert August 2018
Ich verstehe heute noch nicht, wieso er aus Deutschland nach Russland zurückgekehrt ist.

Das war mit Ansage, dass er umgehend in den Bau geht, kaum ist er zurück in Moskau. Lieber ein toter Held, als in D Politik gegen Russland zu machen.

Schade.
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Scrat
18.12.2023 16:46registriert Januar 2016
Ich befürchte, irgendwann wird man - wenn überhaupt - Nawalnys Leiche irgendwo finden und das offizielle Russland wird dann Dokumente vorlegen, wonach er schon vor Monaten aus der Haft entlassen worden sei...
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