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Türkei

Wieder Proteste in der Türkei – bisher 1900 Menschen festgenommen

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Demonstrieren gegen die Verhaftung ihres Bürgermeisters: Menschen in Istanbul am Samstag, 29. März. Bild: keystone

Wieder Proteste in der Türkei – 1900 Menschen festgenommen, ihnen drohen drei Jahre Haft

In Istanbul demonstrieren auch am Samstag Hunderttausende gegen die Verhaftung ihres Bürgermeisters. Die Regierung droht derweil mit drei Jahren Haft für Demonstrationsteilnehmer.
29.03.2025, 16:0629.03.2025, 19:17
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Hunderttausende Menschen haben in Istanbul gegen die Regierung und die umstrittene Inhaftierung des abgesetzten Bürgermeisters Ekrem Imamoglu protestiert.

Aufgerufen zu der Grosskundgebung hatte die sozialdemokratische CHP-Partei des beliebten Oppositionspolitikers. Die Demonstranten warfen dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vor, Imamoglu mit Hilfe der Justiz politisch kaltstellen zu wollen. CHP-Chef Özgür Özel sagte in seiner Rede, Imamoglu sei in Haft, weil er sich dem «Diktator» widersetzt habe.

Auch Imamoglu selbst attackierte Erdogan. In einem Brief, der auf der Kundgebung im Stadtteil Maltepe auf die asiatische Seite Istanbuls verlesen wurde, schrieb er, jeder Schritt Erdogans zeige, dass er «vor Wahlen davonläuft und Angst vor seinem Gegner hat».

Imamoglu gilt als der wichtigste Herausforderer von Staatschef Recep Tayyip Erdogan bei der für 2028 geplanten Präsidentschaftswahl und wurde am 19. März in Zusammenhang mit Korruptions- und Terrorvorwürfen festgenommen, später wegen ersterem verhaftet und abgesetzt.

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Fordern Freilassung: Ein Demonstrant hält ein Plakat mit dem Bild des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu.Bild: keystone

Der 53-Jährige wird im Hochsicherheitsgefängnis Marmara in Istanbul festgehalten. Trotz seiner Verhaftung wurde er vergangene Woche als Kandidat der Republikanischen Volkspartei (CHP) nominiert.

«Das Gewissen kann nicht eingesperrt werden»

An der friedlichen Demonstration, einer der grössten regierungskritischen Proteste sei Jahren, nahm am Vorabend des muslimischen Zuckerfests auch Imamoglus Familie teil. Seine Frau Dilek sagte der Menge: «Die Gerechtigkeit kann nicht verboten werden, das Gewissen kann nicht eingesperrt werden. Das ist erst der Anfang. Wir werden weiter kämpfen!»

Imamoglus Partei fordert nun eine vorgezogene Neuwahl des Staatsoberhaupts. Diese können vom Parlament mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit beschlossen werden. In dem Fall könnte auch Erdogan erneut kandidieren. Bei regulären Wahlen wäre das dagegen nicht möglich, weil die Verfassung in dem Fall maximal zwei Amtszeiten vorsieht. Dass Erdogans Partei dem aktuell zustimmt, gilt angesichts der Stimmung im Land aber als unwahrscheinlich.

Laut türkischem Innenministerium wurden seit Beginn der Proteste fast 1'900 Menschen festgenommen, unter ihnen mehrere Journalisten. 260 Menschen wurden verhaftet. In einer ersten Anklageschrift fordert die Istanbuler Staatsanwaltschaft bis zu drei Jahre Haft für 74 der Demonstranten wegen der Teilnahme an verbotenen Versammlungen, wie der Staatssender TRT berichtet.

Erdogan behauptet, die Inhaftierung von Imamoglu und mehreren seiner Mitarbeiter sei Teil einer unabhängigen Untersuchung und wirft der CHP vor, ein landesweites Korruptionsnetzwerk vertuschen zu wollen. Er drohte damit, weitere Korruption innerhalb der CHP aufzudecken, und kündigte ein hartes Vorgehen gegen Demonstranten an.

Der Polizei werden vonseiten der Opposition Foltervorwürfe gemacht. Innenminister Ali Yerlikaya schrieb auf der Plattform X, es seien Verbindungen zu zwölf verschiedenen Terrororganisationen bei den Festgenommenen festgestellt worden. Die meisten der Festgenommenen sind Anwälten zufolge Studenten. (sda/dpa)

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23 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Markus Maag
29.03.2025 16:50registriert Mai 2024
Weiter so, halter durch, irgendwann sind die Gefängnisse voll und sie haben keine andere Wahl mehr als aufs Volk zu hören!
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Janster
29.03.2025 17:23registriert März 2021
Genau diese Demonstrationen vermisse ich in den USA
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moerriwe1957
29.03.2025 16:16registriert Mai 2019
Es dauert wohl nicht mehr lange, dann werden viele CHP Demonstranten aus türkischen Gefängnissen entlassen oder befreit, an deren Stelle wandern Erdogan und einige seiner engsten Anhänger und Diktatur Gehilfen für lange Zeit hinter Gitter?
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