In der Case-Western-Reserve-Universität in Cleveland trafen sich in der Nacht auf Mittwoch US-Präsident Donald Trump und sein demokratischer Herausforderer Joe Biden zu einer ersten TV-Debatte. Moderiert wurde der Schlagabtausch vom 72-jährigen Fox-News-Moderator Chris Wallace. Damit komplettierte er den Ü-70er-Club der weissen Männer, der über die Zukunft der Weltmacht debattierte.
Sechs Themen waren zuvor angekündigt worden. Sie stammten, wie auch die Fragen, aus der Feder des überraschend neutralen Chris Wallace:
Zur Überraschung streute Wallace noch ein siebtes Thema ein: den Klimawandel.
Gleich zu Beginn machte Präsident Trump klar, dass er sich nicht auf Diskussionen einlassen will. Er rief dazwischen, unterbrach und pöbelte wie ein ungehobelter Fussballfan in der hintersten Reihe. Die Taktik ging zu Beginn auf und Trump konnte verhindern, dass auch nur ansatzweise ein vernünftiges Gespräch entstand. Moderator Wallace hatte seine liebe Mühe, ihn im Zaum zu halten. 90 Minuten später nannte er die erste Debatte zynisch lachend eine «interessante Erfahrung». Andere waren weniger gnädig und glauben gar, dass Massnahmen gegen die «Gesprächskultur ergriffen werden müssen».
Rich Lowry on tonight's debate: “I wouldn't be surprised if there's not another presidential debate in this cycle. At the very least, I think the presidential debate commission has to consider cutting off the mics.” #Debates2020 pic.twitter.com/awLONyxGa9
— NBC News (@NBCNews) September 30, 2020
Repräsentativ für die ersten chaotischen Minuten steht ein Schlagabtausch zwischen Chris Wallace und Donald Trump. Vereinbart war, dass jeder Kandidat zwei Minuten freie Redezeit erhielt. Danach wurde die Diskussion geöffnet – was sofort in einer verbalen Rauferei ausartete.
Trump versuchte bis zum Schluss, die Niederschrei-Taktik aufrechtzuerhalten. Es gelang ihm zunehmend schlechter – trotzdem musste er auch kurz vor Schluss noch einmal ermahnt werden.
Moderator Chris Wallace to Trump as he repeatedly interrupts Biden: “Your campaign agreed that both sides would get 2 minute answers uninterrupted … why don’t you observe what your campaign agreed to?”
— ABC News (@ABC) September 30, 2020
Biden: “He never keeps his word.” https://t.co/5Bl4Ob3O2t #Debates2020 pic.twitter.com/r5YbOFE5Gq
Obwohl die erste Debatte (wie erwartet) dem Zuschauer keine oder nur sehr marginale inhaltliche Aufklärung lieferte, war sie nicht frei von Highlights. Wir haben sie gesammelt:
Wer geglaubt hatte, dass Joe Biden aufgrund von Trumps Aggressivität in den Debatten untergehen würde, sah sich schnell eines Besseren belehrt. Biden teilte aus. Und wie:
I like Joe. He says it like it is 🤣 #PutinsPuppy #Debates2020 #BidenHarris2020 pic.twitter.com/WS1JHPQN6a
— s u p (@braddahh_) September 30, 2020
“Your the worst president America’s ever had”
— YA FAV ♓️ (@Yafav_Petty) September 30, 2020
Biden wasn’t playing with Trump tonight 😂😂😂#Debate2020 pic.twitter.com/RbH9VeEocp
Beim ersten Mal war es noch kaum hörbar, beim zweiten Mal aber war es sehr eindeutig: Joe Biden nannte Präsident Trump einen Clown. Beim zweiten Mal entschuldigte er sich danach artig. Die Szene steht stellvertretend für die gesamte Art der Debatte: Biden versucht zu erklären, Trump unterbricht, Wallace versucht die Ordnung zu wahren.
Biden calling trump a clown on live tv is the only bright spot of 2020 lmaoo pic.twitter.com/wM7peqy59T
— John (@iam_johnw) September 30, 2020
Joe Biden on President Trump holding large rallies amid a pandemic: “He’s not worried about the people out there … he’s been totally irresponsible the way he has handled the social distancing and people wearing masks, basically encouraging them not to.” https://t.co/5Bl4Ob3O2t pic.twitter.com/8q8MDVTCkV
— ABC News (@ABC) September 30, 2020
Moderator Wallace musste ein bisschen lachen, als Trump schlagfertig Bidens Wahlkampfveranstaltungen lächerlich machte: «Er macht keine grossen Veranstaltungen, weil niemand auftauchen würde.»
