International
Türkei

Erdogan will Visa-Freiheit für Türken erst «spätestens im Oktober» – EU-Parlament schaltet auf stur

Erdogan will Visa-Freiheit für Türken erst «spätestens im Oktober» – EU-Parlament schaltet auf stur

10.05.2016, 19:1911.05.2016, 06:48
Mehr «International»

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat womöglich das mit dem EU-Flüchtlingspakt verknüpfte Ziel aufgegeben, schon ab Ende Juni Visa-Freiheit für seine Bürger zu erreichen: Er wünsche die Aufhebung der Visums-Pflicht für «spätestens Oktober».

Kein Visum mehr für die Türken, wenn sie in die EU reisen. Das will der türkische Präsident Erdogan.
Kein Visum mehr für die Türken, wenn sie in die EU reisen. Das will der türkische Präsident Erdogan.
Bild: AP/Pool Presidential Press Service

Dies hätte die EU im letzten November versprochen. «Ich hoffe, dass sie ihr vorher gegebenes Wort halten und dass sie spätestens im Oktober einen Schlussstrich unter diese Angelegenheit ziehen», sagte Erdogan weiter.

Im November hatten die türkische Regierung und die EU-Staats- und Regierungschefs verabredet, die Visums-Pflicht für Türken im Oktober aufzuheben, sollte Ankara bis dahin 72 Kriterien erfüllt haben. Als Gegenleistung für die Rücknahme aller neuen Flüchtlinge von den griechischen Inseln verlangte Ankara dann im Frühjahr unter anderem, dass das Datum für den Fall des Visums-Zwangs auf Ende Juni vorgezogen werde.

«Ich hoffe, dass sie ihr vorher gegebenes Wort halten und dass sie spätestens im Oktober einen Schlussstrich unter diese Angelegenheit ziehen.»
Erdogan zur EU

Die EU ging darauf ein, verlangt aber weiterhin die Erfüllung aller 72 Kriterien. Das Abkommen war vom scheidenden Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu mit der EU ausgehandelt worden.

EU-Parlament schaltet auf stur

Das EU-Parlament befürchtet jedoch, dass die EU-Staaten die Visa-Liberalisierung der Türkei auch dann geben werden, wenn noch nicht alle Kriterien erfüllt sind. Daher verweigerte der zuständige Parlamentsausschuss am Dienstag die von der EU-Kommission erbetene rasche Beratung über das Thema.

«Wir werden dafür sorgen, dass es keine bedingungslose Visa-Liberalisierung gibt.»

Man werde sich damit erst dann befassen, wenn die Türkei alle Vorbedingungen für eine visumfreie Einreise erfüllt habe. «Und dazu gehören auch die Anti-Terrorgesetze», sagte der Vorsitzende der Liberalen-Fraktion, Guy Verhofstadt, in Strassburg.

«Wir werden dafür sorgen, dass es keine bedingungslose Visa-Liberalisierung gibt», sagte auch die Co-Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Rebecca Harms. Und der Vorsitzende der Fraktion der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, betonte: «Damit fordern wir nicht mehr als im Flüchtlingspakt vereinbart wurde.»

Erdogan beschuldigt EU

Mehr zum Thema

Türkei

Das breit angelegte türkische Anti-Terrorgesetz erlaubt etwa die Verfolgung von Journalisten und Akademikern ohne präzise Terrorismus-relevante Vorwürfe. Erdogan kritisierte am Dienstag erneut diese Forderung seitens der EU. Diese sei ein «Desaster», sagte er. Er hoffe, dass die EU die Visumfreiheit bis spätestens Oktober umsetze.

Erdogan drehte den Spiess um, forderte die EU selbst dazu auf, ihre Gesetze im Anti-Terror-Kampf ändern. Denn diese duldet aus seiner Sicht Ausbildungslager für «Terroristen».

Die EU sei ein «sicherer Hafen» für Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. In einem europäischen Land gebe es zudem Lager, in denen «Terroristen» mit Waffen ausgestattet und ideologisch unterstützt würden, sagte Erdogan ohne zu sagen, welches Land er genau meinte. (sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
5 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Töfflifahrer
10.05.2016 19:51registriert August 2015
Ich bin mal gespannt wie weit sich die EU bereit erklärt sich zu verbiegen und welche heiligen Grundsätze einfach mal kurz aufgegeben werden.
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
Paco69
10.05.2016 19:48registriert Februar 2016
R. Erdogan hat kein wirkliches Interesse Teil der EU zu werden, wenn er dafür Macht hergeben muss. Das zeig und beweist er immer wieder. Hingegen freut er sich über die vielen Probleme in der EU und betrachtet die Visa-Freiheit als perfekten Ersatz für einen bis jetzt nicht ersichtlichen Beitritt der Türkei zum Schengen-Raum. Und danach wird er dann z. B. nach Polen oder Deutschland schauen, ob das in der EU wirklich alles so ernst gemeint ist mit den Menschenrechten, der Pressefreiheit und der Demokratie.
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
Donalf
10.05.2016 22:55registriert Januar 2015
Grundsätzlich gibt es nur eines: Erdogan hat eine Vereinbarung mit der EU. Es braucht keine weiteren Diskussionen bis alles erfüllt ist. Wenn die EU nicht mehr Härte zeigt, wird sie bald von jedem über den Tisch gezogen.
00
Melden
Zum Kommentar
5
Russischer Versorgungszug zerstört ++ Moskau rügt Berliner Ukraine-Kurs
Die aktuellsten News zum Ukraine-Krieg im Liveticker.
Zur Story