Kiew trauert um Kampfpiloten – die Nacht im Überblick
Mehrere Regionen in der Ukraine kamen am frühen Sonntagmorgen unter Raketenbeschuss – unter anderem wurde in den Aussenbezirken Kiews die Luftabwehr aktiviert. Zudem trauert Selenskyj um Kampfpiloten und bereitet eine weitere Mobilmachung vor.
Präsident Selenskyj trauert um Piloten
Bei einem Zusammenstoss zweier Flugzeuge sind in der Ukraine offiziellen Angaben zufolge drei Piloten ums Leben gekommen. Im Gebiet Schytomyr kollidierten zwei Trainingsflugzeuge des Typs L-39 in der Luft miteinander. Der Unfall selbst ereignete sich bereits am Freitagabend, wurde aber erst am Folgetag bekannt. Unter den Opfern ist demnach auch der unter seinem Pseudonym «Juice» bekannte Pilot Andrij Pilschtschykow.
Präsident Wolodymyr Selenskyj gedachte am Tag der ukrainischen Luftfahrt der drei ums Leben gekommenen Piloten. «Mein Mitgefühl den Angehörigen und Vertrauten, allen denjenigen, die die jungen Männer gekannt haben», sagte er am Samstag in seiner täglichen Videoansprache. Gerade Pilschtschykow habe viel zur Luftverteidigung der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen die russische Aggression beigetragen, erinnerte Selenskyj. Er versprach eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls.
Für Kiew ist die Reputation der eigenen Kampfpiloten von hoher Bedeutung, bittet die Ukraine doch seit Monaten ihre westlichen Verbündeten um moderne Kampfjets. Inzwischen hat Kiew Zusagen aus mehreren Ländern für die Ausbildung von Kampfpiloten und die Lieferung von Kampfjets vom Typ F-16 erhalten.
Ukraine bereitet weitere Mobilmachung vor
Dafür bereitet die ukrainische Führung nach eigenen Angaben für den Abwehrkampf gegen Russland weitere Einberufungen vor. «Ja, die Militärs haben sich an uns gewandt und es wird wohl eine zusätzliche Einberufung geben», sagte der Sekretär des Nationalen Rates für Sicherheit und Verteidigung, Olexij Danilow, am Samstag im ukrainischen Radio. Die Mobilmachung werde aber nicht über die zu Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 bereits festgelegten Parameter hinausgehen, versicherte er.
Laut Danilow handelt es sich nicht um eine ausserplanmässige Massnahme. Die Mobilmachung laufe seit eineinhalb Jahren, mehrere Etappen seien bereits durchlaufen worden. «Man muss deswegen keinen Lärm schlagen, alles läuft nach dem Plan, den wir derzeit verfolgen», sagte der Kiewer Top-Beamte.
Nach Beginn der russischen Invasion hat die Ukraine das Kriegsrecht ausgerufen. Alle Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren sind daher grundsätzlich zum Wehrdienst verpflichtet und können einberufen werden – es sei denn, sie sind aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen, etwa als alleinerziehende Väter, vom Dienst befreit. Die genaue Anzahl der bisher Einberufenen ist nicht bekannt. Vor einem Jahr bezifferte Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar die Anzahl bereits auf mehrere Hunderttausend. Wegen der Verluste an der Front müssen immer wieder neue Rekruten ausgebildet und in den Kampf geschickt werden.
Zweites Schiff verlässt Hafen von Odessa – trotz russischer Blockade
Trotz des von Russland verkündeten Aus für das Getreideabkommen mit der Ukraine ist ein Schüttgutfrachter aus dem Hafen von Odessa ausgelaufen. Das Schiff hat nach Angaben des Schiffsdatenerfassers Marinetraffic am Samstagmorgen Odessa verlassen und ist auf dem Weg nach Warna in Bulgarien. Die «Primus» ist bereits der zweite Frachter, der trotz der von Russland wieder verhängten Seeblockade über ukrainische Häfen aus Odessa ablegt.
Die «Primus» läuft unter liberianischer Flagge. Das Schiff lag seit Ende Februar im Hafen. Damals kam es noch unter dem Namen «Polarstar» dort an. In der Zeit wechselte es seinen Besitzer und gehört nun einer Reederei aus Singapur. Welche Ladung die «Primus» an Bord hat, ist unklar. Moskau hatte Mitte Juli seine Sicherheitsgarantien für einen Getreidekorridor zur Türkei zurückgezogen. Stattdessen würden alle Schiffe, die ukrainische Häfen ansteuern, als Träger militärischer Fracht angesehen, hiess es.
Was am Sonntag wichtig wird
Die Ukraine setzt im Osten und im Süden des Landes ihre Gegenoffensive fort, um russisch besetzte Gebiete zu befreien. Obwohl Experten nun erste Fortschritte sehen, bleibt das Vorankommen für die Ukrainer wegen der schweren Befestigungsanlagen schwierig. Zugleich stösst Russlands Armee an Teilen der Front selbst in ukrainisches Gebiet vor und hat nach eigenen Angaben zuletzt im Gebiet Charkiw wieder Geländegewinne verzeichnet.
(yam/sda/dpa)
