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Wie Russland einen gestohlenen Waschbären für Propaganda benutzt

Oleg Subkow stiehlt in Cherson einen von sieben Waschbären.
Oleg Subkow stiehlt in Cherson einen von sieben Waschbären.bild: screenshot youtube

Wie Russland einen gestohlenen Waschbären für Propaganda benutzt

23.11.2022, 15:4323.11.2022, 17:12
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Russlands Truppen sind dafür berüchtigt, alles, was in der Ukraine nicht niet- und nagelfest ist, zu plündern. Vor allem Waschmaschinen sollen es den Invasoren angetan haben. Keine Waschmaschinen, aber sieben Waschbären, zwei Wölfe und ein Lama wurden vor dem Abzug der russischen Truppen aus Cherson zusammen mit anderen Tieren aus dem lokalen Zoo entführt. Die meisten davon sollen sich nun auf der Krim im Safaripark Taigan des Unternehmers Oleg Subkow aufhalten.

Sobkow, eine Art ukrainischer Tiger King, hält dort 80 Löwen und 50 Tiger, aber auch Giraffen, Jaguare, Pumas und Leoparden. Ein mittlerweile gelöschtes Video auf YouTube zeigt Subkow, wie er unter Bewachung russischer Soldaten mehrere Tiere aus Cherson abtransportiert. Es handle sich dabei um eine temporäre Massnahme, erklärte er. Sobald Russland Cherson wieder eingenommen habe, bringe man die Tiere zurück.

Einer der sieben Waschbären kann sich derweil nicht in der Krimsonne fläzen. Laut einem Bericht eines lokalen Ablegers des Staatssenders Rossija 1 hält eine Truppe Fallschirmjäger den Waschbären aus Cherson als Maskottchen. Im offensichtlich propagandistischen Beitrag wird das Tier ein «kleiner Kämpfer» genannt, der in einer Munitionstasche «Ausschau halte». Auf seinem Telegram-Kanal (mit über 50'000 Abonnenten) berichtet der Waschbär als Augenzeuge von der Front. Er werde dabei beschützt und verhätschelt.

Video: watson/francis_scarr

Wenigstens in Bezug auf Ausrüstung scheint es dem Waschbären besser zu ergehen als vielen russischen Soldaten: Stolz werden zwei kleine massgeschneiderte Unterhemden in die Kameras gehalten. Das Tier habe sie vom Quartiermeister erhalten. Die blau gestreiften «Telnjaschkas» sind das Markenzeichen verschiedener russischer Einheiten, darunter auch der Fallschirmjäger.

Die zwei Telnjaschkas für den Waschbären – Kriegswohlfühlstorys für die Heimatfront.
Die zwei Telnjaschkas für den Waschbären – Kriegswohlfühlstorys für die Heimatfront.bild: screenshot

Einen Namen hat der Waschbär auch erhalten. Aus über 300 Vorschlägen hat sich «Cherson» durchgesetzt. Dass ausgerechnet ein Name gewählt wurde, der an die kürzlich erlittene Schmach erinnert, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Wie auch das Ende des Propagandafilms. Da erklärt der maskierte Soldat tapfer, «Cherson» motiviere sie zu «weiteren Siegen».

Die Ukraine hat auf ihre Weise auf den Propagandafilm reagiert. Bereits kursiert ein Video eines russischen Kriegsgefangenen, der die russische Regierung darum bittet, ihn gegen den Waschbären auszutauschen. Mehr Erniedrigung geht fast nicht mehr.

(tog)

Russen stahlen Tiere aus der Ukraine – jetzt sind sie in einem zwielichtigen Zoo

Video: watson/lucas zollinger
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Video: watson
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30 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Obernef
23.11.2022 16:36registriert Januar 2021
Diese Aktion könnte Russland am Ende möglicherweise indirekt ein Schiff der Schwarzmeerflotte kosten. Für eine maritime Drohne namens "For the Racoon" wurde das nötige Geld schon gesammelt und für eine zweite "Racoon's Revenge" ist die Sammlung noch am laufen. 🦝
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D.Enk-Zettel
23.11.2022 16:49registriert Oktober 2021
haben die Russen tatsächlich das Gefühl, dass der Waschbär sie reinwaschen wird?
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Magnum
23.11.2022 17:24registriert Februar 2015
Und niemand in Russland überlegt sich ernsthaft, wie absolut schäbig der Diebstahl eines Waschbären aus einem Zoo während des übereilten Rückzugs auf Aussenstehende wirkt.

In der russischen Bubble ist Selbstreflektion anscheinend weder erwünscht noch möglich.

Freiheit für den Waschbären, Freiheit für die Ukraine!
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