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Zölle Schweiz: Experte erklärt, warum es die Schweiz hart trifft.

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Trump hält am 2. April 2025 seine Executive Order über weltweit geltende Zolltarife in die Höhe. Für die Schweiz sind nun Zölle von 39 Prozent vorgesehen.Bild: EPA BLOOMBERG POOL
Interview

«Die Schweiz ist nicht wichtig genug»

39 Prozent Zölle sollen Schweizer Firmen, die in die USA exportieren, künftig zahlen müssen. Ein Experte ordnet ein, warum ausgerechnet die Schweiz so kräftig zur Kasse gebeten wird – und was jetzt zu tun ist.
01.08.2025, 19:3001.08.2025, 20:54
Reto Heimann
Reto Heimann
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Die Schweiz hat damit geliebäugelt, zu denjenigen Ländern zu gehören, die einen Deal mit den USA erzielen. Stattdessen gehört die Schweiz nun zu den Ländern, für die die höchsten Zölle gelten. Warum wird die Schweiz abgestraft?
Stefan Legge:
Ich glaube nicht, dass die USA die Schweiz abstrafen wollten. Wenn Trump die Schweiz wirklich hätte abstrafen wollen, dann ist er eher dafür bekannt, dass er zu runden Zahlen greift und einen Zoll von 40 oder 50 Prozent verhängt hätte. Die 39 Prozent deuten für mich eher darauf hin, dass da tatsächlich irgendetwas gerechnet wurde.

Aber warum denn die so viel höheren Zölle für die Schweiz? Für die EU oder Japan gelten ja zum Beispiel nur 15 Prozent.
Letztlich kann man darüber nur spekulieren. Zum einen ist es offenbar so, dass sich Trump tatsächlich am Handelsdefizit stört, das die USA gegenüber der Schweiz aufweisen. Zum anderen, und das scheint mir entscheidender, hat sich Trump persönlich nicht besonders für die Schweiz interessiert. Ansonsten hätte es einen Deal gegeben oder Trump hätte öffentlich kundgetan, was ihn denn stört an der Schweiz. Die Schweiz ist schlicht nicht wichtig genug.

«Trump interessiert sich persönlich nicht besonders für die Schweiz.»

Hätte man denn den Deal anders einfädeln müssen? Hat Karin Keller-Suter versagt?
Das würde ich so nicht sagen. Die Hoffnung bestand darin, mit relevanten Leuten aus dem Weissen Haus sprechen zu können und mit denen eine Übereinkunft zu erzielen. So wollte man, ohne dass man mit Trump sprechen muss, unter dem Radar fliegen. Vielleicht ist es das, was die Schweiz mitnehmen kann. Man hat viel mit anderen Leuten aus der Administration besprochen, aber am Ende war das alles offenbar von geringem Nutzen. Denn was Trump nicht absegnet, das gilt auch nicht.

Zur Person
Dr. Stefan Legge ist Dozent für Wirtschaftswissenschaften an der Universität St.Gallen. Er leitet die Abteilung Steuer- und Handelspolitik, zudem ist er Vizedirektor des Institute for Law & Economics. Seine Dissertation wurde 2016 mit dem Preis für die beste Dissertation in Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet. Legge forscht zu internationalem Handel und politischer Ökonomie.
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Bild: zvg

Wie sollte sich denn jetzt die Schweiz gegenüber den USA verhalten?
Ich glaube, dass es wenig zielführend ist, Druck aufzubauen. Wie auch? Man muss darauf hinweisen, dass es auch im Interesse der USA ist, dass man zu einer Übereinkunft kommt. Mich stört an der ganzen Geschichte, dass sich Trumps Narrativ immer mehr festsetzt.

Welches Narrativ?
Trump behauptet, dass wenn er Importe aus der EU mit 15 Prozent Zöllen belegt und gleichzeitig ohne Zölle in die EU importieren kann, dann sei das automatisch ein Gewinn für die USA. Dabei ist es völlig absurd, das so pauschal als Tatsache darzustellen. Diese hohen Zölle machen die USA ja nicht attraktiv. Die USA verdienen auch Geld, indem sie Güter herstellen, die sie dann ins Ausland verkaufen. Nun besteuern sich die USA selbst und verteuern damit Konsum und Vorleistungen. Letztlich sind die Zölle nichts anderes als eine Steuererhöhung.

Die Schweiz hat jetzt eine Woche Zeit, um nachzuverhandeln. Was wäre denn ein gutes Resultat?
Na ja, dass die Schweiz auch eine Übereinkunft erzielt. Es kristallisiert sich heraus, dass es unter der Trump-Administration nicht ohne diese Basiszölle von 10 bis 15 Prozent gehen wird. Und das ist das, was man in diesen sieben Tagen idealerweise erreicht: dass die Schweiz mindestens gleichgestellt ist wie zum Beispiel die EU oder Norwegen.

Was würde denn geschehen, wenn es bei den 39 Prozent bliebe?
Das wäre ein derart hoher Zollsatz, dass er in der Regel nicht an die Kunden weitergegeben werden könnte. Meine Erwartung wäre deshalb, dass der Handel dann über Umwege läuft. So ähnlich, wie das China gerade mit den Smartphones versucht. Juristisch würde man sich in einer Grauzone bewegen. Da gäbe es viele Unsicherheiten.

«Die möglichen Zölle auf Pharmaprodukte bereiten mir am meisten Sorgen.»

Unsicherheit ist ein gutes Stichwort. Im Moment sind Pharma-Produkte noch aus den Zöllen ausgenommen. Auch da drohen aber Zölle, oder?
Das ist der wichtigste Punkt! Wenn man die Pharma-Produkte aus dem Schweizer Gesamtexport rausrechnet, dann stellt man fest, dass es in den letzten 17 Jahren kein Wachstum gegeben hat. Die Pharmaindustrie treibt den Schweizer Export massgeblich an. Und da sind die USA der zentrale Markt, zum einen wegen der Mengen, die man dort verkauft, und zum anderen den Margen, die man dort erzielt. Darum wären Preisregulierung und Zölle Gift für die Schweizer Pharmabranche. Und ich habe das Gefühl, beides dürfte in der ein oder anderen Form kommen. Das ist das, was mir eigentlich am meisten Sorgen bereitet.

Gibt es auch Grund zur Hoffnung?
Die Wirtschaft kann sich anpassen. Wenn man weiss, was für Zölle gelten, dann hat man Planungssicherheit. Und dann kann man die Prozesse, die Produktion, die Lieferketten anpassen und optimieren, ist wieder richtig aufgestellt und kann auch wieder investieren. Aber momentan, wo man halt nicht weiss, ob jetzt in sieben Tagen 39 Prozent Zoll oder doch nur 10 oder 15 Prozent gelten, gibt es diese grosse Unsicherheit und das macht die Sache so schwierig.

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Macca_the_Alpacca
01.08.2025 20:51registriert Oktober 2021
Ich Arbeite für Firma XY. 20'000 Mitarbeiter in 140 Ländern, 3.5 Mia Umsatz. Beim Ausbruch des Ukraine Kriegens brach das Russland Geschäft auf einen Schlag weg. Wir sind trotzdem gewachsen, weil China wächst. Nun wird der Umsatz in den USA schrumpfen, wobei die 10'000ende installierten Geräte werden weiterhin einen Service benötigen uns Ersatzteile. Das werden die US Firmen zahlen. eine Umstellung wäre enorm aufwendig. Da China immer noch wächst, werden wir auch ohne die USA wachsen. Sollten die Aktienkurse leiden dann werden die beiden Hauptaktionäre leiden, die sind aus den USA.
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Viva Svizzera
01.08.2025 21:35registriert März 2023
Die Schweiz ist schlicht nicht wichtig genug. Hat das jemand der SVP klar gemacht? Die glauben ja wir sind der Nabel der Welt.
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Sisyphus
01.08.2025 21:09registriert Dezember 2021
Ich muss zugeben, dass ich mit meinen Prognosen zum Zollabkommen zwischen der Schweiz und den USA daneben gelegen habe. Am meisten geirrt habe ich mich, als ich die Leute, die für die Schweiz verhandelt haben, gelobt habe. Wenn ich heute lese, dass Frau Keller Sutter sagt, Trump habe möglicherweise gar nicht gewusst, was die Schweiz verhandelt und angeboten hat, fehlen mir die Worte. Nein, heute werde ich sicher nicht die Linken oder Grünen für dieses Versagen verantwortlich machen, sondern Frau Keller Sutter und ihr Team aus meiner Partei haben versagt.
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