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Wie bitter wird die München-Rede von Trumps Vize für Europa?

U.S. Vice President JD Vance and second lady Usha Vance, with their children Ewan, Vivek, and Mirabel, wave as they arrive at the Munich airport, in Munich, Germany, Thursday, Feb. 13, 2025. (AP Photo ...
US-Vizepräsident J.D. Vance bei seiner Ankunft in München.Bild: keystone

Wie bitter wird die München-Rede von Trumps Vize für Europa?

14.02.2025, 07:4814.02.2025, 07:48
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Es ist der mit Abstand wichtigste Auftritt bei dieser Münchner Sicherheitskonferenz: Es sind nur 30 Minuten, die der Stellvertreter von US-Präsident Donald Trump heute Nachmittag (14.30 Uhr) auf der Hauptbühne im Hotel Bayerischer Hof stehen wird. Aber die werden es in sich haben.

Vizepräsident J.D. Vance ist nach München gekommen, um den europäischen Bündnispartnern den aussen- und sicherheitspolitischen Kurs der neuen US-Regierung zu erläutern. Er dürfte einige bittere Wahrheiten parat haben.

Ukraine-Krieg: «Schmutziger Deal» mit Putin?

Trump hat die Stimmung zwischen den USA und Europa schon vor der Konferenz auf einen Tiefpunkt befördert. Erst hat er die EU mit der Ankündigung von Strafzöllen auf Stahl und Aluminium brüskiert. Dann hat er einen Teil seiner Verbündeten mit seinem aufsehenerregenden Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin und einem unabgestimmten Verhandlungsangebot auf die Barrikaden gebracht. «Schmutziger Deal» hat die EU-Aussenbeauftragte Kaja Kallas das genannt und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warnt vor einem «Diktatfrieden».

KEYPIX - U.S. Vice President JD Vance enters the Dachau Concentration Camp Memorial Site outside Munich, Germany, Thursday, Feb. 13, 2025. (AP Photo/Matthias Schrader)
Vance besichtigte gestern das KZ in Dachau.Bild: keystone

Das dürfte Vance wohl kaum dazu bewegen, in irgendeiner Weise einzulenken. Die Frage ist aber, ob er die bereits bekannten US-Vorstellungen von einer Friedenslösung weiter ausformuliert und inwieweit er die Europäer in die Pflicht nimmt – zum Beispiel bei der Sicherung eines Waffenstillstands mit einer Friedenstruppe. Selenskyj wurde in der Nacht – wenige Stunden nach der Ankunft von Vance – in München erwartet. Die beiden haben sich für Freitag zu einem Gespräch verabredet.

Trumps rätselhafte Ankündigung: Kommt Russland nach München?

Es könnte aber auch noch zu einer richtig dicken Überraschung kommen. Es werde in München ein Treffen mit «hochrangigen Vertretern aus Russland, der Ukraine und den Vereinigten Staaten» geben, kündigte Trump am Donnerstag an, ohne Details zu nennen. Bisher ist Russland aber gar nicht zur Sicherheitskonferenz (MSC) eingeladen. Die Ankündigung Trumps bleibt damit erstmal ein Rätsel. Von der MSC gab es dazu zunächst keine Stellungnahme.

Trump wollte sich auch nicht festlegen, welche Zugeständnisse er von Russland zur Beendigung des Angriffskrieges gegen die Ukraine fordern würde. Auf die entsprechende Frage eines Journalisten liess sich der Republikaner auf eine ausführliche Antwort ein und schob seinen Amtsvorgängern eine Mitschuld am Gebietsverlust der Ukraine zu, vermied jedoch eine klare Stellungnahme.

FILE - U.S. President Donald Trump shakes hands with Russian President Vladimir Putin at the end of a news conference at the Presidential Palace in Helsinki, Finland, on July 16, 2018. (AP Photo/Alexa ...
Vor diesem Handschlag fürchtet sich die Ukraine.Bild: keystone

«Was die Verhandlungen angeht, so ist es zu früh, um zu sagen, was passieren wird», sagte der Republikaner während einer Pressekonferenz mit Indiens Premierminister Narendra Modi in Washington. «Vielleicht wird Russland eine Menge aufgeben. Vielleicht auch nicht.» Die Verhandlungen hätten bisher nicht begonnen, sagte Trump. Ihm gehe es darum, den Krieg schnell zu beenden.

Gleichzeitig betonte er, dass ein Nato-Beitritt der Ukraine nicht Teil einer möglichen Lösung sein könne, da Russland dies «niemals akzeptieren würde». Seiner Ansicht nach sei sich die Ukraine dessen bewusst. «Ich denke, so wird es sein müssen», sagte Trump.

Truppenabzug aus Europa: Zehntausende Soldaten weniger?

Doch gibt neben dem Ukraine-Krieg noch eine ganze Reihe weiterer Themen, bei denen die Europäer während der Rede von Vance zusammenzucken könnten.

Spekuliert wird darüber, dass er einen Abzug amerikanischer Truppen aus Europa ankündigen könnte. In Reaktion auf Russlands Vorgehen gegen die Ukraine hatte Trumps Vorgänger-Regierung von Präsident Joe Biden mehr als 20'000 zusätzliche Soldaten über den Atlantik geschickt und damit die Zahl der US-Truppen in Europa auf mehr als 100'000 erhöht.

In der Nato wird damit gerechnet, dass Trump die Zahl relativ schnell auf das Vorkriegsniveau reduzieren lässt – wenn nicht sogar noch deutlich stärker. Als wahrscheinlich gilt zum Beispiel, dass Soldaten der 82. US-Luftlandedivision in ihre Heimat zurückkehren, die zuletzt insbesondere zur Abschreckung und Sicherung der Nato-Ostflanke eingesetzt waren.

Verteidigungsausgaben: Showdown im Juni?

Trump hat zuletzt mehrfach gefordert, dass jeder europäische Alliierte künftig fünf Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben sollte. Bislang hat er allerdings nicht gesagt, ab wann er Ausgaben in dieser Höhe erwartet. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz könnte es mehr Klarheit geben – auch mit Blick darauf, wann ein neues Nato-Ziel für die Verteidigungsausgaben vereinbart werden soll. Als wahrscheinlich gilt, dass Trump eine Entscheidung spätestens beim Nato-Gipfel im Juni will.

Strafzölle: Was ist mit den deutschen Autos?

Kommen die befürchteten Sonderzölle auf Autoimporte und zahlreiche andere Güter? Oder bleibt es vorerst doch bei den schon angekündigten Extraabgaben auf Stahl- und Aluminiumprodukte? Das ist eine weitere Frage, die die Europäer in diesen Tagen umtreibt.

Bei der Sicherheitskonferenz war die Handelspolitik von Trump bereits in der ersten Amtszeit von Trump ein grosses Thema gewesen. 2019 kritisierte die damalige Kanzlerin Angela Merkel in München Planungen der US-Regierung, europäische Fahrzeuge als Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA einzustufen und damit die Grundlage für Zölle zu schaffen. Gleichzeitig warb sie letztlich erfolgreich für Verhandlungen, um einen Handelskrieg anzuwenden.

G7: Kommt Putin zurück in eine G8?

2014 wurde Russland nach der Annexion der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim aus der Runde der führenden westlichen Wirtschaftsnationen (G8) verbannt – die Gruppe wurde wieder zur G7. Trump spricht sich nun dafür aus, wieder mit Kreml-Chef Wladimir Putin zu tagen. Lässt er seinen Stellvertreter für die Rückkehr zum G8-Format werben?

Vance trifft Merz – Scholz kommt erst später

Vance wird in München auch einige Gesprächspartner von deutscher Seite haben. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) hat als erster bekanntgegeben, dass er sich mit dem Amerikaner trifft. Es wird erwartet, dass es auch ein gemeinsames Gespräch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) mit dem US-Vizepräsidenten geben wird. Kanzler Olaf Scholz (SPD) wird dagegen erst am Samstag in München erwartet – wenn Vance schon abgereist ist. (pre/sda)

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145 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Yolo
14.02.2025 08:22registriert Mai 2015
Ich kann die ganze Medienhysterie nicht nachvollziehen. Nüchtern betrachtet haben die Amerikaner recht. Europa tut zu wenig für seine eigene Sicherheit, und das hat schon zu Obamas gesagt. Ich bin überhaupt kein Fan von Trump und schon gar nicht davon, wie er mit Verbündeten und Feinden umgeht. Im Kern hat er leider Recht, was die Sicherheit betrifft. Europa kann sich nicht alleine verteidigen, geschweige denn Despoten wie Putin überzeugend abschrecken. Es fehlt an allem. Und nach drei Jahren Krieg in der Ukraine ist Europa kaum vorangekommen. Auf die Amis können wir uns nicht mehr verlassen.
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En Espresso bitte
14.02.2025 08:29registriert Januar 2019
Vielleicht wird ja die Rede zum bitteren (bzw. bitter nötigen) Erweckungsmoment, dass Europa keine Rückendeckung durch die USA mehr erwarten kann und sich endlich selbst positioniert?
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Firefly
14.02.2025 08:59registriert April 2016
Es ist also wie mit Putin, Bündnisse sind nicht das Papier mehr wert auf dem sie geschreiben sind.

Die Ironie an der ganzen Sache ist ja auch noch, dass der einzige Bündnisfall der NATO, wo alle einsprangen, gemäss NATO Vertrag, 9/11 war, als die USA angegriffen wurde. Aus allen Ländern Europas gingen Soldaten nach Afganistan und halfen den USA die Terroristen zu jagen.

Und nun lässt die USA Europa fallen. Dafür gibts eigentich nur einen Begriff. Verrat.
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