Seit einem umstrittenen venezolanischen Referendum, wonach eine Region in Guyana zu Venezuela gehören sollte, brodelt es zwischen den zwei südamerikanischen Ländern. Zuletzt aber schien sich die Situation beruhigt zu haben. Der venezolanische Präsident Nicolás Maduro und der guyanische Präsident Irfaan Ali begegneten sich vor einem Monat an einem Gipfel der Lateinamerikanischen und Karibischen Inseln (CELAC). Dort schüttelten sie sich die Hände und übergaben sich Geschenke.
Laut Medienberichten sollen sich die beiden Amtskollegen gar «Frieden und Liebe» gewünscht haben. Diese Wünsche schienen allerdings nicht über alles erhaben gewesen zu sein, denn diese Woche läutete Maduro im Konflikt um die Region Essequibo die zweite Runde ein.
Maduro hatte am Mittwoch ein Gesetz erlassen, wonach die Region Essequibo zum 24. Bundesstaat Venezuelas wird. Zudem sieht es «die Bereitstellung und Bildung einer Hohen Kommission des Staates und des Landes zur Verteidigung von Guayana Esequiba» vor, wie der Bundesstaat heissen würde.
Das Gesetz basiert auf einem umstrittenen Referendum, welches Maduro Anfang Dezember abhalten liess. Dort sprachen sich nach offiziellen Angaben 96 Prozent der Teilnehmenden für den Anschluss Essequibos aus. Am Mittwoch betonte Maduro, wie ernst er es mit der Umsetzung dieses Referendums nahm:
Auch der Präsident des venezolanischen Nationalrats, Jorge Rodríguez, lässt in seiner Aussage keine Zweifel an dem Vorhaben aufkommen:
Dem Gesetz muss sich auch die venezolanische Bevölkerung beugen, wie die BBC Mundo schreibt. Wer Karten oder Dokumente verbreitet, auf dem die Souveränität des neuen Bundesstaats nicht abgebildet wird, kann mit einer Busse von bis zu 100'000 Dollar bestraft werden.
Die Regierung des südamerikanischen Guyanas wehrt sich gegen die angestrebte Vereinnahmung seiner ölreichen Region Essequibo. Man werde die «Annexion, Beschlagnahme oder Besetzung eines Teils seines Hoheitsgebiets nicht dulden», hiess es in einer vom Aussenministerium veröffentlichten Mitteilung vom Donnerstag.
Zudem wird in der Mitteilung auf einen Gipfel im vergangenen Dezember verwiesen, bei dem sich Maduro und Ali darauf einigten, in diesem Konflikt keine Gewalt anzuwenden. Im ersten Punkt der Vereinbarung heisst es etwa:
Im Anschluss an das Treffen versprühte Maduro auf Twitter noch Optimismus:
Von diesem Weg scheint Maduro nun wieder abkehren zu wollen. Darauf verweist auch die Mitteilung der guyanischen Regierung:
Der Generalstaatsanwalt Guyanas, Anil Nandlall, liess verkünden, dass er angesichts der neuen Bedrohungen gegen sein Land die Unterstützung der Karibischen Gemeinschaft (Caricom) und der Interparlamentarischen Union (IUP) suchen werde. Auf Antrag Guyanas befasst sich auch der Internationale Gerichtshof (IGH) mit dem Fall.
Mit dieser Entwicklung schien Maduro gerechnet zu haben, denn er hat bereits vorgesorgt: Sein Land lehnt die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshof ab – und hat dies auch direkt in dem am Mittwoch verabschiedeten Gesetz verankert.
Mit diesem neuen Gesetz wächst die Befürchtung, dass Maduros Armee in die Region einmarschieren und einen Krieg auslösen könnte. Bei der Unterzeichnung des Gesetzes warf der venezolanische Präsident seinem Amtskollegen seinerseits vor, eine Eskalation zu provozieren, indem er die Errichtung von US-Militärstützpunkten zuliesse:
Die neusten Entwicklungen werden von Expertinnen und Experten mit Besorgnis beobachtet. Carlos Romero, Professor an der School of International Studies der Central University of Venezuela (UCV), sagte gegenüber BBC Mundo:
Das Gebiet Essequibo (spanisch: Guayana Esequiba, auch Territorio del Esequibo) liegt westlich des Flusses Esequibo und gehört staatsrechtlich zum heutigen Guyana. Mit einer Grösse von rund 159'000 km² macht das Gebiet etwa 62 Prozent des gesamten guyanischen Staatsterritoriums aus.
Allerdings ist Essequibo im Vergleich extrem dünn besiedelt: 2010 lebten dort 283'000 Menschen, was einer Bevölkerungsdichte von rund 1,77 Einwohnern pro km² entspricht.
Venezuela erhebt seit langem Anspruch auf das rohstoffreiche Gebiet. Die derzeitigen Grenzen wurden 1899 in einem Schiedsspruch eines Tribunals in Paris festgelegt, den die USA und Grossbritannien veranlasst hatten. Venezuela beruft sich auf ein Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von 1966 – wenige Monate, bevor die damalige Kolonie Britisch-Guayana unabhängig wurde. Dieses sah eine Verhandlungslösung des Disputs vor.
Der neu entfachte Konflikt dürfte nicht zuletzt mit dem immensen Ölvorkommen zu tun haben, welches 2015 vor Guyanas Küste entdeckt worden war. Dieses bescherte dem englischsprachigen Land – bislang eines der ärmsten Südamerikas – mittlerweile das weltweit grösste Wirtschaftswachstum.
Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und DPA
Hier müsste der UN-Sicherheitsrat bereits eine Resolution vorbereitet haben, das in dem Fall, das Venezuela in das Gebiet von Essequibo Einmarschiert, eine Internationale Schutzmacht, Guyana zur Seite steht und Maduro soll international zur Fahndung ausgeschrieben werden.
Ich bin jedoch sicher, das genau das nicht passieren wird.