Die Stimmung nach dem unerwarteten Wahlsieg Donald Trumps mutet vielerorts elend an. Enttäuschte Demokraten beschreiben den 9. November, in amerikanischer Kurzschreibweise 11/9, als ihr neues 9/11. Sie könnten sich damit trösten, dass Obama auch nicht so toll war, wie am Anfang alle hofften. Vielleicht wird dann auch Trump nicht so schlimm, wie sie jetzt fürchten.
In diese Richtung zielt eine historische Parallele, die Kolumnisten derzeit herumreichen: Es gab vor nicht allzu langer Zeit einen Vorgänger Trumps im Weissen Haus, den bei Amtsantritt auch viele für komplett ungeeignet erachteten, der aber seither als einer der grössten Präsidenten gilt, die die USA je hatten:
Ronald Reagan.
Als ihn die Republikaner 1980 nominierten, rieben sich die Demokraten die Hände. Sie taten den ehemaligen Hollywood-Schauspieler als politisches Leichtgewicht ab und sahen in ihm keine ernst zu nehmende Gefahr für Amtsinhaber Jimmy Carter. «Die amerikanische Bevölkerung wird keinen 70-jährigen, rechtsgerichteten Ex-Schauspieler zum Präsidenten wählen», prophezeite einer seiner Berater.
Klingt das vertraut? Die Parallele geht noch weiter, denn genau wie Trump wurde Reagan nicht nur vom politischen Gegner, sondern auch von der republikanischen Partei-Elite nicht für voll genommen. Präsident Richard Nixon hatte seinen Parteikollegen als «oberflächlich» bezeichnet und ihm eine «beschränkte geistige Zurechnungsfähigkeit» bescheinigt, vor allem in aussenpolitischen Belangen. Reagan sei ein «netter Kerl», aber mit «vernachlässigbarem Grips», erwiderte Nixons Aussenminister Henry Kissinger in derselben Unterredung (Audio-Mitschnitt unten).
Auch im Ausland wurde Reagans Kandidatur belächelt. Zu Unrecht, wie die NZZ damals konstatierte:
Dennoch konnte sich die Schweizer Tageszeitung einen elitären Seitenhieb nicht verkneifen:
Heute wissen wir, dass sowohl Reagan als auch Trump massiv unterschätzt wurden. Reagan war kein Glücksfall für die serbelnde Präsidentschaft Jimmy Carters, er errang 1980 im Gegenteil einen Erdrutschsieg und setzte bei seiner Wiederwahl 1984 noch einen drauf, als er 49 von 50 Staaten gewann. Auch 2016 dachten die Demokraten lange, sie hätten mit Trump leichtes Spiel. Und wenn die Gewissheit langsam abnahm, so rechneten sie doch bis ganz zuletzt noch mit einem Sieg.
Zahlreiche Beobachter wiesen schon im Wahlkampf auf die historischen Parallelen zwischen den beiden Männern hin. «NIEMALS! – Das sagten sie 1980 auch über Reagan», schrieb im Juli Faith Whittlesey, Mitarbeiterin im Stab von Ronald Reagan und langjährige US-Botschafterin in Bern. Der als «Cowboy aus mittelmässigen Westernfilmen» verlachte Kandidat sei von den Eliten lange nicht ernst genommen worden. «Doch die Menschen wählten, die Nation sprach, und sie hatten sich getäuscht», so Whittlesey.
Nach dem Sieg Trumps stellt sich die Frage, ob die Parallelen hier und jetzt enden. Denn Reagan übertraf die Erwartungen nicht nur an der Urne, sondern auch in seinen zwei Amtszeiten. Seinen Wahlkampfslogan «Let's make America great again» (Wem kommt der bekannt vor?) löste er in den Augen vieler Amerikaner ein, als er einem von Vietnamkrieg, Ölkrise und Geiselnahme von Teheran gebeutelten Land zu neuer Zuversicht – und Stärke verhalf. Nach der Entspannungspolitik seiner Vorgänger setzte er wieder auf Konfrontation mit der Sowjetunion. Als er 1988 abtrat, stand «das Reich des Bösen», wie er die UdSSR nannte, kurz vor dem Kollaps.
Bei allen Parallelen dürfen zwei zentrale Unterschiede zwischen den beiden nicht übersehen werden: Ronald Reagan war zwar kein Establishment-Kandidat, aber sicher kein politischer Outsider wie Trump. Als er 1980 ins Weisse Haus einzog, hatte er schon zwei Amtszeiten als Gouverneur von Kalifornien, dem bevölkerungsreichsten Staat der USA, hinter sich.
Und im Gegensatz zu Trump bewies Reagan Humor und Pragmatismus. Wenn er nicht über seine Kritiker witzelte, dann oft über sich selbst. Und er begriff trotz seiner konservativen Überzeugungen Politik als Kunst des Möglichen. Beide Einstellungen kommen in einem Zitat aus seiner Anfangszeit im Weissen Haus zum Ausdruck: «Wenn ich als Gouverneur merkte, dass ich nicht 100 Prozent vom dem erreichen konnte, was ich wollte, dann nahm ich halt 80 Prozent.»
Hier und da liess Trump in seinem Wahlkampf Pragmatismus erkennen. Seine ursprüngliche Ankündigung, elf Millionen mexikanische Einwanderer zu deportieren, hat er später deutlich relativiert, sehr zum Missfallen erzkonservativer Republikaner. Und während die vielen Widersprüche und Kehrtwenden in seinen Positionen nicht gerade von seriöser Vorbereitung und Reflexion zeugen, so könnte man sie ihm mit viel Wohlwollen auch als fehlende Ideologie = Pragmatismus auslegen.
«History is not destiny», schreibt Kolumnist Gil Troy in der New York Times über die historischen Parallelen zwischen 1980 und 2016. Nur weil sich in der Geschichte etwas Ähnliches ereignet hat, heisst das noch lange nicht, dass es sich jetzt wiederholt. Aber wem nicht nach Verzagen zumute ist, der kann hoffen, dass Donald im Januar ein bisschen Ronald wird.
Trump steht "uns" viel näher als es andere Republikanische Kandidaten gewesen wären. Speziell Ted Cruz, der Trump noch am nächsten kam, wäre nüchtern betrachtet die viel schlimmere Wahl gewesen.
Ich glaube nicht, dass Trump rassistisch und homophob ist - er hat das kalkuliert. Verwerflich, ja, aber erfolgreich.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a4/Budget_Deficit_1971_to_2001.png
Und wer durfte dieses Desaster wieder aufräumen? - genau - ein gewisser Demokrat namens Clinton...