Vor zehn Tagen hat der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan seinen wichtigsten Konkurrenten Ekrem Imamoglu festnehmen lassen. Dem inzwischen abgesetzten Bürgermeister von Istanbul werden Korruption und «Terrorismus» vorgeworfen. Der 53-jährige Politiker galt als aussichtsreichster Herausforderer von Erdogan bei einer künftigen Präsidentenwahl. Die Opposition wirft Erdogan vor, er wolle mit dem Strafverfahren Imamoglu als Konkurrenten ausschalten.
Dessen Verhaftung hat Massenproteste in vielen türkischen Städten ausgelöst. Auch am Donnerstagabend demonstrierten Tausende den neunten Tag in Folge. Ein Teilnehmer sticht dabei heraus: Verkleidet als Pikachu – ein gelbes, mausähnliches Pokémon aus der gleichnamigen Anime-Serie – rennt er durch die nächtlichen Strassen Antalyas. In den sozialen Medien wird er dafür gefeiert, seine Auftritte werden millionenfach geteilt.
Pikachu continues his new career as anti-Erdogan protest leader in Turkey.
— Visegrád 24 (@visegrad24) March 28, 2025
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Die Aufnahmen wirken so skurril, dass sich die Frage nach der Echtheit stellt. Das Nachrichtenmagazin «Spiegel» hat die Auftritte des türkischen Pikachu untersucht und festgestellt: Die Videos sind echt. Auch der Ersteller von einem der Clips wurde ausfindig gemacht. Der türkische Journalist Ismail Koceroglu hat den kostümierten Aktivisten gefilmt. «Die Öffentlichkeit denkt, dass Imamoglu zu Unrecht festgenommen wurde», zitiert ihn der «Spiegel». «Am siebten Tag der Proteste schloss sich eine Person in einem Pikachu-Kostüm den Protesten in Antalya an», sagte der Journalist. Das Ziel, Aufmerksamkeit auf die Proteste zu lenken, ist dem ungewöhnlichen Demonstranten damit zweifellos gelungen.
Diese schwinde vor allem in den westlichen Regierungszentralen, klagt Imamoglu. In einem Gastbeitrag für die «New York Times» kritisiert der Oppositionspolitiker die zurückhaltenden Reaktionen westlicher Staats- und Regierungschefs auf seine Verhaftung. «Ihr Schweigen ist ohrenbetäubend», schrieb Imamoglu über die Regierungen. Er kritisierte vor allem die USA. Präsident Trump nannte Erdogan diese Woche sogar einen «guten Führer».
Der türkische Präsident bezeichnet die überwiegend friedlichen Proteste derweil als «Strassenterror». Nach Angaben des türkischen Innenministeriums wurden bei den Demonstrationen bisher fast 1900 Menschen festgenommen. Für diesen Sonntag hat Imamoglus Oppositionspartei CHP dennoch zu einer weiteren Grossdemonstration in Istanbul aufgerufen. Ob auch Pikachu die Hunderte Kilometer lange Reise an den Bosporus antreten wird, ist noch nicht bekannt. (aargauerzeitung.ch)
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