Geld für Iran – Öl für Europa: Wenn der neue Vertrag unterschrieben wird, kann der Iran mit Milliardeneinnahmen aus dem Ölexport rechnen. Mittelfristig könnte iranisches Öl helfen, Europa aus der Abhängigkeit von Russland zu befreien. Gegner des Abkommens kritisieren aber, das geplante Abkommen sei löchrig; mit dem Geld aus Ölexporten könnte der Iran den Nahen Osten destabilisieren.
Gemäss der diplomatischen Choreographie bei den Wiener Atomverhandlungen waren der Iran und die USA seit Juli aufgerufen, den Vertragsentwurf der EU zu bewerten, die bei den Wiener Gesprächen vermittelt. Nachdem der Iran vorige Woche geantwortet hatte, schickten jetzt auch die USA ihre Stellungnahme an die EU. Details sind nicht bekannt. Sowohl Teheran als auch Washington betonen aber, sie hätten die jeweils andere Seite zu Kompromissen bewegt.
Zugeständnisse des Iran hätten die Gespräche vorangebracht, sagte John Kirby, Sprecher des US-Sicherheitsrates. Die USA wollen nach Angaben aus Regierungskreisen keine nennenswerten Positionen aufgegeben haben. Dagegen sagte Mohammed Marandi, ein Berater der iranischen Verhandlungsdelegation in Wien, Teheran habe bei den Gesprächen «Ausserordentliches» erreicht.
Nach diesen öffentlichen Siegesmeldungen wäre für Teheran und Washington ein Nein zum EU-Vorschlag jetzt nur noch schwer zu begründen. Ein gemeinsamer Lenkungsausschuss bei den Wiener Verhandlungen könnte in den kommenden Tagen letzte Details klären, anschliessend wäre das Abkommen zur Unterschrift durch die Aussenminister der beteiligten Staaten bereit. US-Sprecher Kirby sagte, die Gesprächspartner seien näher an einer Einigung als noch vor zwei Wochen.
Die USA und Europa wollen ein neues Abkommen, um den Bau einer iranischen Atombombe unmöglich zu machen. Nachdem Amerika unter Donald Trump 2018 aus dem damals bestehenden Atomvertrag ausgetreten war, begann der Iran mit einer erhöhten Urananreicherung und könnte heute nach Expertenschätzung innerhalb weniger Wochen genügend Material für eine Bombe erzeugen. Trumps Nachfolger Joe Biden will eine neue Vereinbarung, um diese Frist auf ein halbes Jahr auszuweiten.
Der Iran ist an einem neuen Vertrag interessiert, weil die westlichen Sanktionen die Wirtschaft des Landes zerrüttet haben. Sollten die Sanktionen enden, könnte der Iran auf mehr als 100 Milliarden Dollar an Auslandsvermögen zugreifen, die derzeit eingefroren sind. Mit dem Geld könnte Teheran den Staatshaushalt sanieren und die Inflation bekämpfen, schrieb Bijan Khajepour von der Beraterfirma Eurasian Nexus Partners in einer Analyse für die Nachrichten-Seite Amwaj.
Zudem könnte der Iran ungehindert Öl verkaufen. Mehr als 100 Millionen Barrel (je 159 Liter) Öl lagern nach Schätzung der Firma Kpler, die den Energiemarkt beobachtet, in iranischen Vorratstanks und auf Schiffen und könnten schnell auf den Markt gebracht werden. Gleichzeitig könnte der Iran mehr Öl fördern. Der weltweite Ölpreis würde dann weiter fallen, und Europa könnte iranisches Öl kaufen, um die Öleinfuhr aus Russland zu senken. Opec-Plus, ein Kartell der grossen Ölproduzenten unter Führung von Saudi-Arabien und Russland, plant für den Fall einer Einigung im Atomstreit eine Drosselung der Fördermengen, um den Preis nicht zu weit sinken zu lassen.
Ein Verhandlungserfolg in Wien wäre jedoch keine Garantie für einen Abbau der Spannungen zwischen dem Iran und seinen regionalen Gegnern im Nahen Osten. Der israelische Ministerpräsident Yair Lapid nannte den Vertragsentwurf einen «schlechten Deal». Mit dem geplanten Abkommen werde der Iran viel Geld erhalten, mit dem er die Region weiter destabilisieren könnte. Israel bezweifelt, dass Teheran mit Verträgen vom Bau einer Atombombe abgebracht werden kann. Iran-Kritiker im US-Kongress machen ebenfalls mobil. Der republikanische Senator Ted Cruz warf Biden vor, er wolle «dem Iran ein nukleares Arsenal verschaffen».
Wegen der Bedenken im Nahen Osten und in Washington demonstriert die US-Regierung ihre Entschlossenheit, trotz der möglichen Einigung mit Teheran im Atomstreit gegen die aggressive iranische Aussenpolitik vorgehen zu wollen. In den vergangenen Tagen griffen US-Kampfflugzeuge in Syrien ein Munitionsdepot von Milizen an, die nach US-Angaben von der iranischen Revolutionsgarde unterstützt werden. Die pro-iranischen Kämpfer antworteten mit Raketenbeschuss auf eine Stellung der US-Truppen. Der Iran erklärte, er habe nichts mit den von den USA angegriffenen Gruppen zu tun. (bzbasel.ch)
Wenn der Iran der ungleich grösser und vernetzter ist eine Atombombe bauen will wird er es tun.
Ein Abkommen ist die einzige Möglichkeit es vielleicht zu verhindern.