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Diese 7 Friedensabkommen haben für Stabilität gesorgt

Local Belfast workers Kathy Regan, left, and Jane McGuigan read a copy of the Northern Ireland Peace Agreement as they pose with the document on the Falls Road, west Belfast, Northern Ireland, Wednesd ...
In Nordirland sind nach dem Karfreitagsabkommen Exemplare des Friedensvertrags verteilt worden, April 1998.bild: keystone

Diese 7 Friedensabkommen haben für Stabilität gesorgt

19.12.2024, 11:00
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Weltweit sind Millionen von Menschen von Kriegen und Gewaltkonflikten betroffen, von denen einige seit Jahrzehnten andauern.

Häufig wird ein Waffenstillstand erreicht, doch der Weg zu dauerhaftem Frieden braucht mehr als das Schweigen der Waffen. Denn Kriege und Konflikte können schnell wieder aufflammen.

Kriege können auf ganz unterschiedliche Weise enden – durch Kapitulation, eine militärische Entscheidung oder am Verhandlungstisch. Diese Beispiele zeigen, dass Verhandlungen zumindest für eine gewisse Zeit für Stabilität sorgen können.

Westfälischer Friede – 1648

Der Dreissigjährige Krieg (1618–1648) war einer der blutigsten Kriege der europäischen Geschichte, der vornehmlich Deutschland verwüstete. Er begann als religiöser Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten im Heiligen Römischen Reich, entwickelte sich später zu einem europaweiten Krieg und endete als Territorialkrieg.

The entrance of Dutch envoy Adriaan Pauw into M�nster
*oil on canvas
*100 � 161,5 cm
*ca. 1646
Einzug in Münster zu den Friedensverhandlungen 1643.bild: gemeinfrei

Die Friedensverträge von 1648 beendeten nicht nur den gnadenlosen und komplizierten Krieg, sondern legten auch die Grundlage für das moderne Staatensystem.
Es war der erste grosse Friedenskongress in Europa, der später als Vorbild für künftige Verhandlungen galt.

Der Westfälische Friedensschluss machte die Eidgenossenschaft übrigens offiziell unabhängig vom Heiligen Römischen Reich und anerkannte sie als souveränen Staat.

Wiener Kongress – 1814/1815

Nach der Niederlage Napoleons sorgte der Wiener Kongress, der vom 18. September 1814 bis zum 9. Juni 1815 stattfand, für eine Neuordnung Europas.

Dieser war auch für die Schweiz von grosser Bedeutung. Denn während der napoleonischen Ära stand die Schweiz unter französischer Kontrolle und verlor ihre Unabhängigkeit. Mit dem Wiener Kongress erhielt die Schweiz ihre heutigen Grenzen sowie ihre bewaffnete Neutralität.

Europa nach dem Wiener Kongress von 1815. Mittendrin die neutrale Schweiz.
Europa nach dem Wiener Kongress von 1815.

Camp-David-Abkommen – 1978

1979 unterzeichneten Ägyptens Präsident Anwar as-Sadat und der israelische Ministerpräsident Menachem Begin einen Friedensvertrag. Dieser entstand unter der Vermittlung des US-amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter.

FILE - Egypt's President Anwar Sadat, left, shakes hands with Israeli Prime Minister Menachem Begin as U.S. President Jimmy Carter, center, looks on at Camp David, Md., Sept. 7, 1978. (AP Photo,  ...
1978: Ägyptens Präsident Sadat (l.) schüttelt dem israelischen Premierminister Begin die Hand – zu Freude von US-Präsident Carter. Bild: keystone

Im Gegenzug für den Frieden und die Anerkennung Israels gab Israel die Sinai-Halbinsel, die es 1967 im Sechstagekrieg erobert hatte, an Ägypten zurück.

Der Vertrag markierte einen Meilenstein im Nahostkonflikt, brachte jedoch tiefgreifende Konsequenzen mit sich. Die arabische Welt isolierte Ägypten und schloss das Land aus der Arabischen Liga aus. Viele betrachteten die Anerkennung Israels als Sakrileg. Radikale Kräfte verübten 1981 in Kairo ein Attentat auf Sadat. Seine Bemühungen für den Frieden kosteten ihn das Leben.

FILE - In this Oct. 6, 1981 file photograph, Egyptian soldiers tend to wounded after an attack on the reviewing platform which killed Egyptian President Anwar Sadat in Cairo, Egypt. Iran's 1979 I ...
Anschlag auf den ägyptischen Präsidenten Anwar as-Sadat in Kairo, Oktober 1981.Bild: AP

Bis heute beeinflusst der Ausgang des Sechstagekriegs die Geopolitik im Nahen Osten. Während Israel den Sinai aufgrund des Friedensvertrags mit Ägypten bis 1982 vollständig zurückgab, behielt es Ost-Jerusalem, das Westjordanland und Gaza (bis 2005) sowie die Golanhöhen.

