Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj entlässt seinen Verteidigungsminister und will mitten in der Gegenoffensive nun den jungen Politiker Rustem Umerow in dem Amt sehen. Er werde dem Parlament den 41 Jahre alten Chef des staatlichen Vermögensfonds als Nachfolger des geschassten Olexij Resnikow vorschlagen, teilte Selenskyj am Sonntag in seiner abendlichen Videobotschaft mit. Resnikows Abgang war seit Längerem erwartet worden.
Ukrainische Medien hatten mehrfach – und verstärkt in den vergangenen Tagen – darüber berichtet, dass eine Ablösung des 57-jährigen Resnikow unmittelbar bevorstehe. Der Minister hatte zuletzt immer wieder erklärt, dass er bereit sei, zu gehen, aber ein Ersatz für ihn gefunden werden müsse. Mit Selenskyj habe er über einen anderen Posten gesprochen. Vakant ist etwa die Stelle des Botschafters in London.
In seinem letzten Interview als Verteidigungsminister bezifferte Resnikow die bisher von den westlichen Verbündeten der Ukraine geleistete Militärhilfe auf rund 100 Milliarden US-Dollar (rund 93 Milliarden Euro), darunter fast 60 Milliarden US-Dollar von den USA. Das sei Geld, das für Waffen, Militärgerät und Munition ausgegeben worden sei, sagte er der staatlichen Nachrichtenagentur Ukrinform. Darüber hinaus erhält die Ukraine auch Milliardenhilfen des Westens, um etwa ihren Staatshaushalt zu finanzieren. Ferner bekräftigte Resnikow, dass die vom Westen versprochenen F-16-Kampfjets im Frühjahr im Frontgebiet einsatzbereit sein sollen.
Selenskyj dankte bei einem Telefonat mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron für die bisherige Militärhilfe. Selenskyj sagte, es würden auch ukrainische Piloten in Frankreich ausgebildet, was die internationale Kampfjet-Koalition noch schlagkräftiger mache. Besprochen worden seien mit Macron ausserdem die nächsten Hilfspakete. Details nannte Selenskyj nicht.
Vereinbart worden sei auch, dass Frankreich und französische Unternehmen am Ukrainischen Forum der Verteidigungsindustrie teilnehmen sollten. Das Land will zu einem der grössten Waffenproduzenten der Welt werden. Die Ukraine produziert inzwischen nach offiziellen Angaben auch Raketen mit grösserer Reichweite sowie schlagkräftige Drohnen und will diese nach Kriegsende auch exportieren.
Russland hat eigenen Angaben zufolge in der Nacht zu Montag zwei ukrainische Drohnen abgefangen. «Ukrainische unbemannte Luftfahrzeuge wurden in der Luft über dem Schwarzen Meer nahe der Krimhalbinsel und über dem Territorium der Region Kursk von Luftabwehrsystemen zerstört», erklärte das russische Verteidigungsministerium am Montag im Online-Dienst Telegram. Die Ukraine habe die Drohnen um etwa 01.00 Uhr (0.00 Uhr MESZ) gestartet, hiess es.
Die Krim war zuletzt am Samstag angegriffen worden. Russland zerstörte drei ukrainische Schiffsdrohnen beim Versuch, die Brücke zwischen der Halbinsel und dem russischen Festland anzugreifen. Die Grenzregion Kursk war am Freitag angegriffen worden. In der Stadt Kurtschatow wurden nach Angaben des örtlichen Gouverneurs durch zwei Drohnen ein Wohn- und ein Verwaltungsgebäude beschädigt.
Die ukrainischen Streitkräfte setzen ihre Gegenoffensive fort, um im Süden und im Osten des Landes Gebiete von der russischen Besatzung zu befreien. Zudem treffen sich in der russischen Schwarzmeer-Metropole Sotschi Kremlchef Wladimir Putin und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der in dem Krieg zwischen Moskau und Kiew als Vermittler auftritt. Bei den Gesprächen soll es auch um eine Wiederaufnahme des Abkommens zur Verschiffung von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer gehen. (sda/dpa)