Ivy Ziedrich (Mitte, graue Jacke) und Jeb Bush an einem Townhall-Meeting in Reno, Nevada (13.05.2015).Bild: JAMES GLOVER/REUTERS
15.05.2015, 13:3715.05.2015, 17:53
Folge mir
Jeb Bush gilt als heisser Anwärter für die US-Präsidentschaftswahl 2016. Der Bruder von George W. Bush betreibt bereits fleissig Wahlkampf, auch wenn er seine Kandidatur noch nicht offiziell bekannt gegeben hat. Der frühere Gouverneur von Florida profitiert vom Bekanntheitsgrad des Bush-Clans – bekundet aber auch Mühe, sich vom problematischen Erbe seines Bruders zu distanzieren. Ein Vorfall am Mittwoch zeigte klar, dass er diesbezüglich noch Hausaufgaben zu erledigen hat.
An einem sogenannten Townhall-Meeting beschuldigte Bush Präsident Obama, mit seinem vollständigen Truppenabzug aus dem Irak 2011 zum Aufstieg der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beigetragen zu haben. Damit war eine Zuhörerin ganz und gar nicht einverstanden. Nach der Rede ging Ivy Ziedrich, eine 19-jährige Politologiestudentin, auf Bush zu. Es folgte ein denkwürdiger verbaler Schlagabtausch und der erste Höhepunkt des noch jungen Präsidentschaftswahlkampfs 2016.
Sichtlich nervös legte Ziedrich los: Der Ursprung des IS liege in der Auflösung der irakischen Armee, als Zehntausende arbeitslos wurden, die immer noch Zugang zu Waffen hatten. Bush wirkt zunehmend genervt, schüttelt den Kopf. Dann:
Ziedrich: «Ihr Bruder hat ISIS geschaffen.»
Bush: «OK, ist das eine Frage?» (dabei klopft er der jungen Frau herablassend auf die Schulter)
Ziedrich: «Sie müssen jetzt nicht spitzfindig tun, Sir.»
Bush: «Spitzfindig? Wow.»
Ziedrich: «Sie könnten einfach meine Frage beantworten.»
Bush: «Was ist Ihre Frage?»
Ziedrich: «Meine Frage ist: Warum sagen Sie, dass der ISIS entstand, weil wir keine Präsenz mehr im Nahen Osten haben ...»
Bush unterbricht: «... weil wir zum Zeitpunkt des Abzugs ...»
Ziedrich weiter: «... wenn es in Wirklichkeit sinnlose Kriege sind, in denen junge Männer für die Idee amerikanischer Einzigartigkeit sterben müssen. Warum speien Sie nationalistische Rhetorik und verwickeln uns in neue Kriege?»
Bush: «Wir sind hier einfach anderer Meinung. Zum Zeitpunkt des Rückzugs aus dem Irak war die Sicherheit gewährleistet, Al-Kaida war besiegt. Es gab ein fragiles System, mit dem die ethnisch-religiöse Gewalt hätte eliminiert werden können. Wir hatten ein Übereinkommen, das der Präsident (Obama, Anm. d. Red.) hätte unterschreiben können. Damit wären 10'000 Soldaten zurückgeblieben, weniger als wir in Südkorea haben, die im Irak Stabilität und damit die Voraussetzung für Fortschritt im Irak geschaffen hätten. Das Gegenteil trat ein. Die Lücke wurde sofort geschlossen. Schauen Sie, Sie können die Geschichte umschreiben, so lange Sie wollen. Die Tatsache ist, dass die Lage wesentlich unsicherer ist, weil Amerika sich zurückzog.»
Damit wendete sich Bush ab, das Gespräch war beendet. Doch der hitzige Austausch wurde gefilmt und schaffte es in die nationalen Medien.
Ivy Ziedrichs verbaler Schlagabtausch mit Jeb Bush an einem Townhall-Meeting in Reno, Nevada (13.05.2015).YouTube/Rodolfo Long Auch in den Sozialen Medien schlug die Geschichte wie eine Bombe ein. Ziedrich erntet dort viel Zuspruch, aber bei den Reizthemen Irak/Bush unweigerlich auch Kritik.
Zum Vorwurf, sie selbst habe sich gegenüber Jeb Bush aggressiv verhalten, sagte Ziedrich der New York Times: «Ich werde immer nervös, wenn ich mit einer Autoritätsperson spreche, und er will Präsident werden. Aber ich wollte sicher nicht respektlos sein.» Ziedrich ist Demokratin, wuchs aber in einem republikanischen Haushalt auf.
Bereits Anfang Woche hatte Bush Mühe mit dem politischen Erbe seines Bruders bekundet. Auf die Frage von Fox-News-Anchor Megyn Kelly, ob er nach heutigem Wissensstand damals die Irak-Invasion befohlen hätte, antwortete er zum grossen Erstaunen – auch von Republikanern – mit Ja.
Am Donnerstag ruderte er zurück und erklärte, die Frage missverstanden zu haben. Weil er als Gouverneur von Florida vielen Angehörigen die traurige Nachricht vom Tod eines Soldaten überbringen musste, falle es ihm nicht leicht, den Irakkrieg als Fehler zu bezeichnen.
Abzug aus dem Irak
Das Abkommen über den vollständigen US-Truppenabzug aus dem Irak bis 2011, das sogenannte U.S.–Iraq Status of Forces Agreement, hatte der damalige US-Präsident George W. Bush kurz vor Ende seiner Präsidentschaft 2008 unter Dach und Fach gebracht. 2010 begann sein Nachfolger Barack Obama mit den Verhandlungen über ein neues Abkommen, das auch nach 2011 eine Truppenpräsenz von 3000 bis 5000 Soldaten ermöglicht hätte. Es scheiterte an der irakischen Weigerung, US-Truppen Immunität zuzusichern.
Damalige US-Regierungsvertreter sagten hinter vorgehaltener Hand, dass die Obama-Regierung eine Mitschuld an dem Scheitern trägt, weil sie die Iraker in der Immunitätsfrage in die Ecke drängten.
No Components found for watson.appWerbebox.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Nach dem Ausbruch des Vulkans Ruang in Indonesien haben die Behörden die höchste Alarmstufe ausgegeben und vor einem möglichen Tsunami gewarnt.
Der 725 Meter hohe Feuerberg im Sangihe-Archipel nördlich von Sulawesi hat in den vergangenen Tagen mehrmals bis zu 3000 Meter hohe Wolken aus Asche und Gestein in den Himmel geschleudert. Wegen der Eruptionen drohen Teile der Vulkaninsel ins Meer zu stürzen. Mittlerweile wurde die höchste Alarmstufe ausgegeben. Tausende Menschen wurden in Sicherheit gebracht.