Die Amerikaner haben die Zollschranke gegenüber China auf 145 Prozent gehievt, die Chinesen ihrerseits wollen amerikanische Importe mit einem Strafzoll von 125 Prozent belegen. Wenn es nicht zu einer Einigung kommt, dann dürfte der Handel der beiden, der derzeit rund 700 Milliarden Dollar jährlich beträgt, um rund 80 Prozent schrumpfen.
Ein solches Decoupling der beiden grössten Volkswirtschaften der Welt wird auch massive Konsequenzen für die Weltwirtschaft haben. Der Internationale Währungsfonds hat daher bereits die globale Wachstumsprognose für das laufende Jahr von 3,3 Prozent auf 2,8 Prozent nach unten geschraubt.
Dabei ist noch unklar, wie sich der Handelskrieg der beiden Giganten entwickeln wird. Beide Seiten gehen von völlig entgegengesetzten Erwartungen aus. US-Präsident Donald Trump ist überzeugt, dass China zuerst nachgeben wird, weil es die Schmerzen des Verlusts des amerikanischen Exportmarkts nicht verkraften kann. Xi Jinping hingegen, sein chinesischer Gegenspieler, setzt seinerseits darauf, dass Trump sich mit seinem «Befreiungstag» verzockt hat und dem innenpolitischen Druck, den dieser Schock ausgelöst hat, nicht lange widerstehen kann.
Einer muss sich geirrt haben. Doch wer hat die besseren Karten? Hier eine provisorische Zwischenbilanz.
US-Finanzminister Scott Bessent hat mehrfach erklärt, für die Chinesen seien die Folgen eines Decouplings vom amerikanischen Markt nicht nachhaltig. Diese Überzeugung hat die Trump-Regierung überheblich und nachlässig gemacht. Es wurden kaum Vorsichtsmassnahme für die Folgen des Handelskrieges für die eigene Wirtschaft getroffen. So gibt es keine strategischen Reserven für Seltene Erden, die derzeit zu 90 Prozent aus China stammen und die für Produkte wie Autos und Smartphones dringend gebraucht werden. Das Gleiche gilt für Magnete.
Trump versucht derweil, den Mangel an chinesischen Importen zu verharmlosen. «Nun, vielleicht wird vor den kommenden Weihnachten die Auswahl an Puppen nicht mehr 30, sondern bloss noch 2 betragen, und sie werden vielleicht ein paar Dollar mehr kosten», erklärte er jüngst auf die betreffende Frage eines Journalisten.
Für den Ausgang des Handelskrieges wird die Auswahl an Barbie-Puppen tatsächlich nicht entscheidend sein. Doch ob es den USA gelingen wird, in kurzer Zeit eine wettbewerbsfähige Chip-Industrie aufzubauen, ist fraglich. Diese hochkomplexen Fabriken aufzubauen, dauert Jahre und es braucht dazu die entsprechenden Facharbeiter und Zulieferer. Über beides verfügen die USA derzeit nur beschränkt. Zudem gibt es für viele Produkte, die derzeit aus China importiert werden, keine einheimische Alternative.
Trump rühmt sich bekanntlich, der weltweit beste Dealmaker zu sein. Deshalb will er den Handelskrieg mit China mit einem persönlichen Treffen mit Xi beilegen, denn er ist überzeugt, als Sieger daraus hervorzugehen. «Aber Xi macht keine Deals», stellt dazu der China-Experte Zongyuan Zoe Liu in «Foreign Affairs» fest. «Er hält sich vornehm aus den Verhandlungen raus und segnet danach ab, was seine Untergebenen ausgehandelt haben.» Deshalb hat der chinesische Präsident bisher alle Angebote für ein persönliches Treffen mit Trump höflich, aber bestimmt abgelehnt.
Anders als die Amerikaner haben sich die Chinesen auch sorgfältig auf den Handelskrieg vorbereitet. «Seit 2018 hat China einen Handelskrieg auf kleiner Stufe überstanden», so Liu. «Es hat dabei Erfahrungen gesammelt, wie man die wachsende Rivalität mit den USA managen und die wirtschaftlichen Restriktionen aus Washington umgehen kann.»
