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«Wahnhaft»: Ukraine dementiert deutsche Nord-Stream-Berichte

20.01.2023, Rheinland-Pfalz, Ramstein: Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow kommt zur Ukraine-Konferenz auf der US-Airbase Ramstein. Foto: Boris Roessler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEY ...
Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow: «Bei allem Respekt gegenüber den Medien, aber das ist eine Wahnvorstellung.»Bild: DPA

«Wahnhaft»: Ukraine dementiert deutsche Nord-Stream-Berichte

Laut anonymen Quellen sehen deutsche Ermittler die Verantwortung für die Nord-Stream-Anschläge bei ukrainischen Saboteuren. Der dortige Verteidigungsminister weist die Anschuldigungen zurück.
29.08.2023, 19:05
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Ein Artikel von
t-online

Der ukrainische Verteidigungsminister hat neue deutsche Medienberichte über eine ukrainische Beteiligung an den Nord-Stream-Anschlägen dementiert. Der «Kyiv Post» sagte Olexij Resnikow bei einer Pressekonferenz am Montag, die Berichte des «Spiegel» und des ZDF seien «wahnhaft». Insbesondere wies er die Behauptung zurück, der Oberkommandierende der ukrainischen Streitkräfte sei für die Sabotage verantwortlich.

Die ukrainischen Spuren

Der «Spiegel» und das ZDF hatten am Freitag unter Berufung auf anonyme Quellen in deutschen Regierungs- oder Ermittlerkreisen berichtet, Deutschland gehe mittlerweile davon aus, dass ein ukrainisches Kommando für die Sprengung der Pipelines im September 2022 verantwortlich sei. Eine russische Operation «unter falscher Flagge» sei unwahrscheinlich.

Demnach seien sechs Männer und Frauen mit der Segelyacht «Andromeda» zu den Tatorten gesegelt und hätten die Sprengungen dort mit Tauchgängen vorgenommen. Die Erkenntnisse korrespondierten mit Geheimdienstinformationen, dass Walerij Saluschnyj, der oberste Befehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, die Operation angewiesen habe.

Das Dementi

«Bei allem Respekt gegenüber den Medien, aber das ist eine Wahnvorstellung», sagte nun der ukrainische Verteidigungsminister Reznikow zu den Berichten. Saluschnyj habe klar definierte Aufgaben. «Und die Aufgaben beinhalten nicht Operationen im Ausland.» Auch Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte entsprechende Berichte über Geheimdienstinformationen bereits im Juni zurückgewiesen: «Wenn unser Militär das getan haben soll, dann zeigt uns Beweise.»

«Spiegel» und ZDF zufolge sollen deutsche Ermittler mittlerweile über eine Vielzahl von Spuren verfügen. Angeblich seien die Attentäter nach den Anschlägen in die Ukraine zurückgekehrt. Neue Indizien wurden durch die Berichte allerdings nicht bekannt. Im Gegenteil: Ein DNA-Abgleich mit einem konkret verdächtigten ukrainischen Soldaten habe keinen Treffer ergeben, hiess es im Bericht. Auch andere angeführte Spuren sind nicht eindeutig.

Die russischen Spuren

Zwar führt der «Spiegel» eine ukrainische Frau an, über deren Unternehmen die Segelyacht angemietet wurde. Eine weitere für das Unternehmen verantwortliche Frau bleibt aber unerwähnt. Sie lebt auf der von Russland besetzten Krim, organisierte prorussische Referenden und bewegt sich bis heute frei in Russland, wie der «Stern» zuerst berichtete. Der aufgrund der Wetterlage einzige mögliche Zeitraum für die angeblichen Tauchgänge überschneidet sich mit der Anwesenheit eines russischen Frachters über einer der Explosionsstellen und einem nicht weit entfernten Nato-Manöver.

t-online hatte im März exklusiv über russische Militärschiffe berichtet, die wenige Tage vor den Explosionen mit Spezialausrüstung für Unterwasseroperationen am Tatort operierten. Die nächtliche Operation löste Reaktionen von Nato-Truppen aus. Das dänische Verteidigungsministerium bestätigte der dänischen Zeitung «Information» daraufhin, es habe Fotos der Schiffe angefertigt. Auch das deutsche Verteidigungsministerium räumte auf Anfrage von t-online schliesslich ein, entsprechende Informationen an den Generalbundesanwalt weitergeleitet zu haben.

Die Präsenz der Schiffe erklären «Spiegel» und ZDF nun damit, die russische Marine habe die Pipelines vermutlich schützen wollen – was sie schlussendlich daran gehindert haben soll, bleibt unklar. Alle Spuren deuten den anonymen Quellen der beiden Medien zufolge auf die Ukraine.

Verwendete Quellen:

  • KyivPost.com: "‘It’s Delusional’ – Reznikov Slams German Media Report Pinning Nord Stream Attack on Ukraine" (englisch)
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47 Kommentare
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kryos
29.08.2023 20:16registriert März 2021
Ich dachte beim Bild, es komme ein Huber-Quizz :(
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Don Alejandro
29.08.2023 21:10registriert August 2015
Ich glaube kaum, dass die Ukraine soviel Energie und Mittel dafür einsetzen würde. Selbst wenn (was ich dieser anonymen Quelle nicht glaube und eher dem Killer-Regime Moskau's zuordne) tut das meiner Unterstützung der UA keinen Abbruch. Die UA verteidigt gerade das freie demokratische Europa mit. Jede Unterstützung der UA rettet auch unseren Allerheiligen mit. Ich könnte die verwahhrlosten, demokratieverwöhnten Hobbykleptokraten, die dem Putler auf den Leim gehen, langsam aber sicher auf den Mond schießen.
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Cpt. Jeppesen
29.08.2023 20:49registriert Juni 2018
So, so, eine anonyme Quelle erzählt dem Spiegel die Ukraine wars und schon sollen alle dieses glauben. Bin gespannt wie die anonyme Quelle erklärt wie die sehr grossen Mengen Sprengstoff ohne Kran oder andere technische Hilfsmittel auf 80 Meter Tiefe gebracht worden sind. Auch würde mich interessieren wie die Taucher das mit dem Druckausgleich gemacht haben, so ganz ohne Druckkammer stundenlang auf 80 Meter zu operieren. Vielleicht sollte die der Spiegel sich erst mal ein bisschen mit Physik beschäftigen, bevor sie brühwarm solch einen Trash-Artikel raus hauen.
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