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US-Studie: «Sanktionen wirken verheerend auf Russlands Wirtschaft»

US-Studie: «Sanktionen wirken verheerend auf Russlands Wirtschaft»

Der Kreml behauptet gern, die Sanktionen schadeten dem Westen mehr als Russland. US-Forscher entlarven das jetzt als Lüge.
27.07.2022, 14:4727.07.2022, 14:47
Martin Küper / t-online
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epa10086117 The Russian flag flies atop the Russian Central Bank's headquarters in Moscow, Russia, 22 July 2022. The central bank's Board of Directors decided to cut the key rate by another  ...
Unter Druck: Die russische Wirtschaft.Bild: keystone
Ein Artikel von
t-online

Während Deutschland aufgeregt über ausbleibende Gaslieferungen diskutiert und mit Sorge an den Winter denkt, scheint die russische Wirtschaft die westlichen Sanktionen bislang gut zu verkraften. Wirtschaftswissenschaftler der renommierten US-Universität Yale warnen jetzt aber davor, den offiziellen Zahlen aus Moskau zu trauen.

«Seit dem Überfall auf die Ukraine lässt der Kreml ungünstige Wirtschaftsdaten immer häufiger unter den Tisch fallen und veröffentlicht vor allem solche, die seine Linie stützen», schreiben die Forscher im Fachmagazin «Social Science Research Network». «Die Annahme, die russische Wirtschaft sei besonders widerstandsfähig, ist schlicht eine Lüge».

Produktion in Russland «komplett zum Stillstand gekommen»

Für ihre Studie haben die Fachleute Informationen zusammengetragen, die nicht vom russischen Staat veröffentlicht werden: Daten zum Schiffsverkehr und zum individuellen Konsum, aber auch Einschätzungen von Russlands internationalen Handelspartnern und Wirtschaftsprüfern. «Aus der Analyse dieser Daten geht hervor: Der Rückzug internationaler Firmen und die Sanktionen wirken verheerend auf die russische Wirtschaft», schreiben die Forscher.

Johnson, Trudeau und von der Leyen witzeln über Putin

Video: watson

So sei die heimische Produktion in Russland «komplett zum Stillstand gekommen» und habe nicht die Kapazitäten, «verlorene Firmen, Produkte und Talente» zu ersetzen. Die mehr als 1'000 abgewanderten ausländischen Unternehmen hätten bislang allein etwa 40 Prozent zum russischen Bruttoinlandsprodukt beigetragen. Den Rückzug von McDonald's und Co. koste Russland beinahe soviel, wie in den vergangenen drei Jahrzehnten an ausländischen Investitionen ins Land floss, so die Forscher.

«Um die Finanzen des Kreml steht es sehr viel schlechter»

Auch Russlands strategisch wichtige Rolle als Exporteur von Rohstoffen sei «unwiederbringlich dahin»: Nach dem Verlust seines Hauptmarktes für Erdgas im Westen müsse das Land jetzt aus einer Position der Schwäche heraus Handel betreiben und stehe vor gewaltigen Problem bei der Neuausrichtung seiner Energieexporte in Richtung Asien. Gleichzeitig seien die Importe nach Russland – trotz mancher Schlupflöcher bei den Sanktionen – «weitgehend eingebrochen»; der Mangel an wichtigen Komponenten und Technologien führe zu grossen Versorgungsengpässen in der heimischen Wirtschaft, heisst es in der Studie.

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Viele Russen decken sich aufgrund der unsicheren Lage mit größeren Mengen an Lebensmitteln ein. Zudem erklärt der Kreml, hätten einzelne Personen tonnenweise Nahrungsmittel erstanden ...
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Kremlchef Putin sei gezwungen, die strukturellen Schwächen der russischen Wirtschaft mit Staatsgeld zu überdecken und habe den Haushalt damit erstmals seit Jahren ins Minus getrieben. Gleichzeitig schrumpften die russischen Reserven an US-Dollar und Euro trotz hoher Energiepreise weiter: «Um die Finanzen des Kreml steht es sehr viel schlechter als bislang angenommen», bemerken die Forscher. Und auf Rettung durch den heimischen Finanzmarkt müsse Putin dabei nicht hoffen.

«Kein Finanzmarkt der Welt entwickelt sich derzeit so schlecht wie der russische und der Ausschluss von den internationalen Finanzströmen begrenzt die Möglichkeiten des Staates, dringend benötigtes Geld in die schwächelnde Wirtschaft zu pumpen», heisst es in der Studie weiter. Aus ihren Erkenntnissen leiten die Forscher auch politische Handlungsempfehlungen ab: «Solange die westlichen Regierungen geeint sind und den Sanktionsdruck aufrecht erhalten, gibt es für Russland auf absehbaren Zeit keinen Weg heraus aus dem wirtschaftlichen Niedergang».

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169 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Daniel Pünter
27.07.2022 15:56registriert April 2021
Da die russische Mafia-Wirtschaft nur Rohstoffe "produzieren" kann, wird sie über kurz oder lang implodieren.

Ein Zeichen das dazu passt ist der Rückzug bei der ISS. Ein anderes das "Täubelen" um die Turbine und den Weizen-Export, was beides mit den Sanktionen verknüpft wird.

Also, zusammenhalten gegen den Paten Putin.
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Hierundjetzt
27.07.2022 16:18registriert Mai 2015
Die nicht mehr bedruckten Joghurtbecher sind nur feine Vorboten (sie stehen weiss im Russischen Migros) eines gewaltigen Sturm.

Ohne diese eine Farbe brauchts eben auch keine Druckerei, Grafiker, LKW-Fahrer. Ohne das ich weiss was drin ist, kauf ichs auch nicht. Es braucht weniger Fabrikpersonal, LKW Fahrer, Bauern, Milch, Futter….

Im Herbst sind die Russischen Lager leer.

Ich kann eine Pullover anziehen im Winter, weil meine Firma weiterhin produziert, wohingegen in Russland nichts mehr ist und wird
14913
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MARC AUREL
27.07.2022 17:08registriert Dezember 2014
Hart bleiben und am besten noch mehr sanktionieren wo es nur geht!!!
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    Trumps republikanische «Zombies» greifen an
    Die Republikaner wollen ein Gesetz durch den Kongress peitschen, das die Armen noch ärmer macht.

    In den Nullerjahren prägten einige Ökonomen den Begriff «Sado-Monetaristen». Darunter verstanden sie diejenigen ihrer Zunft, die auf Teufel komm raus sparen wollten, weil sie sonst den Untergang des Abendlandes befürchteten. In der deutschen Austeritätspolitik nach der Eurokrise fand die Politik der Sado-Monetaristen ihren Höhepunkt.

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