Sich auf einen Bericht der «New York Times» beziehend, stellte Wallace die Frage, ob Donald Trump während zweier Jahre (2016 und 2017) nur 750 Dollar Einkommenssteuern bezahlte habe. Dieser widersprach.
Chris Wallace: "Is it true that you paid $750 in federal income taxes each of those two years?"
— CSPAN (@cspan) September 30, 2020
President Trump: "I paid millions of dollars in taxes..."
Joe Biden: "Show us your tax returns."#Debates2020 #debates pic.twitter.com/U7GbnCnKrD
Joe Biden wirkte verschiedentlich sprachlich nicht sehr gewandt. Als Kind stotterte er. Gut möglich, dass Trump mit seiner Aggressivität darauf abzielte, Bidens Sprachfähigkeit zu testen. Während Trump-Wähler Bidens Holperer als senil auslegen, glauben Demokraten, es handle sich dabei um Überbleibsel aus seiner Jugend.
Joe Biden is not stupid. He has a stutter for crying out loud. It’s well-documented. It’s my belief that Trump keeps interrupting him to try to trigger it, because he’s a horrible person who thrives on chaos and attacking others.
— Michelle #BlackLivesMatter (@SoSofieFatale) September 30, 2020
I get anxiety when Biden trips over his words. I know he has a stutter but I also know how they’ll twist it.
— basseyworld (@Basseyworld) September 30, 2020
Biden didn’t stutter enough for me. He was definitely on some drugs.
— Lathan🇺🇸 (@AhmadLathan) September 30, 2020
"It's about equity and equality. It's about decency," Joe Biden says on dealing with issues of race in the US. "And we have never walked away from trying to require equity for everyone, equality for the whole of America. But we've never accomplished it" #Debates2020 pic.twitter.com/qbdKNxiUmg
— Anderson Cooper 360° (@AC360) September 30, 2020
this country is a joke pic.twitter.com/emGsITRoXh
— famous (@eatvope) September 30, 2020
Als der Präsident aufgefordert wird, sich ganz klar von Rechtsextremen zu distanzieren, windet er sich ohne eindeutiges Zugeständnis aus der Situation heraus.
Was im Geplapper beinahe untergeht: Trump richtet sich direkt an die «Proud Boys» – die «stolzen Jungs». Das ist eine rechtsradikale und neofaschistische Gruppe, die Gewalt predigt. Er ermahnt sie, sich «bereit zu halten» – «stand by». Jemand müsse schliesslich «etwas gegen die Antifa unternehmen.» Deeskalation geht anders.
Chris Wallace: "Are you willing, tonight, to condemn white supremacists and militia groups and to say that they need to stand down..."
— Axios (@axios) September 30, 2020
Trump: "Proud Boys, stand back and stand by! But I'll tell you what, somebody's got to do something about antifa and the left." pic.twitter.com/4vrPocKzcu
Fox-News-Moderator Chris Wallace ging erstaunlich hart mit dem Präsidenten ins Gericht. Und er erzwang ein Geständnis, das man so von Donald Trump noch nicht kannte.
President Trump points to forest management as the cause of the wildfires in the West, but avoids specifics on his climate change beliefs. #Debates2020 https://t.co/McrHYPnMbj pic.twitter.com/EIBsZYXZ1W
— CNBC (@CNBC) September 30, 2020
Beunruhigend sind Trumps Äusserungen zum Ausgang der Wahlen. Ein klares Vertrauensvotum zu den Instrumenten der amerikanischen Demokratie sind sie nicht. Und er weigert sich, seine Anhänger aufzufordern, friedlich zu bleiben.
President Trump raises concerns when asked if he'll accept the results of the election.
— NBC Bay Area (@nbcbayarea) September 30, 2020
Continuing coverage of the first presidential debate: https://t.co/mKORr1Q0nC #Debates2020 pic.twitter.com/EJqnqUfNfJ
EARLIER: First Lady Melania Trump and Dr. Jill Biden join their husbands at the conclusion of the first presidential debate. #Debates2020 pic.twitter.com/BYOqmdV6J3
— The Hill (@thehill) September 30, 2020