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Trump führt Krieg gegen die Universitäten

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Trump führt Krieg gegen die Universitäten

Der US-Präsident will die vermeintlich woken Hochburgen wie die Harvard University schleifen.
09.03.2025, 05:2109.03.2025, 12:28
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In seinem dystopischen Roman «Abgrund» schildert Robert Harris eine künftige Welt, in der die Wissenschaft wieder verbannt ist. Die Priester haben die Macht in diesem Gottesstaat, und sie üben diese Macht auch mit aller Härte aus.

Auf diese Dystopie steuern die USA zu. Die Wissenschaft ist Trump und seiner MAGA-Meute ebenfalls ein Dorn im Auge. Vor allem die Universitäten gelten als Hochburgen von Wokeness und DEI. Sie müssen weg. Deshalb hat der Präsident soeben eine präsidiale Verordnung unterschrieben, die vorsieht, das Erziehungsdepartement abzuschaffen.

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Bildungsministerin Linda McMahon.Bild: keystone

Beauftragt damit hat er seine Bildungsministerin Linda McMahon. Diese scheint geschaffen für den Job zu sein: Einst hat sie die WWE geleitet, die Organisation für professionelles Wrestling.

Mit einem präsidialen Dekret lässt sich das Erziehungsdepartement nicht aus der Welt schaffen. Dazu braucht es die Zustimmung des Kongresses, und die 60 Stimmen, die nötig sind, um ein Filibuster im Senat zu verhindern, haben die Republikaner nicht. Doch Trump kann die Universitäten dort treffen, wo es am meisten weh tut: beim Geld.

Genau das tut er auch. Dabei knöpft er sich besonders die Mitglieder der «Ivy League» vor, die Eliteuniversitäten wie Harvard, Columbia, Yale, Princeton, etc. (Sie werden so genannt, weil die alten Mauern ihrer Gebäude mit Efeu überwachsen sind.) Katie Miller, ein Mitglied des DOGE-Teams von Elon Musk, kann bereits hämisch verkünden, den «liberalen DEI-Universitäts-Rektoren werden jetzt ihre schwarzen Kassen» trockengelegt.

Konkret bedeutet dies, dass beispielsweise der University of Pennsylvania Bundesgelder in der Höhe von jährlich 250 Millionen Dollar gekürzt werden. Dabei müssen nicht nur die viel gescholtenen Geisteswissenschaften darunter leiden. Auch den Naturwissenschaften wird das Leben schwer gemacht, indem beispielsweise die Kosten für Labors und deren Einrichtungen nicht mehr übernommen werden.

Die Biologie-Professorin Kimberly Cooper von der University of California in San Diego erklärt daher gegenüber der «New York Times»: «Ich will nicht fatalistisch tönen. Aber ich denke, sie wollen die gesamten akademischen Unternehmen zu Fall bringen.» Larry Jameson, Interimspräsident der Penn, spricht derweil von «einer existenziellen Bedrohung für die gesamte höhere Bildung Amerikas».

Graduating students chant as they depart commencement in protest to the 13 graduating seniors who were not allowed to participate due to protest activities, in Harvard Yard during commencement at Harv ...
Anti-Israel-Proteste auf dem Gelände der Harvard University.Bild: keystone

Besonders unter Beschuss geraten sind die Columbia University in New York und Harvard University in Cambridge bei Boston. An diesen Hochschulen ist es im Herbst 2023 zu heftigen Protesten gegen die israelische Bombardierung des Gaza-Streifens gekommen. Beide Rektorinnen dieser Universitäten mussten nach einem turbulenten Hearing vor einem Ausschuss des Abgeordnetenhauses zurücktreten.

Den renommierten Hochschulen wurde der Vorwurf gemacht, sie hätten zu wenig getan, um die antisemitischen Ausschreitungen zu verhindern. Der Columbia University sollen jetzt deswegen 200 Millionen Dollar Subventionen gestrichen werden.

Die gleichen Vorwürfe werden auch gegen die Harvard University erhoben. Claudine Gay, die Rektorin, wurde nach ihrem verunglückten Auftritt vor dem Kongress zum Rücktritt gezwungen und musste sich in der Folge gegen eine hässliche Plagiats-Kampagne wehren. Federführend war dabei die ehemalige Harvard-Absolventin und republikanische Abgeordnete Elise Stefanik. Trump hat sie mittlerweile zur amerikanischen UNO-Botschafterin gekürt.

