Russlands Truppen sind dafür berüchtigt, alles, was in der Ukraine nicht niet- und nagelfest ist, zu plündern. Vor allem Waschmaschinen sollen es den Invasoren angetan haben. Keine Waschmaschinen, aber sieben Waschbären, zwei Wölfe und ein Lama wurden vor dem Abzug der russischen Truppen aus Cherson zusammen mit anderen Tieren aus dem lokalen Zoo entführt. Die meisten davon sollen sich nun auf der Krim im Safaripark Taigan des Unternehmers Oleg Subkow aufhalten.
Sobkow, eine Art ukrainischer Tiger King, hält dort 80 Löwen und 50 Tiger, aber auch Giraffen, Jaguare, Pumas und Leoparden. Ein mittlerweile gelöschtes Video auf YouTube zeigt Subkow, wie er unter Bewachung russischer Soldaten mehrere Tiere aus Cherson abtransportiert. Es handle sich dabei um eine temporäre Massnahme, erklärte er. Sobald Russland Cherson wieder eingenommen habe, bringe man die Tiere zurück.
Einer der sieben Waschbären kann sich derweil nicht in der Krimsonne fläzen. Laut einem Bericht eines lokalen Ablegers des Staatssenders Rossija 1 hält eine Truppe Fallschirmjäger den Waschbären aus Cherson als Maskottchen. Im offensichtlich propagandistischen Beitrag wird das Tier ein «kleiner Kämpfer» genannt, der in einer Munitionstasche «Ausschau halte». Auf seinem Telegram-Kanal (mit über 50'000 Abonnenten) berichtet der Waschbär als Augenzeuge von der Front. Er werde dabei beschützt und verhätschelt.
Wenigstens in Bezug auf Ausrüstung scheint es dem Waschbären besser zu ergehen als vielen russischen Soldaten: Stolz werden zwei kleine massgeschneiderte Unterhemden in die Kameras gehalten. Das Tier habe sie vom Quartiermeister erhalten. Die blau gestreiften «Telnjaschkas» sind das Markenzeichen verschiedener russischer Einheiten, darunter auch der Fallschirmjäger.
Einen Namen hat der Waschbär auch erhalten. Aus über 300 Vorschlägen hat sich «Cherson» durchgesetzt. Dass ausgerechnet ein Name gewählt wurde, der an die kürzlich erlittene Schmach erinnert, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Wie auch das Ende des Propagandafilms. Da erklärt der maskierte Soldat tapfer, «Cherson» motiviere sie zu «weiteren Siegen».
Die Ukraine hat auf ihre Weise auf den Propagandafilm reagiert. Bereits kursiert ein Video eines russischen Kriegsgefangenen, der die russische Regierung darum bittet, ihn gegen den Waschbären auszutauschen. Mehr Erniedrigung geht fast nicht mehr.
(tog)
In der russischen Bubble ist Selbstreflektion anscheinend weder erwünscht noch möglich.
Freiheit für den Waschbären, Freiheit für die Ukraine!