Droht nach dem Bruch des Kachowka-Damms bald die nächste humanitäre Katastrophe? Laut Berichten des ukrainischen Geheimdienstes sollen russische Sappeure eine gewaltige Chemiefabrik auf der Krim mit Sprengstoff und Minen präpariert haben. Eine Explosion könnte schlimmere Folgen als das Tschernobyl-Desaster haben, sagt ein Experte.
Das «Крымский ТИТАН»-Werk («Crimean Titan») steht am nördlichsten Zipfel der annektierten Krim-Halbinsel, wenige Kilometer von der Grenze zum ukrainischen Oblast Cherson. Rund fünf Kilometer südlich steht das beschauliche Städtchen Armjansk mit gut 25'000 Einwohnern (Stand 2014).
Das Werk hat sich auf die Produktion von Titandioxid spezialisiert und war vor dem Einmarsch Russlands 2014 der weltweit grösste Produzent dieses Lebensmittelzusatzstoffs, welcher hauptsächlich als Farbstoff verwendet wird. Seit dem Bruch des Kachowka-Damms fährt die Fabrik auf Minimalleistung, da die Wasserversorgung vom Dnjepr her eingebrochen ist. Warum soll also Russland ein Interesse daran haben, diese Fabrik zu sprengen?
Der ukrainische Geheimdienst GUR informierte am Montag über Telegram, dass in der Fabrik rund 200 Tonnen Ammoniak auf Lager seien. Das Flüssiggas wird unter Druck gelagert und zur Kühlung benötigt. Im Falle einer Explosion würde sich das ätzende Ammoniak wie eine Wolke in die Luft begeben, sich mit der Luft vermischen und somit ebenfalls hochexplosiv auf Zündquellen reagieren.
Zudem entstehen aus der Produktion im Werk auch giftige Schwefelsäure und Natriumsilicat, dessen Staub die Atemwege verätzen kann. Würde dieser giftige Chemikalien-Mix in die Luft und den Boden gelangen, hätte das verheerende und langfristige Folgen für Mensch und Umwelt, bestätigt ein Experte gegenüber watson.
Die Angaben des GUR konnten nicht unabhängig überprüft werden.
Das ukrainische Webmagazin Focus hat mittels einer Computersimulation nachgestellt, welche Dimensionen diese Katastrophe potenziell haben könnte. Die Auswertung zeigt nichts Gutes: Die entstehende Giftwolke wäre über 50 Kilometer breit, würde rund 200 Kilometer am Tag wandern und könnte, je nach Windlage, Russland, Bulgarien oder die Türkei erreichen.
Oleksandr Prokudin, der Vorsitzende der regionalen Verteidigungsführung von Cherson, verkündete Anfang Juni via Telegram, dass ein chemischer Unfall dieses Ausmasses «schlimmer als Tschernobyl» wäre.
Bereits 2018 war es zu einem Zwischenfall gekommen, als aus dem Wasserreservoir der Fabrik giftiges Schwefeldioxid austrat. Damals wurden 4000 Kinder aus Armjansk evakuiert, mehrere Dutzend Personen mussten sich in ärztliche Behandlung begeben. Russland behauptete, dass die Ukraine mit der Schliessung des Zufuhrkanals eine Wasserknappheit im Reservoir ausgelöst habe und das Gas deshalb ausgetreten sei.
Doch nicht nur die Zivilbevölkerung hätte bei einer Sprengung Probleme: Die ukrainische Armee würde in einem solchen Fall massiv behindert werden. Der ukrainische Militäranalyst Roman Swatowin beschrieb in einem Interview mit dem TV-Sender Apostrof:
Tatsächlich ist ein militärischer Vorstoss durch chemisch verseuchtes Gebiet äusserst mühsam. Truppen müssten durchgehend in ABC (Atomar, Biologisch, Chemisch)-Vollmonturen gekleidet sein. Wer einmal eine RS absolviert hat, weiss, wie mühsam und anstrengend die Fortbewegung in solchen Anzügen ist, vor allem über längere Perioden.
Ob die russischen Truppen nun tatsächlich das Werk präpariert haben, bleibt offen. Nach dem Bruch des Kachowka-Damms, dessen Ursache zwar nicht bekannt ist, jedoch von verschiedenen Seiten Russland zugeschrieben wird, ist jedoch die Alarmbereitschaft der Ukraine gross. Es bleibt zu hoffen, dass die Chemie in ihren Tanks bleibt.
(cpf)
Sitzt im Kreml hält sich übrigens auch für eine Art Titan!
Es kann nicht sein, dass das ruzzische Regime ein Verbrechen gegen die Menschenrechte nach dem anderen begeht, und man hierzulande in aller Ruhe zuschaut und höchstens mal den Mahnfinger erhebt.
Ich bin weis Gott kein Kriegstreiber... Aber den Ruzzen gehört mal ordentlich auf die Finger geklopft.