Auch wenn die Welt derzeit hauptsächlich darauf schaut, was sich im Konflikt zwischen Israel und der Hamas abspielt; der Krieg in der Ukraine geht weiter.
Rund um die Kleinstadt Marinka im Osten des Landes verteidigen mehrere ukrainische Elite-Artillerie-Brigaden seit über einem Jahr die Frontlinie. Die russische Armee auf der Gegenseite kommt kaum vorwärts, kann durch ihre Angriffe jedoch Soldaten der Ukraine binden, die als Folge davon nicht für Kämpfe im Süden eingesetzt werden können.
Die «New York Times» hat erschöpfte, aber nach wie vor sehr engagierte ukrainische Soldaten an der Front begleitet. «Wir haben die Russen nicht hierher eingeladen, also müssen sie vertrieben werden», sagt Evgeny, ein 45-jähriger Kommandant.
Das Gebiet ist weitläufig, es beinhaltet die Städte Kupiansk, Kreminna und Bachmut, bis hin zu Marinka und Vuhledar, dort endet die Region Donezk und das Gebiet um Saporischschja beginnt.
«Immer zuerst», lautet das Motto der Brigaden, sie müssen ständig bereit sein. Niemand weiss, wann in den Waldgebieten Granaten explodieren, die aus wenigen hundert Metern Entfernung abgefeuert werden, und wann die Russen aus Kampfflugzeugen 500-Kilo-Bomben abwerfen. «Die Russen setzen in diesen Wäldern fast die gesamte Nomenklatur ihrer Waffen ein», sagt Kommandant Evgeny.
«Ich möchte das Leben eines normalen Menschen führen.» Die Reportage der «New York Times» lässt einen in die Köpfe der Soldaten schauen. Das Leben eines normalen Menschen, viel mehr braucht Soldat Oleg nicht. «Ich möchte eine Familie gründen, ein Haus bauen und einen Baum pflanzen.»
Noch braucht es ihn und seine Kollegen aber vor Ort. Auch wenn das Gebiet bereits völlig zerstört ist, hinter der Frontlinie befinden sich wichtige ukrainische Städte und Siedlungen. Wenn der Alarm erklingt, fahren die Soldaten mit Lastwagen an die Front und schiessen Raketen in den Himmel. Ob sie russische Stellungen treffen, weiss Jaroslaw, ein weiterer Kommandant, nicht. Das sei aber auch nicht Sinn solcher Operationen, es gehe darum, dass die feindliche Artillerie nicht arbeiten könne.
Seit fast 600 Tagen sind die Elite-Brigaden im Einsatz und verteidigen ihr Gebiet. Gelingt es den russischen Angreifern, einige 100 Meter vorzurücken, ist das gewonnene Gebiet eine Woche später wieder verloren.
«Ich weiss nicht, was man für eine Motivation haben muss, um einfach in diesen Wald zu gehen und zu sterben», sagt Kommandant Evgeny in der «New York Times» über die russischen Angreifer. «Für jeden Meter Land bezahlen sie mit Hunderten von verlorenen Soldaten.» (rst)
Ich möchte nicht in der Haut dieser Soldaten stecken müssen!