Am kommenden Montag steht Deutschland weitgehend still - auf der Schiene, auf Flüssen und an Flughäfen: Die Gewerkschaft Verdi und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) haben für diesen Tag zu einem grossangelegten bundesweiten Warnstreik im Verkehrssektor aufgerufen.
Betroffen sind der Fern- und Regionalverkehr auf der Schiene, nahezu sämtliche deutsche Flughäfen, Wasserstrassen und Häfen sowie die Autobahngesellschaft, wie beide Gewerkschaften am Donnerstag in Berlin mitteilten.
«Der ganztägige Streik beginnt in der Regel in der Nacht vom 26. auf den 27. März um 00.00 Uhr und endet um 24.00 Uhr», teilten beide Gewerkschaften weiter mit. Betroffen sind dabei auch Verbindungen aus der und in die Schweiz – ein Überblick.
Die Deutsche Bahn kündigte als Folge des Warnstreiks an, den gesamten Fernverkehr am Montag einstellen zu müssen. Auch im Regionalverkehr werde «grösstenteils kein Zug fahren», teilte der Konzern am Donnerstag mit.
«Bereits am Sonntagabend sind laut Aussagen der Gewerkschaft erste Auswirkungen durch streikende Mitarbeitende möglich», hiess es. Der Warnstreik werde sich demnach auch am Dienstag noch auf den Bahnverkehr auswirken.
Vom Streit sind auch Züge aus der Schweiz betroffen. So fallen aufgrund am Montag, dem 27. März, die ICEs, Nachtzüge und Regionalzüge von und nach Deutschland aus. Die SBB ersetzen wegen des Bahnstreiks in Deutschland am kommenden Montag zahlreiche grenzüberschreitende Züge - allerdings nur in der Schweiz selbst. Von Reisen ins nördliche Nachbarland am Tag des Ausstands raten sie ab.
Der nationale Bahnverkehr sei somit nicht vom Streik betroffen, teilte SBB-Mediensprecherin Fabienne Wittwer am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit.
Reisen nach Deutschland am Tag des Streiks empfehlen die SBB nicht. Denn am Montag fielen sowohl ICE-Verbindungen als auch Nachtzüge und Regionalzüge von und nach Deutschland aus, so Wittwer. Zu einzelnen Ausfällen werde es bereits am Sonntag und auch noch am Dienstag kommen.
Im Verdi-Organisationsbereich sind die Beschäftigten an allen deutschen Verkehrsflughäfen ausser Berlin zum Ausstand aufgerufen. In Folge des Arbeitskampfes werde der Luftverkehr im gesamten Zeitraum eingeschränkt sein.
Die Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens kündigte bereits an, dass es Montag dort keinen regulären Flugbetrieb geben werde. «Alle Aufgaben, die einen vollumfänglichen Flugbetrieb ermöglichen», seien aufgrund des Warnstreiks ausgesetzt, teilte Fraport am Donnerstag mit.
«Fraport bittet Passagiere daher dringend, von einer Anreise zum Flughafen abzusehen.» Auch Umsteigeverkehre könnten am grössten deutschen Flughafen nicht stattfinden. Fraport zufolge waren an diesem Tag ursprünglich etwa 1170 Starts und Landungen mit insgesamt rund 160 000 Passagieren geplant.
Auch am Flughafen München sei sowohl am Sonntag als auch am Montag aufgrund des Arbeitskampfs kein regulärer Flugbetrieb möglich, wie die Betreiber mitteilten. «Am Sonntag waren 737 Starts und Landungen am Münchner Airport geplant. Am Montag würden 772 Flugbewegungen auf dem Programm stehen», hiess es.
Auch hier dürfte der Streik direkte Folgen für Reisende aus der Schweiz haben. Das Ausmass ist allerdings noch unklar. Zwar wurden dem Flughafen Zürich bis am frühen Donnerstagabend noch keine Annullationen wegen des Streiks in Deutschland gemeldet. Allerdings sei es dafür noch etwas früh, schrieb Mediensprecherin Jasmin Bodmer-Breu auf Anfrage. Sie rechne damit, dass die Airlines erst in den kommenden Tagen über Anpassungen in den Flugplänen entscheiden würden.
Der Superstreiktag wird auch auf den deutschen Wasserstrassen zu deutlichen Behinderungen führen. «Es ist uns bekannt, dass an einzelnen Wasserstrassen Schleusen bestreikt werden», sagte eine Sprecherin der Wasserstrassen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. «Es ist davon auszugehen, dass es zu Verzögerungen bei der Schifffahrt kommen wird.»
Auf der Schiene sind neben der Deutschen Bahn laut EVG unter anderem die Bahn-Unternehmen Transdev, AKN, Osthannoversche Eisenbahnen, erixx, vlexx, eurobahn sowie Die Länderbahn betroffen. Die Deutsche Bahn rechnet eigenen Angaben zufolge mit «massiven Beeinträchtigungen» für den gesamten Bahnbetrieb. Fern-, Regional- und der S-Bahn-Verkehr dürften bundesweit weitgehend zum Erliegen kommen.
Verdi ruft zu Arbeitsniederlegungen im öffentlichen Nahverkehr in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Sachsen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und in weiten Teilen Bayerns auf.
Auch die Autobahngesellschaft wird bestreikt. «Wir werden auch bestimmte Tunnel in den Blick nehmen», sagte die stellvertretende Verdi-Bundesvorsitzende, Christine Behle. Befürchtungen, dass es zu Tunnelsperrungen kommen könnte, wies die Autobahngesellschaft am Donnerstag indes zurück.
«Hierzu werden Notdienstvereinbarungen geschlossen, um zum Beispiel Tunnelschliessungen zu vermeiden.» Das betreffe auch den Elbtunnel in Hamburg, den Behle beispielhaft genannt hatte.
Mit den Aktionen erhöht Verdi den Druck für die am Montag beginnende dritte Verhandlungsrunde mit Bund und Kommunen. Gemeinsam mit dem Beamtenbund dbb fordert die Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst 10.5 Prozent und mindestens 500 Euro mehr Lohn.
Die Arbeitgeber hatten in der zweiten Verhandlungsrunde Ende Februar ein Angebot vorgelegt. Es umfasst unter anderem eine Entgelterhöhung von insgesamt fünf Prozent in zwei Schritten und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro.
Ende Februar begannen zudem die Verhandlungen der EVG mit der Bahn und rund 50 weiteren Eisenbahn-Unternehmen. Die erste Verhandlungsrunde mit allen Betrieben endete an diesem Donnerstag.
Die Gewerkschaft hatte in der vergangenen Woche ein erstes Angebot der Bahn abgelehnt. (sda/awp/dpa)