Die Worte des Präsidenten Xi Jinping könnten klarer nicht sein: China wird in Zukunft keine Kohlekraftwerke im Ausland mehr bauen und stattdessen «die Unterstützung von Entwicklungsländern bei der Entwicklung grüner und kohlenstoffarmer Energie verstärken». Damit folgt China radikal einem Kurs, den ein Jahr zuvor bereits Japan und Südkorea etwas abgeschwächt eingeschlagen haben.
Das Ausmass dieser Ankündigung lässt sich für den Laien kaum einschätzen, es ist aber enorm. China finanziert weltweit mit Abstand die meisten Kohlekraftwerke. Aktuell sind es Projekte im Umfang von 53,1 Gigawatt (GW). Zum Vergleich: Japan und Südkorea auf den weit abgeschlagenen Plätzen zwei und drei haben 21,3 und 9,6 GW zu verantworten. Zweiter Vergleich. Die Leistung aller Braun- und Steinkohlekraftwerke in Deutschland beträgt mit 43,9 Gigawatt deutlich weniger.
Japan und Südkorea haben die Schrauben bei der Finanzierung ausländischer Kohlekraftwerke bereits angezogen. Das zeigt sich in der Statistik der geplanten Finanzierung von ausländischen Kohlekraftwerken. Die Dominanz Chinas in der Sparte fällt deshalb noch eindrücklicher aus. Oder in anderen Worten: Es sieht aktuell danach aus, als würde China fast im Alleingang die weltweite Kohlestromindustrie finanzieren. Das kann nicht im Interesse der immer mehr auch auf Image bedachten Führung in Peking sein.
Ob Xi Jinpings Ankündigung auch für Projekte gilt, deren Finanzierung bereits zugesichert wurde, bleibt aufgrund seiner Rede unklar. Ein kleines Rechenspiel sei indes erlaubt: Das Hamburger Kohlekraftwerk Moorburg verfügt über eine Leistung von 1,6 GW und produziert bei 7500 Volllaststunden 11,5 TWh elektrische Energie. Dabei entstehen 8,7 Millionen Tonnen CO2. Stülpt man diese Daten über die China-Projekte – in der Annahme, die geplanten Kohlekraftwerke in Bangladesch und Madagaskar entsprechen dem Ausbaustand des deutschen Kraftwerks –, so kann man resümieren: China finanziert mit den geplanten 56,14 GW 305 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr. Das ist so viel Kohlendioxid, wie ganz Nigeria produziert. Oder Taiwan.
Sollte es dazu kommen, dass bereits gesprochene Gelder zurückgezogen werden, könnte das vor allem Bangladesch hart treffen. Dort sind in absehbarer Zukunft Projekte im Umfang von fast 14 GW geplant. Auch Vietnam (9,2 GW) und Indonesien (7,1 GW) müssten sich nach neuen Lösungen umschauen.