In den vergangenen Tagen sind die ukrainischen Truppen nach Angaben unabhängiger Beobachter offenbar weiter bei ihren Bemühungen vorangekommen, die von Russland völkerrechtswidrig besetzten Gebiete im Süden des Landes zu befreien.
Die Anfang Juni gestartete Gegenoffensive zeitigt für die Ukraine allmählich positive Ergebnisse, wenngleich die ukrainische Armee nicht so schnell vorankommt, wie sie sich das vorgestellt hatte. Immer noch stösst sie auf erbitterten Widerstand der russischen Besatzer, weshalb sich viele westliche Beobachter inzwischen fragen, ob dieser Krieg nicht in einen lange anhaltenden Stellungskrieg übergehen könnte.
Militärexperte Carlo Masala teilt diesen Pessimismus nicht unbedingt. Laut seiner Einschätzung habe die Ukraine eine gute Chance, die russischen Verteidigungslinien bis zum Ende des Jahres entscheidend zu durchbrechen. «Ja, das ist realistisch», sagte Masala den Zeitungen der Funke-Mediengruppe auf die Frage, ob er die Einschätzung des US-Militärgeheimdienstes Defense Intelligence Agency teile, wonach die Ukraine eine Chance von 40 bis 50 Prozent habe, die verbliebenen russischen Abwehrlinien zu überwinden.
Der Münchner Professor macht den Erfolg der Gegenoffensive allerdings von mehreren Faktoren abhängig:
Entscheidend sei, dass die ukrainischen Streitkräfte die russischen Verbände in Bewegung halten können. «Wenn ihnen das nicht gelingt, haben die Russen die Möglichkeit, sich wieder einzugraben.»
Kritik wird jedoch immer wieder vonseiten der ukrainischen Regierung an den ihrer Meinung nach zögerlichen Waffenlieferungen der westlichen Verbündeten laut. So fehle es dem Land vor allem an Munition, Ersatzteilen und Artilleriesystemen, das hatte jüngst auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wieder bemängelt.
Masala stimmt der Kritik nur bedingt zu:
So wünsche sich die Ukraine 500 bis 600 Kampfpanzer. «Die kann der Westen in modernen Systemen nicht liefern, weil er sie nicht zur Verfügung hat. Das gilt zum Beispiel für die Leopard-Panzer vom Typ 2A4 der Bundeswehr.»
Bei der Verschickung von Munition habe Selenskyj jedoch recht. «Der Westen fängt erst jetzt an, die Munitionsproduktion richtig hochzufahren. Das ist viel zu spät erfolgt. Und das trifft auch auf die Luftverteidigung im Nahbereich zu. Eines der grossen Probleme der ukrainischen Gegenoffensive bestand in der punktuellen Luftüberlegenheit der Russen mit Blick auf die eigenen mechanisierten Verbände.»
Dass die Verbündeten nun westliche Kampfflugzeuge des Typs F16 lieferten, könnte dazu beitragen, die Verluste der Ukrainer zu minimieren, so Masala. «Darüber hinaus könnten die Ukrainer dann noch stärker mit mechanisierten Verbänden vorgehen, weil diese aus der Luft geschützt werden könnten.»
Bislang mussten die Ukrainer bei ihrer Gegenoffensive ohne diese für eine Gegenoffensive eigentlich unerlässliche Luftunterstützung auskommen, weshalb ihre Truppen immer wieder von heftigem russischem Artilleriefeuer und Kampfhubschraubern aufgerieben wurden. Zahlreiche westliche Waffensysteme, darunter wertvolle Panzer, wurden dabei zerstört. Aber auch viele Soldaten liessen ihr Leben.
Masala kritisierte zudem angebliche Pläne der Vereinten Nationen (UN), die Regierung in Moskau durch eine Lockerung der westlichen Sanktionen zur Rückkehr zum Getreideabkommen zu bewegen. UN-Generalsekretär António Guterres hatte kürzlich einen Brief an den russischen Aussenminister Sergej Lawrow gesandt und darin weitreichende Konzessionen angekündigt. Demnach wolle man eine Tochter der russischen Bank für Landwirtschaft wieder in das Swift-Abkommen aufnehmen. Die Bank befindet sich in Staatshand und wäre damit wieder an das internationale Finanzsystem angeschlossen. Masala erklärt:
«Damit würde sich Russland mit einer seiner zentralen Forderungen durchsetzen.» Weiter warnte er:
Bislang weigert Russland sich, das Getreideabkommen mit der Ukraine wieder aufzunehmen. Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte dem Kreml bereits weitreichendes Entgegenkommen bei seinen Forderungen angeboten. Doch Putin lehnte bei einem Treffen mit Erdoğan in Sotschi die Wiederaufnahme ab, weil der Diktator offenbar darauf hofft, vom Westen noch mehr Zugeständnisse erpressen zu können.
(t-online/cc, Mit Material von Reuters)
- Die Ukraine macht Ihren Job extrem gut, auch wenn sie leider sehr hohe Verluste haben.
- Russland schwächst sich durch seine eigene Dummheit immer wieder selbst.
- Der Westen an sich ist Naiver als man es für möglich halten würde.
- Die Schweiz ist skrupellos wie eh und je, Hauptsache der Rubel rollt.
Hab ich was vergessen?