Schliesslich sieht China seine wirtschaftliche Zukunft nicht im Export von Barbie-Puppen, es will die führende Nation in den Bereichen Wissenschaft und Technik werden. So gesehen spielt der Handelskrieg Peking in die Karten. «Trumps ‹America first›-Politik verstärkt Xi’s Forderung nach mehr einheimischer Innovation und grösserer Selbstständigkeit», so Liu. «Anders als während Trumps erster Amtszeit ist China jetzt bereit, sich, falls nötig, von den Vereinigten Staaten zu entkoppeln.»
Nach wie vor beträgt der Handelsüberschuss von China gegenüber den USA rund 300 Milliarden Dollar jährlich. Der Schock, den der plötzliche Wegfall des amerikanischen Marktes für die chinesische Wirtschaft auslöst, ist beträchtlich. Immerhin landet nach wie vor jedes fünfte chinesische Export-Produkt in Amerika. «Alle machen sich grosse Sorgen», erklärt daher der Maschinenbauer Feng Qiang gegenüber dem «Wall Street Journal». «Es ist kein Licht am Ende des Tunnels zu erkennen.»
Präsident Xi stammt aus der Generation, welche die leidvolle Erfahrung von Maos Kulturrevolution durchleben musste. Er ist Entbehrung und Schmerz gewohnt. «Aber alle, die nach 1970 geboren wurden, haben keine Erinnerung mehr an diese Zeit und haben sich an stetig wachsenden Wohlstand gewöhnt», stellt Liu fest. «Im Zuge der zunehmenden amerikanisch-chinesischen Spannungen zerbricht ihr Vertrauen in die wirtschaftliche Sicherheit.»
Verlässliche Aussagen über den Ausgang des Handelskriegs sind derzeit nicht möglich. Seit Donald Trump seine Zoll-Tafel in die Höhe gehalten hat, spielt die Weltwirtschaft verrückt. Wer kann, will seine Produkte noch vor Ablauf der 90-Tage-Frist, die der US-Präsident eingeräumt hat, in die USA verschiffen. Deshalb sind die aktuellen Wirtschaftsdaten verzerrt und mit Vorsicht zu geniessen. Auf den Finanzmärkten wechseln sich derweil Hoffnung und Verzweiflung in rascher Folge ab.
Realistisch gesehen sind alle Verlierer. Mark Carney, der frisch wiedergewählte Premierminister Kanadas, war einst Präsident der Bank of England während des Brexits. Er weiss deshalb, was Schocks in einer Volkswirtschaft auslösen können. Daher warnt er: «Wenn Handelsbeziehungen mit bedeutenden Partnern schlagartig abgebrochen oder schwer beschädigt werden, dann resultieren daraus schwächeres Wirtschaftswachstum, höhere Inflation, höhere Leitzinsen, Volatilität, eine schwächere Währung und eine schwächere Volkswirtschaft.»
Und betr. der "Schmerztoleranz" USA vs China: In China haben sie 2 volle Jahre eine harte Zero Covid Strategie gefahren. In den USA haben die MAGA-Deppen bereits nach 3 Wochen lockerem Lockdown vor den State Capitols Zombiefilm-Cosplay aufgeführt.
Ganz stark fand ich, als Klein Donald sagte, dass man bereits im Austausch mit China sei, die Chinesen trocken bekannt gaben, dass da nix Austausch wäre. In der Ruhe liegt die Kraft, während den USA die Zeit unter den Nägeln brennt.
Man kann es nicht anders sagen, das stabile Genie lernt gerade auf die harte Tour kennen, dass man Poker vornehmich mit einer guten Hand spielt.
Bluff: Der Bluff beziehungsweise das Bluffen ist ein Verhalten unter anderem bei Kartenspielen mit dem Zweck, die Gegner zum eigenen Vorteil in die Irre zu führen.