Südkoreaner klagen über unmenschliche Haftbedingungen in USA nach Razzia
Nach der Festnahme hunderter Südkoreaner bei einer Razzia gegen Migranten in den USA geht die Regierung in Seoul möglichen Menschenrechtsverletzungen nach. Das südkoreanische Präsidialamt kündigte am Montag eine «gründliche Überprüfung» an, nachdem sich Betroffene nach ihrer Rückkehr nach Südkorea über die Haftbedingungen in den USA beschwert hatten.
Arbeiter berichten über Missstände
Im Anschluss an den Vorfall veröffentlichte die südkoreanische Zeitung «Hankyoreh» Berichte mehrerer Betroffener über ihre Zeit in Gewahrsam. Demnach sollen die insgesamt 330 Arbeiter, die von der US-Einwanderungspolizei ICE festgenommen worden waren, tagelang unter menschenunwürdigen Bedingungen untergebracht worden sein.
Zu Beginn ihrer achttägigen Haft, seien die Arbeiter in einer Massenzelle eingesperrt gewesen, die ursprünglich nur für 72 Personen vorgesehen war. Zeugenaussagen zufolge drang lediglich ein schmaler Lichtschlitz in den Raum, in dem die Südkoreaner auf verschimmelten Matratzen schlafen mussten. Die Inhaftierten seien zudem mit Handschellen, Fesseln und teils sogar Kabelbindern fixiert worden, was selbst das Trinken des ohnehin «übel riechenden Wassers» erheblich erschwert habe.
Erst einen Tag nach der Ankunft im Abschiebelager sollen grundlegende Versorgungsartikel wie Zahnbürsten oder Decken ausgegeben worden sein. Am dritten bis vierten Tag verlegte die Einwanderungsbehörde die Gefangenen in Zweibettzellen. Doch auch dort gab es lediglich eine offene Toilette im Raum, die gemeinsam benutzt werden musste. «Gerade bei grundlegenden körperlichen Bedürfnissen war keinerlei Wahrung der Menschenwürde möglich», berichtete eine der festgenommenen Arbeiterinnen. Täglich durften die Häftlinge nur für rund zwei Stunden in einen Innenhof, der etwa die Grösse eines halben Basketballfeldes hatte.
Ein anderer Betroffener erklärte gegenüber der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap, dass sie bei ihrer Festnahme nicht über ihre Rechte aufgeklärt worden seien. Nun sei eine «gründliche Untersuchung möglicher Menschenrechtsverletzungen» geplant, so ein Sprecher des südkoreanischen Präsidialamtes. Es sei nicht auszuschliessen, dass den US-Behörden «Fehler» unterlaufen seien.
475 Festnahmen in Batteriefabrik
ICE-Beamte hatten Anfang September in einer im Bau befindlichen Batteriefabrik der südkoreanischen Unternehmen Hyundai und LG im US-Bundesstaat Georgia 475 Arbeiter festgenommen, die zum Grossteil aus Südkorea stammten.
Südkoreas Präsident Lee Jae-myung bezeichnete die Razzia als «verstörenden Vorfall», der zukünftige Investitionen südkoreanischer Unternehmen in den USA gefährden könnte. Angesichts der Festnahmen müssten sich die Firmen fragen, «ob der Bau einer Fabrik in den Vereinigten Staaten die damit verbundenen Risiken überhaupt rechtfertigt», so Lee.
Offenbar als Reaktion auf die Kritik erklärte US-Präsident Donald Trump am Sonntag, ausländische Fachkräfte seien in den USA «willkommen» und er habe nicht die Absicht, Investoren «zu verschrecken». Im Wahlkampf hatte Trump allerdings angekündigt, rigoros gegen Einwanderer ohne gültige Aufenthaltserlaubnis vorzugehen und Millionen Menschen ohne Papiere abzuschieben. Seit seinem Amtsantritt führt die Einwanderungs- und Zollbehörde ICE landesweit Razzien durch, bei denen vermummte Beamte Migranten festnehmen – ein Vorgehen, das innenpolitisch höchst umstritten ist.
Verwendete Quellen:
- hani.co.kr: "“분단 넘겠다”는 조국혁신당, 종북 논란에 ‘정체성’ 딜레마" (Koreanisch)
- x.com: Beitrag von @ChrisO_wiki
- Mit Material der Nachrichtenagentur AFP