Sie ist jung, weiblich und will ein demokratisches Russland: Ekaterina Duntsova steht für das genaue Gegenteil von Präsident Wladimir Putin. Und sie will im kommenden Jahr sein Amt. Wer ist die mutige Frau?
Vor wenigen Tagen verkündete Duntsova ihre Kandidatur auf Telegram. «Heute teile ich mit euch eine wichtige Entscheidung, die schon lange in meinem Herzen gereift ist», schrieb sie zu Beginn.
Warum sie antritt? «Weil ich unser Land liebe, weil ich möchte, dass Russland ein demokratischer, wohlhabender und friedlicher Staat ist», schreibt sie weiter. «Und jetzt bewegt sich unser Land in eine ganz andere Richtung: weg von Rechten und Freiheiten, weg von Liebe und Frieden, weg von einer schönen Zukunft.» Worte, die dem Kremlherrscher gar nicht gefallen dürften.
Das Wort Wahl setzt sie provokant in Anführungszeichen, dass sie für ihre Kandidatur ins Gefängnis kommen kann, ist ihr bewusst. Ihre Kandidatur kann wohl schon jetzt als aussichtslos bezeichnet werden, sollte Putin noch einmal antreten wollen – wofür vieles spricht.
Was ihr für ihren Mut drohen kann, zeigt das prominente Beispiel von Putins Intimfeind Alexej Nawalny. Er wollte 2016 gegen Putin kandidieren, vier Jahre später wurde er mit Nowitschok vergiftet, heute sitzt er im Straflager eine 19-jährige Strafe ab.
Geboren wurde die 40 Jahre alte Duntsova in Krasnojarsk im tiefsten Sibirien. Duntsova ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern. Ihre 19 Jahre alter Tochter unterstütze sie bei Ihrer Kampagne, erzählte sie der «Moscow Times». Sie studierte Jura und Fernsehjournalismus.
2019 ging sie schon einmal in die Politik, wurde Abgeordnete in der Stadtduma von Rschew, etwa 200 Kilometer westlich von Russlands Hauptstadt. Vor einem Jahr wurde das lokale Parlament aufgelöst, die Stadt mit dem Bezirk zusammengelegt. Ihre politische Karriere war erst einmal vorbei. Ausserdem koordiniert sie die örtlichen und freiwilligen Such- und Rettungsteams in Rschew, die nach vermissten Kindern und Erwachsenen sucht, schreibt sie auf ihrer Webseite.
«Ich ziehe drei Kinder auf, und es ist für mich wichtig, was für ein Land wir ihnen hinterlassen werden», schreibt Duntsova auf Telegram. «Ich verstehe, dass viele Menschen jetzt abwarten wollen, sich auf die Lauer legen und abwarten, aber wir müssen heute handeln, es könnte zu spät sein.» Jedes ihrer Worte klingt wie ein direkter Angriff auf den Machthaber im Kreml. Auf ihrer Webseite wird sie noch konkreter: «In einem riesigen Staat wird alles von einer Person entschieden. 'Militäreinsätze' auf dem Territorium benachbarter Staaten führen zwangsläufig zu Isolation und Degradierung.»
Ihre Ankündigung, Präsidentin Russlands werden zu wollen, hat offenbar auch der Kreml schnell vernommen. Am Dienstag wurde Duntsova offenbar von der Staatsanwaltschaft verhört. Insbesondere soll es um die Formulierung ihrer Ankündigung gegangen sein. Sie schreibt:
Ihre Kandidatur ist noch nicht fix. Offiziell muss sie 300'000 Unterschriften sammeln, bisher sind wohl 10'000 zusammengekommen, schrieb Duntsova am Mittwoch auf Telegram. Ausserdem müssen 500 Unterstützer zeitgleich an einem Ort zusammenkommen, um ihre Kandidatur zu unterstützen. «Wir wissen sehr wohl, was passieren kann», sagte Duntsova der «Moscow Times». «Wenn wir nicht in der Lage sind, beim ersten Versuch zu sammeln, werden wir es ein zweites Mal versuchen, und so weiter.» Selbst wenn sie das schaffen würde, erwartet Duntsova aber alles andere als eine faire und freie Wahl.
Verwendete Quellen:
Die Tatsache, dass selbst eine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl bereits ernsthafte Konsequenzen für den Kandidaten nach sich ziehen könnte, zeigt zu welcher Farce "Wahlen" in Russland verkommen sind.
Schön zu hören, dass es trotz aller Repressalien doch noch Menschen in Russland gibt, die aufstehen und etwas ändern wollen.
Was denkt sich die Frau eigentlich dabei! Da könnte ja jeder kommen und sich zu Wahl stellen!