Mitten in der ukrainischen Offensive will Wolodymyr Selenskyj seinen Verteidigungsminister Olexij Resnikow auswechseln. Das gab der ukrainische Präsident am Sonntag in seiner abendlichen Videobotschaft bekannt.
Über das Schicksal des Verteidigungsministers war zuvor lange spekuliert worden. Der Grund: eine Reihe von Korruptionsskandalen im ukrainischen Verteidigungsministerium.
Das wissen wir über Wolodymyr Selenskyjs Entscheid:
Resnikow habe seit Beginn des russischen Angriffskriegs 550 Tage auf dem Posten des Ministers verbracht, liess Selenskyj am Sonntag verlauten. «Ich bin der Meinung, dass das Ministerium neue Herangehensweisen braucht und andere Formate der Zusammenarbeit mit den Soldaten und der Gesellschaft insgesamt», sagte der Präsident. Resnikow war seit November 2021 Verteidigungsminister.
Die Entlassung Resnikows erfolgt im Zuge einer Reihe von Korruptionsskandalen, in die das ukrainische Verteidigungsministerium verwickelt ist. Obwohl Resnikow selbst in keinen dieser Skandale verwickelt ist, wird er dennoch mit diesen in Verbindung gebracht.
Die Ausmerzung der Korruption in der gesamten ukrainischen Regierung ist für Selenskyj von entscheidender Bedeutung. Der ukrainische Präsident erhofft sich damit bessere Chancen für die lang ersehnte Mitgliedschaft Kiews in der Nato und der Europäischen Union.
Resnikow war nach einer Reihe von Skandalen und Affären im Verteidigungsministerium in die Kritik geraten. Unter anderem war im Winter sein Stellvertreter Wjatscheslaw Schapowalow im Zusammenhang mit einem Skandal um den Einkauf überteuerter Lebensmittel für Soldaten zurückgetreten. Zudem sollen nach Medienberichten beim Bau von Kasernen Gelder veruntreut worden sein. Resnikow hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Ziel sei es offenbar, das «Vertrauen in das Verteidigungsministerium zu einem sehr wichtigen Zeitpunkt zu untergraben», erklärte er. Die Ukraine gilt als eines der korruptesten Länder Europas.
Nein, der Schritt war seit Längerem erwartet worden. Schon im vergangenen Winter war ein Rücktritt von Resnikow im Gespräch gewesen.
Der nach Skandalen in seiner Behörde in die Kritik geratene ukrainische Politiker dachte allerdings nicht an einen freiwilligen Rücktritt. Er wolle erst zurücktreten, wenn ihn Selenskyj dazu auffordere, sagte Resnikow Anfang Februar. «Kein Beamter bleibt ewig im Amt», sagte er. «Die Entscheidung, ob jemand Verteidigungsminister wird oder nicht, wird laut Verfassung von einer Person getroffen – dem Oberbefehlshaber und Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj. Daher werde er «nur auf Beschluss des ukrainischen Präsidenten bestimmte Entscheidungen treffen» – und dann das tun, was ihm dieser vorschlage.
Ukrainische Medien hatten schon in der Vergangenheit – und verstärkt in den vergangenen Tagen – darüber berichtet, dass eine Ablösung des 57-jährigen Resnikow unmittelbar bevorstehe. Resnikow hatte zuletzt immer wieder erklärt, dass er bereit sei, zu gehen, aber ein Ersatz für ihn gefunden werden müsse. Er sagte, dass er mit Selenskyj über einen anderen Posten gesprochen habe. Vakant ist etwa der Posten des Botschafters in London.
Wahrscheinlich wird der bisherige Chef des staatlichen Vermögensfonds, Rustem Umerow, die Nachfolge Resnikows antreten. Er werde Umerow dem Parlament als Nachfolger vorschlagen, teilte Selenskyj am Sonntag in seiner in Kiew verbreiteten abendlichen Videobotschaft mit.
Der 41 Jahre alte Unternehmer und Investor Umerow, der krimtatarischer Abstammung ist, setzt sich seit Jahren für eine Befreiung der bereits 2014 von Russland völkerrechtswidrig annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim ein. Seine Eltern waren wie viele Krimtataren unter Sowjetdiktator Josef Stalin von der Krim deportiert worden. Umerow war laut ukrainischen Medien Stipendiat eines US-Programms für künftige Führungskräfte (FLEX) und gilt als Experte für Finanzwirtschaft. Nach seiner Zeit als Abgeordneter im ukrainischen Parlament von 2019 bis 2022 wurde er vor einem Jahr zum Chef der staatlichen Vermögensverwaltung ernannt.
Umerow ist stellvertretender Vorsitzender der Krim-Plattform, einem jährlichen Forum, das sich der Wiedereingliederung der Halbinsel in die Ukraine widmet. Der Funktionär setzt sich nicht zuletzt für den Austausch von politischen Häftlingen und Kriegsgefangenen auf der Krim ein, wie ukrainische Medien berichteten. Im August 2021 hatte Selenskyj ihm einen Orden für Verdienste für das Vaterland überreicht.
Am Montagvormittag wurde bekannt, dass Resnikow formal um seine Entlassung ersucht hat: «Gemäss der Entscheidung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj habe ich meinen Rücktritt bei der Obersten Rada der Ukraine eingereicht», schrieb der Minister am Montag bei Facebook.
Er sei bereit, dem Parlament Rechenschaft über die geleistete Arbeit abzulegen. In seinem Schreiben an den Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk hob Resnikow hervor, dass Kiew bei seinem Amtsantritt selbst Stinger-Flugabwehrraketen verweigert wurden. Inzwischen erhalte das Land Kampfflugzeuge, moderne Panzer, Flugabwehrsysteme, weitreichende Raketen und anderes.
(lak/sda/dpa)
Zelenksyy hatte sich Korruptionsbekämpfung schon vor den Wahlen auf die Fahne geschrieben, ist wohl kaum "nur weil sich UA EU-Mitgliedschaft erhofft" und hat mit der NATO genau 0 zu tun.
Aber der Ansatz stimmt positiv.