Das Geld wäre da. Und zwar reichlich. Der britische Ölriese Shell etwa konnte für das vergangene Jahr einen Gewinn von rund 40 Milliarden US-Dollar vermelden. Ein Rekord, den die massiv angestiegenen Energiepreise infolge des russischen Angriffskriegs möglich machten.
Doch statt diese Profite in den Umbau des fossilen Geschäftsmodells zu investieren, bediente Shell zuerst die Aktionäre und trug seinen Schuldenberg ab. So sieht es jedenfalls die Umweltschutzorganisation Greenpeace, die die Nachhaltigkeitsversprechen der zwölf grössten Ölkonzerne der Welt unter die Lupe genommen hat.
Dabei hat Greenpeace errechnet, dass die Firmen den Löwenanteil der letztjährigen Profite nicht reinvestiert haben. «Stattdessen flossen sie in höhere Dividenden und Aktienrückkäufe», so Greenpeace. Gleichzeitig hätten die Firmen ihre Klima-Ambitionen zurückgefahren. Nur 7.3 Prozent (6.5 Milliarden Euro) der Investitionen seien in die nachhaltige Energieproduktion geflossen. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass gemäss dem Bericht nur 0.3 Prozent der Energieleistung aller Firmen aus nachhaltiger Elektrizität stammte.
Tatsächlich möchten Ölgiganten wie Shell, BP und Total Energies bis 2050 klimaneutral werden. Hier setzt Greenpeace jedoch ein grosses Fragezeichen: «Schaut man genauer hin, zeigt sich, dass keines der Unternehmen einen kohärenten Plan bereit hat, um dieses Ziel zu erreichen.» Statt in erneuerbare Energien zu investieren, fokussiere die strategische Planung auf CO2-Speichertechnologie - aus der Sicht von Greenpeace eine falsche Prioritätensetzung. Mehr noch: Die Branche betreibe «Greenwashing», kritisieren die Umweltschützer. «Der Graben zwischen den PR-Behauptungen und der Realität wird immer grösser.»
Die Konzerne selbst sehen es naturgemäss anders. BP beispielsweise hat vor drei Jahren angekündigt, sich von einer «internationalen Ölfirma zu einem integrierten Energieunternehmen» zu wandeln. Anfang dieses Jahres legte BP einen Zwischenbericht vor. Demnach läuft alles nach Plan, man wolle die Investitionen gar weiter hochfahren.
BP-Chef Bernard Looney betonte im Bericht, dass die letzten drei Jahre gezeigt hätten, dass die Welt sichere, bezahlbare und emissionsarme Energie brauche, was er als «Trilemma» bezeichnete. «Um das zu erreichen, braucht es Anstrengungen. Gleichzeitig muss diese Transition ordentlich verlaufen, damit günstige Energie dahin fliessen kann, wo sie benötigt wird», so Looney.
Dass BP nichts überstürzen möchte, hat mit dem weiterhin stark von fossiler Energie geprägten Geschäftsmodell zu tun. Schliesslich verkauft der Konzern noch immer hauptsächlich Erdölprodukte. Dies zeigt sich in den eigenen Nachhaltigkeitskennzahlen. Der ökologische Fussabdruck der verkauften BP-Produkte stagniert seit Jahren, während beim Betrieb, bei der Produktion und beim Methanausstoss nicht unerhebliche Reduktionen erreicht wurden. Die Frage ist also, ob die Branche tatsächlich mit anderen Energieträgern Geld verdienen will - und kann. (bzbasel.ch)