Die lang ersehnte Startgenehmigung ist am Freitagabend eingetroffen: Die US-Luftfahrtbehörde FAA hat dem privaten Raumfahrtunternehmen SpaceX von Elon Musk grünes Licht gegeben, um den ersten vollständigen Test des Starship-Systems durchzuführen.
Die einzelnen Komponenten wurden bereits zuvor unabhängig voneinander erfolgreich getestet – mit, wie in der Raumfahrt üblich, einigen Fehlschlägen. Geplant war der erste Flug in eine Erdumlaufbahn der wiederverwendbaren Schwerlastrakete denn auch ursprünglich bereits für September 2022, wurde aber mehrfach verschoben.
Nun soll es gelingen. Musk selbst denkt, dass die Chancen bei 50 Prozent liegen, dass Starship den Orbit erreichen wird. «Erfolg vielleicht, Aufregung garantiert!», twitterte er dementsprechend. Das 150-minütige Testfenster wird am Montag um 14 Uhr Schweizer Zeit geöffnet. Gemäss SpaceX wird eine Liveübertragung des Flugtests 45 Minuten vor dem Testflug beginnen.
Geht es um Starship, sparen Fachleute nicht mit Superlativen: Ausdrücke wie Super-Raumschiff, Paradigmenwechsel, ein grosser Sprung für die Menschheit liest und hört man. Was löst diese Begeisterung aus? Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Musks mächtiger Rakete.
Der Raketenkoloss wird mit einem Startgewicht von 5000 Tonnen vom unternehmenseigenen SpaceX-Weltraumbahnhof in Boca Chica im Süden von Texas abheben. Das System besteht aus zwei Teilen - Trägerrakete und Raumschiff. Die Rakete, die sogenannte Super Heavy, ist mit 33 Antrieben ausgestattet und soll die Raumfähre, das eigentliche Starship mit sechs eigenen Antrieben, ins All befördern. Betrieben wird das System mit flüssigem Methan und Sauerstoff.
Für den Testflug ist geplant, dass die Super Heavy für wenige Minuten lang zündet und sich danach, nach 2 Minuten und 52 Sekunden, von Starship trennt. Super Heavy soll dann kontrolliert im Golf von Mexiko wassern, während Starship eine fast vollständige Umrundung der Erde vollführt. Läuft alles nach Plan, wird Starship nördlich der Hawaii-Inseln senkrecht im Meer landen.
Das heisst, ein kontrolliertes Auffangen des wiederverwertbaren Raketensystems an Land, wie dereinst geplant, ist bei diesem Test noch nicht vorgesehen. Ebenso wenig werden Nutzlasten mitgeführt.
Die Unterstufe, die Super Heavy, ist 69 Meter lang, die Oberstufe Starship 50 Meter. Zusammen genommen misst das Gefährt demnach 119 Meter. Zum Vergleich: Der Prime Tower in Zürich ist 126 Meter hoch. Den Rekord der grössten Rakete hält derzeit die pensionierte Saturn V der US-Raumfahrtbehörde Nasa inne, mit der Astronauten auf den Mond befördert wurden. Sie erreichte eine Höhe von 111 Metern.
Die europäische Trägerrakete, die Ariane 5, misst derweil nur 50 Meter. Vergangenen Freitag hob sie zum letzten Mal ab, als sie erfolgreich die Raumsonde Juice auf deren Reise zum Jupitersystem schickte. Ihre Nachfolgerin, die Ariane 6, wird zirka 60 Meter lang sein.
Starship wird einen Startschub von mehr als 7700 Tonnen erzeugen und damit mehr als doppelt so viel wie die derzeit schubkräftigste Schwerlastrakete. Das ist derzeit noch die von Boeing gebaute SLS-Mondrakete, die im Rahmen der Nasa-Mission Artemis 1 vergangenen November erstmals als unbemannte Testkapsel zum Mond flog.
In der Raumfähre Starship sollen bis zu 100 Menschen Platz finden. Das Volumen des nutzbaren Raums beträgt satte 1000 Kubikmeter - gross genug, um einen in Einzelteile zerlegten Eiffelturm unterzubringen. Die Nutzlast beträgt 100 bis 150 Tonnen. Auf einer Veranstaltung erläuterte Musk einmal, dass ein einziges Starship, das dreimal pro Woche startet, in einem Jahr mehr als 15 000 Tonnen Fracht befördern könnte. Das ist so viel wie die gesamte Fracht, die in der Geschichte der Raumfahrt bisher transportiert wurde.
Das Recycling-Konzept von SpaceX ist revolutionär, und mit ihm schaffte es Musk bereits, die Kosten für die Raumfahrt massiv zu drücken - um mindestens den Faktor 10. Mit Falcon entwickelte das Team eine wiederverwendbare Rakete für Satellitenstarts und Frachtmissionen zur Internationalen Raumstation ISS. Das Konzept wird nun auf das Starship-Raumschiff übertragen.
Dereinst soll die Raketenstufe vom Turm der Startrampe in Boca Chica aufgefangen werden können und senkrecht am Boden landen. Auch Starship soll nach erledigter Arbeit auf der Erde landen und erneut wieder starten können.
Zudem setzt Musk beim Bau des Starship-Systems inzwischen auf eine Edelstahllegierung - ein Paradigmenwechsel in der Raumfahrt. Zunächst wollte SpaceX noch Kohlenstoff-Verbundwerkstoffe einsetzen, die aber um ein Vielfaches teurer sind. Auch eine Aluminiumlegierung, ein häufig genutztes Material für Trägerraketen, ist deutlich kostspieliger.
Wie hoch die Startkosten für Starship aktuell genau liegen, hat Musk nicht offengelegt. Wenn man den Prognosen von SpaceX aber Glauben schenken darf, könnten die Kosten pro Kilogramm Fracht gemäss dem Magazin «Science» bei 10 Dollar liegen. Zum Vergleich: Bei der SLS-Rakete, die für Artemis 1 genutzt wurde, sind es 58 000 Dollar pro Kilo.
Manche Experten schätzen, dass ein einziger Artemis-Start insgesamt rund 4.1 Milliarden Dollar kostet. Musk zufolge könnte ein Starship-Flug in Zukunft ein paar Millionen Dollar oder vielleicht sogar nur 1 Million Dollar kosten.
Nach Angaben des Unternehmens SpaceX soll Starship sowohl Menschen als auch Fracht in die Erdumlaufbahn, zum Mond, zum Mars und darüber hinaus befördern.
Zunächst einmal ist im Rahmen der Dear-Moon-Mission geplant, noch Ende 2023 die ersten neun Weltraumtouristen auf einen Rundflug zum Mond zu schicken. Der japanische Milliardär und Kunstsammler Yusaku Maezawa finanziert die sechstägige Reise, fliegt mit und spendiert acht Künstlern ein Mitfahrticket. Auch die Nasa hat Interesse an Starship bekundet und mit SpaceX einen Vertrag für eine bemannte Mondlandung für 2025 abgeschlossen.
Es ist allerdings kein Geheimnis, dass der Mond für Musk nur ein Zwischenstopp und Trainingsgelände ist. Sein Ziel ist der Mars, wo er von einem Aussenposten für die Menschheit träumt. Um die Zivilisation vor dem Aussterben zu retten, will er den Menschen zu einer multiplanetaren Spezies machen.
Mit weniger Drama beladen klingt es aus der Welt der Wissenschaft, aber auch sie rechnet dank Starship mit Missionen, so extravagant wie bislang nur schwer vorstellbar. Mit der Super-Rakete liessen sich grössere und schwerere wissenschaftliche Instrumente ins All und auf andere Himmelskörper befördern. Und weil Starship wieder heil zur Erde zurückkehren soll, können auch grosse Mengen an Proben in irdischen Labors analysiert werden. (aargauerzeitung.ch)
Auch die "Live-Dabei"-Mentalität finde ich super. Für mich als kleinen Space-Nerd ist das echt super spannend die einzelnen Flugphasen zu betrachten. Oder als die Astronauten in der ersten bemannten Dragon 2 Mission SpX-DM2 mit Black Sabbath geweckt wurden, da wird's schon sehr emotional.
Ich drücke Space X viel Erfolg und freue mich schon auf die Bilder.
Super Heavy wird hingegen im Golf von Mexiko eine senkrechte "Landung" (simuliert) vornehmen.