Israeli supplies are air dropped to troops in the Sinai, June 1967. (AP Photo)
Israelische Versorgungsgüter fallen im Sinai nieder, Juni 1967.Bild: AP HO
Egyptian prisoners of war are shown during the Arab-Israeli Six Day War in June 1967. Exact date and location unknown. (KEYSTONE/AP Photo/Str)
Ägyptische Kriegsgefangene während des arabisch-israelischen Sechstagekriegs, Juni 1967.Bild: AP

Namibia-Unabhängigkeitsabkommen – 1988

Namibia wurde 1990 unabhängig – nach über 100 Jahren Fremdherrschaft und zwei leidvollen Kolonialerfahrungen.

Von 1884 bis 1915 regierte die deutsche Kolonialmacht das Gebiet, das damals Deutsch-Südwestafrika genannt wurde, und verübte einen Völkermord an den einheimischen Herero und Nama. Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm Südafrika im Jahr 1921 die Kontrolle über das Gebiet und führte ein Apartheidregime ein, bei dem indigene Völker unterdrückt und diskriminiert wurden.

Briefmarken von 1975 der UN mit der Forderung nach der Unabhängigkeit Namibias.
Briefmarken von 1975 der UN mit der Forderung nach der Unabhängigkeit Namibias.bild: gemeinfrei

1966 entzogen die Vereinten Nationen Südafrika das Mandat über Namibia, was die südafrikanische Regierung ignorierte. Erst mit dem Ende des Kalten Krieges wurde die Apartheid mit dem Unabhängigkeitsabkommen beendet. Dieses wurde in Genf ausgehandelt und ist kein klassisches Friedensabkommen. Es hat keinen bewaffneten Konflikt zwischen zwei Parteien beendet, doch es brachte Frieden in die Region.

Deutsch-Südwest – Reste einer Kolonie

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Deutsch-Südwest – Reste einer Kolonie
Als Namibia noch Deutsch-Südwestafrika hiess und eine Kolonie war, liessen sich Tausende Reichsbürger in dem afrikanischen Land nieder. Ihre Spuren sind heute fast verwischt: Die verfallenen Gebäude sind stumme Zeugen jener Tage.
quelle: moment editorial / sergio pessolano
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Dayton-Abkommen – 1995

Der Zerfall Jugoslawiens führte 1992 zum Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegowina. Bosnische Serben griffen mit der jugoslawischen Armee (JNA) und paramilitärischen Gruppen bosnische Städte an, um die Unabhängigkeit Bosniens zu verhindern. Der Krieg war geprägt von der Belagerung Sarajevos und dem Genozid in Srebrenica.

Sowohl internationale Vermittlungsbemühungen als auch der Einsatz von US-Truppen konnten den Krieg nicht beenden. 1995 führte die NATO umstrittene Luftangriffe durch, die schliesslich mit dem Rückzug der bosnisch-serbischen Truppen endeten.

Citizens of Mostar walk at Neretva river bank in front of improvized bridge at place of famous Old Bridge Thursday, November 30, 1995, by the sign reminder of Bosnian Croats made destruction at Muslim ...
Die Zerstörung der historischen osmanischen Brücke von Mostar (Stari Most) durch die kroatische Armee im November 1993 war eines der symbolträchtigsten Ereignisse des Bosnienkrieges.Bild: AP

Im selben Jahr kam der Dayton-Friedensvertrag unter Vermittlung der USA und der EU zustande. Unterzeichnet wurde es von Serbiens Präsident Slobodan Milošević, Kroatiens Präsident Franjo Tuđman und dem bosnisch-herzegowinischen Präsidenten Alija Izetbegović.

Der Vertrag beendete das Blutvergiessen, sorgt aber bis heute für Spannungen.

Kriegsschaeden und Truemmer vom Bosnienkrieg in Sarajevo, Republik Bosnien und Herzegowina, aufgenommen im Januar 1997. (KEYSTONE/Martin Ruetschi)
Kriegsschäden des Bosnienkriegs in Sarajevo, Januar 1997. Bild: KEYSTONE
Alltag in Sarajevo, Republik Bosnien und Herzegowina, aufgenommen im Januar 1997. (KEYSTONE/Martin Ruetschi)
Alltag nach dem Krieg in Sarajevo, Januar 1997.Bild: KEYSTONE

Karfreitagsabkommen – 1998

Der Nordirlandkonflikt hat eine lange Geschichte. Seine Wurzeln reichen bis ins Mittelalter zurück. Die Engländer kolonisierten die Insel ab dem 12. Jahrhundert. 1922 wurde Irland unabhängig – allerdings ohne den Norden.

