Mark Zuckerberg ist nicht nur kürzlich nach Mar-a-Lago gepilgert und hat dort den Ring von Donald Trump geküsst, er hat auch eine schlappe Million Dollar für dessen Inaugurationsfeier springen lassen. Da mochte Jeff Bezos nicht hinten anstehen und zog mit dem gleichen Betrag mit, wie auch Sam Altman, der CEO von OpenAI. Auch Apple-CEO Tim Cook streicht dem wiedergewählten Präsidenten Honig um den Mund, genauso wie Sundar Pichai, sein Amtskollege bei Google.
Die Wall Street befindet sich seit Wochen im Trump-Rausch. Gestern durfte dieser mit der Glocke den Handelsbeginn an der New Yorker Börse einläuten und sich darüber freuen, dass ihn das Time Magazin einmal mehr zum Mann des Jahres gewählt hat.
Die peinliche Unterwerfung der vermeintlichen Masters of the Universe vor Trump verdeutlicht einmal mehr, was wir eigentlich schon wussten: Bertolt Brecht hatte recht mit seiner Bemerkung: «Das Fressen kommt vor der Moral», und Unternehmer und Manager lassen ihre Überzeugungen zu Hause, wenn es ums Geld geht.
Und ums Geld geht es, und zwar im grossen Stil. Trump verspricht den Superreichen Steuergeschenke in der Höhe von rund 1,5 Billionen Dollar, da kann man schon mal ein politisches Auge zudrücken. Er verspricht auch, lästige regulatorische Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Ob Steuerbehörde oder Finanzaufsicht, die Leiter dieser staatlichen Aufsichtsbehörden werden mit Männern besetzt, welche diese Organisationen am liebsten absetzen würden. Javier Milei lässt aus Argentinien grüssen.
Die wenigen verbliebenen Einschränkungen, die nach dem Finanzcrash 2008 beschlossen wurden, sollen wieder rückgängig gemacht werden. Ja, neuerdings wird gar darüber spekuliert, ob die Federal Deposit Insurance Corp., die Versicherung, die bei einer Bankpleite die Einlagen der Kleinsparer schützt, abgeschafft werden soll. Dieser Vorschlag stammt übrigens aus dem «Project 2025», dem libertären Plan der konservativen Heritage Foundation, von dem Trump nichts wissen will, deren Autoren er jedoch sukzessive an entscheidende Stellen der Verwaltung hievt.
Doch wer will da meckern. Die Finanzgemeinde befindet sich in Partylaune, und die Party will nicht enden. Der Aktienindex S&P hat im laufenden Jahr bereits rund 30 Prozent zugelegt, ein Ende des Booms erwartet derzeit niemand. Auch die Handelsvolumen explodieren. Im November des laufenden Jahres wurden 28 Prozent mehr amerikanische Aktien gehandelt als im Vorjahr. Rick Wurster, der kommende CEO des Brokerhauses Charles Schwab, erklärt dazu in der «Financial Times»: «Ich denke nicht, dass sich in 2025 etwas daran ändern wird.»
Nicht nur die Handelsvolumen, auch die Gewinne der Banken explodieren. Sie profitieren von den Gebühren, welche sie bei Transaktionen erheben. Die Citigroup beispielsweise hat diesen Betrag im November um 19 Prozent gegenüber dem Vorjahr erhöhen können.
Dass sich auch die Krypto-Gemeinde Grosses von Trump erhofft, hat sich herumgesprochen. Auch dort kennen die Kurse der Währungen und die Einnahmen der Broker nur eine Richtung: nach oben. So erklärt Steve Quirk vom Brokerhaus Robinhood gegenüber der «Financial Times»: «Wir sehen massive Zunahmen bei den Volumen der Kryptos.»
Strukturierte Finanzprodukte haben bei den Finanzkrisen in jüngerer Zeit eine entscheidende und fatale Rolle gespielt. Für eine kurze Zeit gerieten sie deswegen in Verruf. Jetzt sind die «Strukis» zurück. So meldet die «Financial Times», das Volumen der strukturierten Finanzprodukte habe inzwischen wieder die Höhe von 380 Milliarden Dollar erreicht, eine Milliarde Dollar mehr als vor der Pandemie. Jay Steiner von der Deutschen Bank erklärt dazu in der «Financial Times»: «Was wir derzeit erleben, ist ein unersättlicher Hunger der Investoren nach diesen Produkten.»
Inzwischen jedoch bekommen es ältere Finanzhasen mit der Angst zu tun. Auch wenn sich die Geschichte nie wiederholt, reimt sie sich doch gelegentlich, wie Mark Twain einst bemerkte. Der aktuelle Überschwang in der Finanzgemeinde hat verdächtig viele Parallelen zu den Exzessen der Vergangenheit.
Wenig vertrauenerweckend ist auch die Tatsache, dass viele dieser Geschäfte nicht mehr über die traditionellen Finanzkanäle abgewickelt werden. «Die Aufsichtsbehörden müssen sich mit mindestens einem Dutzend Nicht-Banken-Instituten herumschlagen, die wegen ihrer Grösse, ihrer Undurchsichtigkeit und ihrer gegenseitigen Verbundenheit ein Systemrisiko darstellen», warnt der «Economist».
In der Finanzgemeinde will sich davon niemand die Laune verderben lassen. Dass sich die Kurse der Tech-Aktien bereits in schwindelnden Höhen befinden, dass sich der Sinn von Kryptos zumindest mit traditionellen Mitteln der Ökonomie nicht ergründen lässt, und dass die Strukis in der Vergangenheit verheerende Crashs ausgelöst haben, wird verdrängt. Wohl auch die Warnung des «Economist», die da lautet: