Mazedonien hat sich dem Flüchtlingsansturm gebeugt und seine Grenzsperre aufgegeben. Alle rund 1500 Flüchtlinge wurden am Samstagabend nicht mehr an ihrer Weiterreise Richtung Norden gehindert.
Männer, Frauen und Kinder liefen am Abend ungehindert über die Grenze bei der Stadt Gevgelija, wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP beobachtete. Mazedonische Polizisten, die nach wie vor vor Ort waren, schritten nicht mehr ein.
An den mit Stacheldraht gesicherten Grenzabsperrungen hatten sich zuvor dramatische Szenen abgespielt. Trotz der verschärften Sicherheitsvorkehrungen an der bis dahin abgeriegelten Grenze hatten hunderte Flüchtlinge heute Nachmittag die Grenze durchbrochen und waren auf mazedonisches Staatsgebiet gestürmt.
Die Polizei setzte wie bereits am Freitag Blendgranaten und Schlagstöcke ein, um die Menschen zurückzudrängen. Die meisten Flüchtlinge stammen aus Syrien, viele von ihnen hatten die letzte Nacht bei Regen unter freiem Himmel verbracht.
Rund 2000 Flüchtlinge haben die Nacht auf heute in einem eingezäunten Areal im Regen verbracht. Die meisten Migranten und Migrantinnen schliefen unter freiem Himmel, wenn sie denn schlafen konnten.
Nachdem die Polizei gestern den Grenzübergang hermetisch abgeriegelt hatte und mit Tränengas und Blendgranaten in die Menge der Flüchtlinge gefeuert hatte, liessen die mazedonischen Behörden am gestrigen Abend rund 300 «verletzliche» Flüchtlinge, sprich Familien mit Kindern und Schwangeren, passieren. Die Flüchtlinge wurden mit Sonderzügen in Richtung Serbien gebracht.
Am Samstag waren erschöpfte Flüchtlinge zu sehen, die zwischen Müllhaufen umher liefen und zur mazedonischen Grenze schauten, wo die Spezialeinheiten der Polizei patrouillieren.
Der 49-jährige Arzt Samer Moin aus Syrien berichtete, viele Flüchtlinge hätten sich in der Nacht nicht vor dem Regen schützen können. «Eine Mutter hat ihre Tochter verloren und die ganze Nacht geschrien», berichtete der Syrer. «Ich bin seit Tagen hier, ich will nach Norwegen.»
Hunderte weitere Flüchtlinge trafen am Samstagmorgen in Idomeni ein. Augenzeugen berichteten, fast stündlich kämen Busse und Züge aus Südgriechenland am Grenzübergang an. (sda/afp/dpa/reu)