1968 mündete der Konflikt in einen bürgerkriegsartigen Machtkampf zwischen Katholiken und Protestanten – auch bekannt als «The Troubles». In der blutigen Auseinandersetzung ging es darum, ob die nördlichen Teile Irlands bei Grossbritannien verbleiben oder zu Irland gehören sollten.

Zwei Frauen schuetzen sich in Londonderry mit Taschentuechern vor dem Traenengas, das die britische Polizei gegen steinewerfende Jugendliche eingesetzt hat (aufgenommen am 20. Februar 1972). Weniger a ...
Zwei Frauen schützen sich in Londonderry mit Taschentüchern vor Tränengas, das die britische Polizei gegen steinewerfende Jugendliche eingesetzt hat. Einen Monat zuvor töteten britische Soldaten 14 unbewaffnete Katholiken. Jener Tag ist als «Bloody Sunday» in die Geschichte eingegangen, Februar 1972. Bild: PHOTOPRESS-ARCHIV
Ein Junge geht die Conway Street in Belfast hinunter, in der die meisten Haeuser nach Ausschreitungen durch Feuer zerstoert worden sind (aufgenommen am 20. August 1969). Nach blutigen Unruhen in der S ...
Ein Junge schlendert durch einen zerstörten Wohnblock in Belfast, August 1969.Bild: PHOTOPRESS-ARCHIV

Am Karfreitag 1998 konnte die gewalttätige Phase des Nordirlandkonflikts mit dem Karfreitagsabkommen (Belfast Agreement) beendet werden. Unterzeichnet wurde es von der britischen und der irischen Regierung sowie von politischen Parteien Nordirlands.

Trotzdem bleibt die Zugehörigkeit ein sensibles Thema. Insbesondere der Brexit hat die alten Spannungen erneut aufflammen lassen.

A British soldier patrols near a church on the edge of the Falls Road District of Belfast, Northern Ireland on April 3, 1972. (AP Photo) (KEYSTONE/AP/)
Ein britischer Soldat patrouilliert in der Nähe einer Kirche in Belfast, April 1972.Bild: AP

Friedensabkommen in Kolumbien – 2016

Mehr als ein halbes Jahrhundert dauerte der bewaffnete Konflikt in Kolumbien. Die FARC-Guerilla kämpfte gegen die kolumbianische Regierung – ursprünglich für eine sozialistische Revolution.

A local fisherman passes the remains the police station that was attacked on April 21, 1999 by soldiers with the 57th front of the Revolutionary Armed Forces of Colombia (FARC ) in the border town of  ...
Von der FARC zerstörte Polizeistation, Mai 1999.Bild: AP

Nach zahlreichen Friedensverhandlungen, die 2012 begannen, unterzeichneten beide Parteien 2016 einen Friedensvertrag. Die Schweiz wirkte beim Friedensprozess als Vermittlerin mit.

Swiss Federal President Alain Berset, and his translator Anette Schorr disembark a Black Hawk UH-60 helicopter of the Colombian military, on Wednesday, August 9, 2023 in Dabeiba, Colombia. President B ...
Alain Berset besucht eine Einrichtung zur Reintegration ehemaliger FARC-Kämpfer, die den Friedensvertrag unterzeichnet haben, August 2023. Bild: KEYSTONE
epa10577531 View of the handband of a FARC dissident guerrilla holding a rifle, in Casa Roja, Colombia, 16 April 2023 (issued 17 April 2023). Some 10,000 people were expected, and although the figure  ...
Ein Armband eines FARC-Dissidenten zeigt den Guerillaführer Che Guevara mit einer Kappe, die ein Schweizer Kreuz ziert, April 2023. Bild: EPA EFE

Doch obwohl die grösste Guerillagruppe Lateinamerikas durch das Abkommen entwaffnet wurde, bleibt der Frieden fragil.

Denn einige FARC-Einheiten lehnten das Friedensabkommen ab und kehrten zurück in den Untergrund. Gemeinsam mit anderen Guerillagruppen setzen sie ihren Kampf fort.

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33 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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JBV
19.12.2024 12:38registriert September 2021
Dauerhafter Frieden braucht dauerhafte, gemeinsame Arbeit am Frieden. Ein Friedensabkommen ist nur ein Anfang.

Erfolgreich war/ist z.B. die Zusammenarbeit Grossbritanniens, Frankreichs und Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg. Wie oft haben diese Mächte in der Vergangenheit Krieg gegeneinander geführt? Heute undenkbar und so soll es auch bleiben! Streit und Konflikte müssen, durch dauerhafte Zusammenarbeit, gelöst oder mindestens eingedämmt werden in jedem Fall ohne zur Gewalt zu greifen.
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