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Südkoreaner klagen über unmenschliche Haftbedingungen in USA nach Razzia

Südkoreaner klagen über unmenschliche Haftbedingungen in USA nach Razzia

Nach der Festnahme von südkoreanischen Arbeitern durch die USA prüft Seoul mögliche Menschenrechtsverletzungen. Häftlinge berichten über unmenschliche Haftbedingungen.
16.09.2025, 07:5316.09.2025, 07:53
Finn Michalski / t-online
Ein Artikel von
t-online

Nach der Festnahme hunderter Südkoreaner bei einer Razzia gegen Migranten in den USA geht die Regierung in Seoul möglichen Menschenrechtsverletzungen nach. Das südkoreanische Präsidialamt kündigte am Montag eine «gründliche Überprüfung» an, nachdem sich Betroffene nach ihrer Rückkehr nach Südkorea über die Haftbedingungen in den USA beschwert hatten.

A banner depicting U.S. President Donald Trump is seen at the arrival terminal of the Incheon International Airport, in Incheon, South Korea, Friday, Sept. 12, 2025. (AP Photo/Ahn Young-joon)
South Ko ...
Ein Protest gegen Donald Trumps Vorgehen am Flughafen Incheon in Südkorea bei der Ankunft eines Teils der Abgeschobenen.Bild: keystone

Arbeiter berichten über Missstände

Im Anschluss an den Vorfall veröffentlichte die südkoreanische Zeitung «Hankyoreh» Berichte mehrerer Betroffener über ihre Zeit in Gewahrsam. Demnach sollen die insgesamt 330 Arbeiter, die von der US-Einwanderungspolizei ICE festgenommen worden waren, tagelang unter menschenunwürdigen Bedingungen untergebracht worden sein.

Zu Beginn ihrer achttägigen Haft, seien die Arbeiter in einer Massenzelle eingesperrt gewesen, die ursprünglich nur für 72 Personen vorgesehen war. Zeugenaussagen zufolge drang lediglich ein schmaler Lichtschlitz in den Raum, in dem die Südkoreaner auf verschimmelten Matratzen schlafen mussten. Die Inhaftierten seien zudem mit Handschellen, Fesseln und teils sogar Kabelbindern fixiert worden, was selbst das Trinken des ohnehin «übel riechenden Wassers» erheblich erschwert habe.

Erst einen Tag nach der Ankunft im Abschiebelager sollen grundlegende Versorgungsartikel wie Zahnbürsten oder Decken ausgegeben worden sein. Am dritten bis vierten Tag verlegte die Einwanderungsbehörde die Gefangenen in Zweibettzellen. Doch auch dort gab es lediglich eine offene Toilette im Raum, die gemeinsam benutzt werden musste. «Gerade bei grundlegenden körperlichen Bedürfnissen war keinerlei Wahrung der Menschenwürde möglich», berichtete eine der festgenommenen Arbeiterinnen. Täglich durften die Häftlinge nur für rund zwei Stunden in einen Innenhof, der etwa die Grösse eines halben Basketballfeldes hatte.

Ein anderer Betroffener erklärte gegenüber der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap, dass sie bei ihrer Festnahme nicht über ihre Rechte aufgeklärt worden seien. Nun sei eine «gründliche Untersuchung möglicher Menschenrechtsverletzungen» geplant, so ein Sprecher des südkoreanischen Präsidialamtes. Es sei nicht auszuschliessen, dass den US-Behörden «Fehler» unterlaufen seien.

475 Festnahmen in Batteriefabrik

ICE-Beamte hatten Anfang September in einer im Bau befindlichen Batteriefabrik der südkoreanischen Unternehmen Hyundai und LG im US-Bundesstaat Georgia 475 Arbeiter festgenommen, die zum Grossteil aus Südkorea stammten.

Südkoreas Präsident Lee Jae-myung bezeichnete die Razzia als «verstörenden Vorfall», der zukünftige Investitionen südkoreanischer Unternehmen in den USA gefährden könnte. Angesichts der Festnahmen müssten sich die Firmen fragen, «ob der Bau einer Fabrik in den Vereinigten Staaten die damit verbundenen Risiken überhaupt rechtfertigt», so Lee.

South Korean President Lee Jae Myung speaks during a news conference to mark 100 days in office at the Blue House in Seoul, South Korea, Sept, 11, 2025. (Kim Hong-Ji/Pool Photo via AP)
South Korea Pre ...
Südkoreas Präsident Lee Jae-myung.Bild: keystone

Offenbar als Reaktion auf die Kritik erklärte US-Präsident Donald Trump am Sonntag, ausländische Fachkräfte seien in den USA «willkommen» und er habe nicht die Absicht, Investoren «zu verschrecken». Im Wahlkampf hatte Trump allerdings angekündigt, rigoros gegen Einwanderer ohne gültige Aufenthaltserlaubnis vorzugehen und Millionen Menschen ohne Papiere abzuschieben. Seit seinem Amtsantritt führt die Einwanderungs- und Zollbehörde ICE landesweit Razzien durch, bei denen vermummte Beamte Migranten festnehmen – ein Vorgehen, das innenpolitisch höchst umstritten ist.

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83 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Gurgelhals
16.09.2025 08:25registriert Mai 2015
Die Trömp-Regierung: Erpresst mit Zolldrohungen andere Nationen und deren Unternehmen, damit sie in die US Industrie investieren und dort Fabriken bauen.

Auch die Trömp-Regierung: Sendet die eigene Gestapo aus um die Arbeiter zu verhaften, welche diese Ländern resp. diese Unternehmen in die USA entsendet haben, um besagte Fabriken zu bauen.

Muss man glaubs wirklich nicht verstehen 🤡 Aber die Fähigkeit des Casino-Pleitiers, überall, wo er irgendwie seine Finger im Spiel hat, ausnahmslos einen irreversiblen Totalschaden anzurichten, ist ja an sich schon ziemlich beeindruckend.
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Vogman
16.09.2025 09:29registriert Mai 2020
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: da will man, das ausländische Firmen viel Geld investieren und kaum setzten sie das um, werden die dafür gestellten Mitarbeiter von ICE festgenommen :-) Ich weiss wirklich nicht mehr was sagen, Wahnsinn! Aber der Rest der Welt ist selber schuld. Hätten wir alle mehr Eier, hätten wir uns zusammengetan und dem Trumpel einfach Paroli geboten.
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Ahura
16.09.2025 08:51registriert Februar 2024
Leider muss man unmenschliche Haftbedingungen in einem autoritären Entwicklungsland erwarten.

Am besten jegliche Beziehungen und Geschäfte so gut wie möglich einstellen.

Die USA haben gewählt, sollen die Konsequenzen ruhig spüren. Der Rest der Welt kommt ohne schiesswütige Cowboys klar.
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