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Beschert Macron der Atomkraft in Europa ein Comeback?

French President Emmanuel Macron arrives for a media conference at an EU summit in Brussels, Friday, Oct. 22, 2021. European Union leaders concluded a two-day summit on Friday in which they discussed  ...
Spricht sich für die Kernkraft aus: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.Bild: keystone

Beschert Macron der Atomkraft in Europa ein Comeback?

Steigende Energiepreise liefern den Befürworter der Kernkraft Argumente. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kämpft dafür, dass die Nukleartechnologie von ihrem schlechten Image befreit wird. Und künftig sogar mit EU-Geldern gefördert werden kann.
22.10.2021, 21:5822.10.2021, 22:06
Remo Hess, Brüssel / ch media
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Gas, Benzin, Strom: In Europa steigen die Energie- und Kraftstoffpreise. In manchen Ländern massiv. Hauptgrund ist der globale Wirtschaftsaufschwung nach mehr als eineinhalb Jahren Corona-Krise.

Klar ist aber auch: In Zukunft wird Heizen, Strom und Autofahren dauerhaft mehr kosten. Der grüne Umbau der Wirtschaft ist nicht gratis zu haben.

Vor diesem Hintergrund tobt in der EU ein Streit darüber, ob die vielerorts bereits abgeschriebene Atomkraft nicht ein Comeback haben sollte.

Atomenergie als französischer Exportschlager

Allen voran Frankreich, wo 56 Reaktoren rund 70 Prozent des im Land verbrauchten Stroms produzieren, gibt sich als Fürsprecher der Atomkraft. Diese sei «ein Glück für das Land», sagt Präsident Emmanuel Macron.

epa02664289 General view on nuclear power plant in Cattenom, France, 01 Avril 2011. France holds 58 nuclear reactors and 1,100 sites of radioactive waste, a record for a country with nuclear power in  ...
Die Franzosen mögen ihre Atomkraftwerke. Bild: Die Anlage in Cattenom (Lothringen) mit vier Reaktorblöcken.Bild: EPA/EPA

Und: Frankreich möchte auch andere Länder beglücken. Der Export seiner Nukleartechnologie bietet grosse wirtschaftliche Chancen für Paris. Zum Beispiel will Polen, das heute noch hauptsächlich auf Kohle setzt, in den kommenden Jahren bis zu sechs neue Atomreaktoren bauen. Der französische Industriekonzern EDF hat Warschau diese Woche schon einmal ein unverbindliches Angebot unterbreitet.

EU-Gütesiegel soll zum grünen «Goldstandard »werden

Beim Treffen der 27 EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel drängte Macron jetzt darauf, die Kernkraft, die keine CO2-Emissionen verursacht, als «Grüne Technologie» einzustufen. Das ist wichtig, denn die EU-Kommission arbeitet zurzeit an einer Art Goldstandard für grüne Investitionen, an dem sich künftig Grossinvestoren ausrichten sollen.

Das heisst: Dort wo «Grün» draufsteht fliesst das Geld hin. Auch die Milliarden aus dem EU-Budget, die den «Green Deal» Realität anschieben sollen, werden sich an der sogenannten «Taxonomie» orientieren. Wenn Macron nun die Atomkraft unter «Grün» laufen lassen kann, wird sich das definitiv auszahlen.

An der Kernkraft

Als Verbündete kann Frankreich Staaten wie Tschechien, Finnland, aber auch die Niederlande, Polen oder Ungarn auf seiner Seite wissen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen muss vermitteln, würdigte die Kernkraft aber bereits als eine Energieressource, bei der man im Gegensatz zu Öl oder Gas nicht von Staaten ausserhalb der EU abhänge.

Im Anti-Nuklear-Lager befinden sich Deutschland, Luxemburg, Österreich, Spanien und Dänemark. Wie der Streit ausgehen wird, ist ungewiss und wird wesentlich auch von der neuen deutschen Regierung abhängen. Dass diese mit den Grünen aber plötzlich zu «Atom-Freunden» wird, scheint ausgeschlossen. (aargauerzeitung.ch)

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Proteste in Frankreich gegen Sicherheitsgesetz
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quelle: keystone / francois mori
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43 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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dmark
22.10.2021 23:57registriert Juli 2016
Wenn schon weitere AKWs entstehen, dann ist es an der Zeit auch das Thema "Transmutation" mit Hochdruck weiter zu verfolgen, um dann anschliessend den "Müll" einigermassen zu entsorgen, bzw. die Zerfallszeit drastisch zu reduzieren, sowie auch daraus noch Energie zu gewinnen.
Damit müssen sich wohl auch die Grünen endlich mal beschäftigen, wenn wir CO2-frei werden wollen. Ob sie es wollen oder nicht.
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no-way
22.10.2021 23:34registriert November 2016
Kernkraftwerk sind auf Papier toll - leiden aber von drei Faktoren: 1) Uran macht dich von Ausland abhängig - für den Schweiz sind aus Kazakistan und Nigeria, aber refiniert von Frankreich und US. Also ohne die, funktionieren die kkw nicht. Wieder ein Druckmittel für EU/US. 2) Neubau, mit Erlaubnis und Prozesse dauert mind 20 Jahren bis es wirklich funktioniert. Die decken kaum eine stromlücke in den nächsten 20 Jahren. 3) Abbau. Bis heute unklar, wie viel tatsächlich kostet, und wer zahlt. Im andere Länder, sind es die Steuerzahler.
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Schneider Alex
23.10.2021 06:30registriert Februar 2014
Der Weltklimarat (IPCC) hat die Atomkraft mehrmals als wichtig im Kampf gegen die Erderwärmung bezeichnet. Und die Uno-Organisation UNECE (United Nations Economic Commission for Europe) kam zum Schluss, dass die internationalen Klimaziele nur erreichbar sind, wenn die Kernenergie weiterhin zur Stromversorgung beiträgt.
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