Als Reaktion auf steigende Lebensmittelpreise wegen des Ukraine-Kriegs hat Ägypten den Preis für nicht subventioniertes Brot festgesetzt: Per Beschluss liess Ministerpräsident Mustafa Madbuli die Preise für 45, 65 und 90 Gramm schwere Fladen sowie für ein Kilogramm abgepacktes Brot fixieren.
Fladen von 45 Gramm kosten demnach umgerechnet etwa 2.60 Rappen. Die Regelung gilt für alle Geschäfte und Bäckereien und zunächst für drei Monate, kann aber früher wieder aufgehoben werden. Bei Verstössen drohen Geldstrafen bis zu umgerechnet 2520 Franken.
Russland und die Ukraine sind wichtige Exportländer für Weizen. Im Zuge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine stiegen die Weltmarktpreise unter anderem für das Getreide stark.
In Ägypten waren Preise für nicht subventioniertes Brot laut einem Bericht der Nachrichtenseite «Mada Masr» seit Kriegsbeginn um bis zu 50 Prozent gestiegen. Die neue Massnahme könnte für Bäckereien, die ihre Preise zuvor selbst festlegten, ein Verlustgeschäft bedeuten.
Seit Monaten wird in Ägypten auch über Pläne der Regierung diskutiert, die Preise für staatlich bezuschusstes Brot anzuheben. Das Thema ist angesichts der hohen Armut extrem aufgeladen. Preise und Zugang zu vergünstigtem Brot waren auch Thema bei Protesten in mehreren ägyptischen Städten 2017 sowie bei den massenhaften Aufständen 2011. Im Jahr 1977 hatten tödliche Unruhen nach einer Preiserhöhung Präsident Anwar Sadat fast das Amt gekostet.
In dem mit mehr als 100 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichstes Land der arabischen Welt lebt nach offiziellen Angaben etwa ein Drittel der Bevölkerung in extremer Armut. Brot – im ägyptischen Dialekt wörtlich übersetzt als «Leben» – ist wie Reis für unzählige Familien ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Ägypten zählt zu den grössten Weizen-Importeuren der Welt.
Im schlimmsten Fall könnte der Krieg in der Ukraine nach Worten des deutschen Agrarökonomen Matin Qaim bis zu 100 Millionen Menschen weltweit in den Hunger treiben. Aus Russland und der Ukraine kämen etwa ein Drittel des weltweit gehandelten Weizens.
Und auch drei Viertel des Sonnenblumenöls stammten aus diesen beiden Staaten, sagte Qaim der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» laut Kathpress. Beide Länder exportieren insbesondere nach Nordafrika, in den Nahen und Mittleren Osten, etwa nach Ägypten und Libyen.
Betroffen sein könnten zudem Länder, «die noch ärmer sind, wo jetzt schon viele Menschen hungern: in Somalia, im Tschad, auf Madagaskar oder in Bangladesch, um nur einige zu nennen». Wenn der Weizenpreis um 50 Prozent steige, würden Brot und Nudeln auch in Europa «ein paar Cent teurer», erklärte Qaim. «Das ist für viele Menschen zwar nicht unerheblich, die meisten können es sich hierzulande aber leisten. In weiten Teilen Afrikas und Südasiens geht das Einkommen dagegen fast komplett für Lebensmittel drauf.»
Ebenso stiegen derzeit die Preise für Düngemittel, da Russland ein wichtiger Lieferant sei. «Das ist wiederum besonders für die ärmsten Länder in Afrika ein grosses Problem. Anders als in Europa fehlen den meisten Landwirten dort die Möglichkeiten, Geld für teurer werdende Düngemittel aufzubringen, auch wenn sich das bei den hohen Getreidepreisen lohnen könnte.» In der Folge könnten die Ernteerträge um 20 bis 30 Prozent sinken, befürchtete Qaim.
Wie sich der Krieg in den kommenden Monaten entwickeln werde, lasse sich schwer vorhersagen, fügte der Experte hinzu. «Umso wichtiger ist es, dass andere Länder jetzt ihre Verantwortung für die Welternährung wahrnehmen.» Dafür müsse der Welthandel «so offen wie möglich» bleiben; Exportstopps träfen am Ende wiederum die Menschen in den ärmsten Ländern der Welt.
(yam/sda/dpa/apa)