Im Fall von Harvard haben sich auch private Gönner zu Wort gemeldet, allen voran der Hedgefund-Manager Bill Ackman. Er kann ebenfalls einen Abschluss der wohl renommiertesten amerikanischen Universität vorweisen und hat sie während Jahren mit siebenstelligen Zuschüssen unterstützt.

Republican Conference Chair Rep. Elise Stefanik, R-N.Y., questions Columbia University president Nemat Shafik during the House Committee on Education and the Workforce hearing on "Columbia in Cri ...
Die ehemalige Abgeordnete Elise Stefanik.Bild: keystone

Aus Abscheu gegen die vermeintliche Wokeness auf dem Campus in Cambridge hat der ehemalige Sympathisant der Demokraten die politische Seite gewechselt und ist zum Hardcore-Trump-Fan mutiert. Deshalb unterstützt er die Pläne des Präsidenten, die Universität finanziell auszutrocknen. «Ich finde das super», postete er auf X. «Wenn die Regierung die Unterstützung streicht, dann muss Harvard und alle Harvards dieser Welt sich reformieren.»

Die Ivy-League-Universitäten können zwar auf Gelder von Mäzenen zählen. Für ihre Forschung sind sie jedoch trotzdem auf die staatliche Unterstützung angewiesen. Diese Mischung hat Resultate auf dem höchsten Niveau hervorgebracht. «Mit öffentlichen und privaten Geldern hat Harvard eine kleine Medizin-Stadt geschaffen», stellt Nathan Heller im «New Yorker» fest.

Diese kleinen Wissenschafts-Städte sind in Gefahr, nicht nur, weil die staatlichen Gelder gekürzt werden, sondern auch, weil ein neues totalitäres Klima Einzug gehalten hat. Weil sie sich mit protestierenden Studenten solidarisiert haben, wird einzelnen Professoren der Zugang zur Bibliothek verwehrt. All dies erinnert an die schlimmsten Tage der Anti-Kommunismus-Hysterie im Kalten Krieg. «Die historische Parallele ist kristallklar», sagt der Politologe Ryan Enos im «New Yorker». «Es sieht aus wie eine Wiederholung des McCarthyismus. Eines Tages werden wir uns dafür schämen.»

Die Rechtskonservativen wollen mehr als die liberalen Universitäten zerstören, sie wollen auch Alternativen schaffen. Eine davon ist die University of Austin. 2021 gegründet und von Leuten wie Peter Thiel grosszügig unterstützt, soll das Gegenmodell zu Harvard werden und den neuen Geist von Silicon Valley verkörpern. Führende Köpfe sind dabei der Historiker Niall Ferguson und die Journalistin Bari Weiss.

Bari Weiss
Federführend bei der University of Austin: Bari Weiss.

Universitäten wie Harvard und Columbia sind weltweit führend und ein wichtiges Element der amerikanischen Soft Power. Das macht sie jedoch nicht unangreifbar. «Namhafte Spezialisten für die höhere Bildung haben immer wieder betont, dass es an den amerikanischen Universitäten eine Vielzahl von Widersprüchen gibt», stellt Nathan Heller fest. «Man kann über dieses Wunder staunen, aber es ist auch möglich, dass man dabei übersieht, wie zerbrechlich diese Balance ist.»

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120 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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lumpensammlerin
09.03.2025 05:46registriert Mai 2019
Die Wissenschaft ist der grösste Feind von alternativen Fakten, Fake News usw. Gebildete Bürger lassen sich keinen Bären aufbinden.
Und es zeigt sich, dass die rechten Parteien und v.a. die Autokraten vermehrt mit alternativen Fakten poltern/politisieren.

Logisch werden diese nun abgesägt.
22010
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denkpause
09.03.2025 06:23registriert April 2021
In seiner 100 minütigen Rede hat sich Trump auch über die von Biden gegebenen Gelder für die Forschung von Transgender Mäusen ausgelassen.
Vance und Johnson hinter ihm lächelten süffisant. Ich fragte mich wieso? Weil sie DT für dumm halten, weil sie wissen , dass es um transgenic mice geht oder weil sie über die Parlamentarier lachen, die das bejubeln, oder weil sie wissen, dass die MAGAs das glauben oder weil sie selbst das auch glauben.
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_andreas
09.03.2025 06:53registriert April 2020
Tja, Bildung ist eben etwas, womit man gegen Alternativen Fakten und den ganzen Lügereien der rechten und Populisten begegnen kann.
Das dies einem Trump nicht in den Kram passt, ist verständlich.
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