Gestern Dienstag trafen sich eine ukrainische und eine russische Delegation in Istanbul zu Friedensgesprächen. Ein Vertreter des russischen Verteidigungsministeriums, Generaloberst Alexander Fomin, erklärte danach gegenüber Reportern, russische Truppen würden «die militärischen Aktivitäten um Kiew und Tschernihiw radikal reduzieren». Diese Aussage nahmen westliche Medien auf.
Der russische Unterhändler Wladimir Medinski liess aber keine Zweifel darüber aufkommen, dass der Krieg weiter geht. Die Deeskalation im Norden bedeute «keinen Waffenstillstand».
Jein.
Den ukrainischen Verbänden gelang es, den russischen Vormarsch vor Kiew aufzuhalten und die Truppen entscheidend zu schwächen. Ein Rückzug von dort, er wird von Russland als «vertrauensbildende Massnahme» kommuniziert, ist wohl eher eine Folge der militärischen Realität als eine entgegenkommende Geste.
Tschernihiw im Nordosten von Kiew nahe der belarussischen Grenze ist ein anderer Fall. Die Stadt wird seit dem 25. Februar belagert und bombardiert. Die Bevölkerung muss ohne Wasser, Strom und medizinische Versorgung auskommen. Ein Rückzug würde die humanitäre Situation deutlich entschärfen.
Auch das kann weder mit «ja» noch mit «nein» beantwortet werden. Der ukrainische Generalstab teilte gleich nach den Gesprächen mit, im Gebiet um die Hauptstadt und um Tschernihiw werde der Abzug einzelner Einheiten der russischen Streitkräfte beobachtet. Heute hiess es allerdings, dass vor Kiew russische Truppen zurückgehalten werden. Bestätigt wurde ein Teilrückzug russischer Einheiten aus Browary, einem umkämpften Vorort im Nordosten von Kiew.
Während Kiew eine ruhige Nacht erlebte, wurde Tschernihiw mit Artillerie und Flugzeugen angegriffen, wie der zuständige Gouverneur meldete. Die Aussage kann nicht unabhängig geprüft werden.
Russland hat angekündigt, sich «in der zweiten Phase der Spezialoperation» verstärkt auf das Gebiet Donbass im Südosten der Ukraine zu konzentrieren. Tatsächlich gibt es Truppenverschiebungen vom Norden in den Osten. Videoaufnahmen zeigen einen grösseren Konvoy, der vor zwei Tagen Sumy in Richtung Charkiw verliess.
Eine der Hauptbedingungen der Ukraine für Frieden ist der komplette Abzug der russischen Truppen von ukrainischem Territorium. Ukrainisches Territorium schliesst den Donbass mit ein. Solange auch nur dort gekämpft wird, liegt ein Ende des Krieges in weiter Ferne.
Russland:
Ukraine:
Der russische Oligarch und Ex-Chelsea-Besitzer Roman Abramovich ist ebenfalls an den Gesprächen gesichtet worden. Er nahm etwas abseits der beiden Delegationen an einem eigenen Tisch mit einem Übersetzungsgerät platz.
Mit dem eiligst verabschiedeten neuen ‚Rekrutierungsgesetz‘ kann er seine Terrorarmee nun schon mit 17 jährigen ‚füttern‘. Skrupelloser geht es nicht mehr.
Meine Meinung.