Das Thema «Designated Survivor» ist derzeit in den USA in aller Munde. In der gleichlautenden TV-Serie (in der Schweiz auf Netflix verfügbar) spielt Kiefer Sutherland den US-Minister für Wohnungsbau und Stadtentwicklung Thomas Kirkman. Er wird nach einem verheerenden Terroranschlag auf das Kapitol unverhofft als Präsident vereidigt und muss irgendwie verhindern, dass das Land in der Anarachie versinkt.
Sutherland ist in der Serie der Designated Survivor, der auch in der Realität existiert. Ihn zu bestimmen, wird eine der ersten Amtshandlungen des 45. Präsidenten der USA, Donald Trump, sein, bevor er am 20. Januar vereidigt wird. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass an jenem Freitag etwas sehr, sehr Schlimmes passiert.
Seit der Erfindung von Atomwaffen existiert in der Militärstrategie das Konzept des sogenannten Enthauptungsschlags. Ziel ist, mit einem einzigen Angriff die gesamte politische Führung eines Landes auszuschalten. Dieses wäre in der Folge derart gelähmt, dass Gegenwehr nicht mehr oder kaum mehr möglich ist.
So hypothetisch dieses Horrorszanario klingt – in den USA bieten sich zwei Anlässe für einen Enthauptungsschlag an: die Vereidigung des Präsidenten alle vier Jahre sowie dessen jährliche Ansprache zur Lage der Nation («State of the Union»). Bei diesen Gelegenheiten versammeln sich der Präsident, sein Vize, sein Kabinett, beide Kammern des Parlaments und in der Regel alle neun Mitglieder des Obersten Gerichtshofs sowie der Vereinigte Generalstab im oder um das Kapitol in Washington.
Anders gesagt: Sämtliche Personen, welche laut Gesetz sukzessive nachrücken würden, sollte dem Präsident etwas zustossen, befinden sich am gleichen Ort. Kommen sie alle bei einem Terroranschlag ums Leben, ist die ganze Nachfolgeregelung gegenstandslos. Die USA hätten keinen Präsidenten, keinen der nachrückt und ziemlich sicher eine fatale Verfassungskrise.
(*in der Regel der dienstälteste Senator der grösseren Fraktion, nicht zu verwechseln mit dem Mehrheitsführer)
Damit das nicht eintritt, trifft der US-Präsident Vorkehrungen. Vor jeder Vereidigung und vor jeder Ansprache zur Lage der Nation bestimmt er einen «Designated Survivor», einen «designierten Überlebenden». Während die politische Elite zusammenkommt, hält dieser sich an einem unbekannten, entfernten und gesicherten Ort auf. Nach einem Enthauptungsschlag würde er kommissarischer Präsident werden und so die Fortführung der Regierungsgeschäfte und Aufrechterhaltung der verfassungsmässigen Ordnung garantieren.
Sogar einen Assistenten mit dem «Nuclear Football» bekommt er bei dieser Gelegenheit zugewiesen. Mit dem sagenumwobenen Köfferchen könnte er einen Atomschlag autorisieren.
Vor seiner Vereidigung am 20. Januar 2017 wird Trump einen Designated Survivor bestimmen. Seine Vorgänger im Weissen Haus entschieden sich meistens für einen der weniger prominenten Minister ihres Kabinetts, zum Beispiel den Energieminister.
Allerdings kann nicht jeder Designated Survivor werden: Die betreffende Person muss laut Verfassung zur Ausführung des Präsidentenamtes berechtigt, also gebürtiger Amerikaner und 35+ Jahre alt sein sowie mindestens 14 Jahre in den USA gelebt haben. Die aktuelle Innenministerin Sally Jewell zum Beispiel erfüllt diese Voraussetzung nicht, da sie gebürtige Britin ist. Dasselbe galt für Madeleine Albright (Tschecheslowakei) und Henry Kissinger (Deutschland), beides ehemalige US-Aussenminister.