Wie die «Joseph Schulte» Putins Seeblockade trotzt – in 3 Punkten
Am Mittwoch legte das deutsche Containerschiff «Joseph Schulte» in Odessa ab – nachdem es eineinhalb Jahre im südukrainischen Hafen gelegen hatte. Das Schiff, das unter der Flagge von Hongkong fährt, transportiert nach Angaben der Ukraine etwa 30'000 Tonnen Fracht. Seine Ankunft wird am Freitag in Istanbul (Türkei) erwartet.
Die Geschichte der «Joseph Schulte» und was ihr Auslaufen bedeutet:
Was ist passiert?
Der deutsche Frachter «Joseph Schulte» legte am 23. Februar 2022 in Odessa an – einen Tag vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Seither konnte das Schiff den Hafen nicht mehr verlassen, weil die russische Flotte ukrainische Häfen blockierte. Mehr als 60 Schiffe aus verschiedenen Ländern teilten ihr Schicksal, wie der Norddeutsche Rundfunk schreibt.
Die Seeblockade Russlands in ukrainischen Gewässern kannte bis Mitte Juli noch einige Ausnahmen. Diese betrafen Agrarexporte aus drei Häfen um Odessa. So konnte die Ukraine auch während des Krieges Getreide über das Schwarze Meer transportieren.
Doch Mitte Juli war Moskau aus dem internationalen Getreideabkommen ausgestiegen. Das Ende des Abkommens bedeutete auch die Aufhebung aller Sicherheitsgarantien Russlands für Schiffe, die ukrainische Häfen ansteuern würden. Alle zivilen Schiffe wurden daraufhin vom russischen Verteidigungsministerium zu legitimen militärischen Zielen erklärt.
Seither haben Angriffe von beiden Seiten in der Region wieder zugenommen. Von Moskau gab es mehrere Angriffe auf die ukrainische Hafeninfrastruktur, Kiew griff die russische Schwarzmeerflotte an, wie «t-online» berichtet.
Nach ukrainischen Angaben sind bei russischen Angriffen auf ukrainische Hafeninfrastruktur so etwa 180'000 Tonnen Getreide vernichtet worden.
After withdrawing from the #GrainDeal, Russia committed yet another series of war crimes by shelling 🇺🇦 #Ukrainian port cities and grain warehouses.
— MFA of Ukraine 🇺🇦 (@MFA_Ukraine) July 31, 2023
Here is what they've done during the first 9 days.
We must stop 🇷🇺 #HungerGames and ensure global food security now. pic.twitter.com/iKUpkdQnov
Wo befindet sich das deutsche Schiff jetzt?
Am 16. August 2023 konnte der Frachter Odessa endlich wieder verlassen.
Dem Auslaufen der «Joseph Schulte» waren Vereinbarungen von vielen Seiten vorausgegangen, wie verschiedene Medien berichten. Und vor knapp einer Woche bestätigte die Ukraine dann einen Seekorridor, der Handelsschiffen das Auslaufen ermöglichen sollte, schreibt t-online.
Der deutsche Frachter, der am Mittwochmorgen in Odessa abgelegt und Kurs auf den Bosporus genommen hatte, verliess das gefährliche Gewässer auf diesem von der Ukraine ausgewiesenen Seekorridor. Die «Joseph Schulte» war das erste Schiff, das den temporären Korridor nutzte.
Nach ukrainischen Angaben befahren Schiffe den Korridor auf eigenes Risiko. Die Reederei hatte sich aber zuvor in viele Richtungen abgesichert, dass die Passage möglich sei, schreibt die Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Nachdem der deutsche Frachter den südukrainischen Hafen Odessa am Mittwochmorgen verlassen konnte, setzte er am Donnerstag seinen Kurs über das Schwarze Meer fort.
Eine Sprecherin der Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) bestätigte der Deutschen Presseagentur am Mittwochabend, dass das Schiff «die ukrainischen Gewässer verlassen» und rumänisches Gebiet erreicht hat. Der Besatzung des Schiffes gehe es gut, vermeldete die BSM in einer Medienmitteilung.
Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) is pleased to confirm that its managed container vessel JOSEPH SCHULTE (IMO: 9605243) departed the port of Odesa, Ukraine and is now on its voyage to Istanbul, Türkiye. All crew are safe on board and well.https://t.co/CY12umeVyz
— BSM_Shipmanagement (@BSM_shipping) August 17, 2023
Das Schiff werde am Freitag in Istanbul erwartet, wie eine Sprecherin der BSM gegenüber watson bestätigte:
Es seien keine Zwischenfälle auf der Fahrt bekannt, hatte die BSM zuvor der Schweizer Nachrichtenagentur Keystone-SDA mitgeteilt.
Was bedeutet das erfolgreiche Auslaufen der «Joseph Schulte»?
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj meldete sich am Mittwochabend auf X (vormals Twitter) zum erfolgreichen Auslaufen des deutschen Schiffes zu Wort:
Ukraine has just made an important step toward restoring the freedom of navigation in the Black Sea. The first civilian vessel has passed through Ukraine’s new humanitarian corridor, departing from the port of Odesa. It’s currently on its way to the Bosporus.
— Володимир Зеленський (@ZelenskyyUa) August 16, 2023
Earlier, Ukraine…
Die USA verurteilten derweil die russischen Angriffe auf ukrainische Häfen, die für die Getreideexporte wichtig sind, nach Angabe der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Ein Sprecher des US-Aussenministeriums sagte, Kremlchef Wladimir Putin sei die weltweite Ernährungssicherheit egal. Denn die globale Ernährungskrise würde durch die russischen Angriffe weiter eskalieren und die Lebensmittelpreise hochhalten.
Seit der Aufkündigung des Getreideabkommens vonseiten Russlands Mitte Juli versucht die Ukraine, alternative Routen für den Getreideexport zu finden. Diese Routen können den ausbleibenden Getreideexport über das Schwarze Meer allerdings nicht mal ansatzweise ausgleichen. Während ein Frachter bis zu 60'000 Tonnen Getreide verschiffen kann, vermag ein Güterzug maximal 10'000 Tonnen zu fassen. Dazu kommt, dass das Getreide vom Güterzug je nach Destination später wieder auf Frachter umgeladen werden muss.
(hah)