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Wladimir Putin

Putins neue Probleme: Kadyrow schiesst gegen «Lieblingsgeneral»

This handout photo taken from video released by Russian Defense Ministry Press Service Tuesday, Oct. 4, 2022, shows the Russian military's Grad multiple rocket launcher firing rockets at Ukrainia ...
Die russische Armee muss sich in der Ukraine vermehrt mit defensiven Aufgaben beschäftigen.Bild: keystone

Putins neue Probleme: «Beunruhigende» Lage und Kadyrow schiesst gegen «Lieblingsgeneral»

Das russische Parlament ratifiziert die «Verträge» zum «Beitritt» von vier ukrainischen Gebieten zu Russland. Derweil wird die Kritik an der russischen Militärführung immer lauter – auch vonseiten prominenter Politiker.
05.10.2022, 12:06
Inna Hartwich, Moskau / ch media
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Moskau arbeitet sich schnell und stur an seinem Programm des Landraubs ukrainischer Territorien ab. Am Montag hatte zuerst die Duma, das Unterhaus des russischen Parlaments, für Änderungen in der Verfassung zugestimmt – ohne Gegenstimme freilich. Am Dienstag folgte, ebenfalls ohne Gegenstimme, der Föderationsrat, das Oberhaus des Parlaments.

Die Stimmung wandelt sich

Die Gebiete Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja nennt Russland nun «auf ewig» russisch. Die Unterschriften unter die vier «Ratifizierungsverträge», für jedes Gebiet eines, sind gesetzt. Bis zur vollen Umsetzung der Gesetze gilt eine Übergangsfrist bis zum Jahr 2026.

Zu feiern aber, wie Russlands Präsident Wladimir Putin mit seiner Unterschrift bereits am vergangenen Freitag zu tun vorgab, gibt es wenig im Land. Putins Traum von der «historischen Gerechtigkeit» scheitert an der Realität. Auch wenn viele im Land diese Realität weiterhin verleugnen.

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Putin träumt von der «historischen Gerechtigkeit». Doch der Traum scheint derweil an der Realität zu scheitern.Bild: keystone

Die Stimmung aber wandelt sich. Nach Umfragen des staatlichen Meinungsforschungsinstitutes FOM bezeichnen knapp 70 Prozent der Befragten die Atmosphäre mittlerweile als «beunruhigend». Das ist doppelt so viel wie vor der Ausrufung der sogenannten «Teilmobilisierung», die die Russen als «Vollmobilisierung» wahrnehmen.

Moskaus «militärische Spezialoperation» ist in jeder Familie in Russland angekommen. Die Menschen, die das Thema Krieg in den vergangenen sieben Monaten oft mit nahezu allen Mitteln zu umgehen versuchten, reden über kaum etwas anderes mehr.

Indirekt steht durch die Unzufriedenheit der Menschen letztlich auch die Autorität des Kremlchefs in Frage. Vor allem auch, weil die Falken des Regimes immer lauter werden, auch wenn ihre Kritik Putin als Oberbefehlshaber noch herausnimmt.

Öffentliche Kritik an Putins General

Ramsan Kadyrow, der ungehobelte Machthaber Tschetscheniens, warf einem hohen General militärisches Versagen vor und nannte öffentlich den «Nichtsnutz» nach der Schlappe von Lyman, wo sich russische Streitkräfte Ende vergangener Woche offiziell auf «vorteilhaftere Linien» zurückgezogen hatten, beim Namen: Alexander Lapin.

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Sieht sich harscher Kritik ausgesetzt: Der russische General Alexander Lapin ist laut Ramsan Kadyrow, ein «Nichtsnutz».Bild: keystone

Lapin ist einer der federführenden Regionalkommandanten, den Putin seit der Invasion im Gegensatz zu anderen Generälen nicht entlassen hatte. Er gilt gewissermassen als Putins Liebling und wird nun nicht nur von Kadyrow offen angegangen. Auch Jewgeni Prigoschin, der Gründer der Söldnergruppe «Wagner», sprang Kadyrow bei. «All diese Volldeppen sollen mit Sturmgewehren barfuss an die Front», heisst es in Prigoschins Telegram-Kanal.

Das ist durchaus als Alarmzeichen zu sehen, denn sowohl Kadyrow als auch Prigoschin betreiben mit ihren schlagkräftigen und treu ergebenen Privatarmeen gewissermassen eigene Machtzentren innerhalb der russischen Streitkräfte. In der Ukraine haben sie mit ihren brutalen Methoden Erfolge vorzuweisen und könnten sich im Gerangel um Macht Vorteile zu schaffen versuchen – mit gewaltsamen Mitteln. Kadyrow hört nicht auf, laut nach dem Einsatz von Nuklearwaffen in der Ukraine zu fordern.

Chechnya's regional leader Ramzan Kadyrov arrives to attend a ceremony to sign the treaties for four regions of Ukraine to join Russia, at the Kremlin in Moscow, Friday, Sept. 30, 2022. The signi ...
Tschetschenen-Machthaber Ramsan Kadyrow will den Einsatz von Atomwaffen.Bild: keystone

Auch etliche Militärblogger klagen über die «Unentschlossenheit» an der Front. Sie prangern den Mangel an Kommunikation zwischen den Einheiten an, beschweren sich über fehlende Verteidigungslinien und die viel zu spät ausgerufene Mobilisierung, die auch noch ungeordnet ablaufe. Die Kluft zwischen dem inszenierten Jubel aus dem Machtapparat und den Problemen mit der Antwort auf «Wie weiter?» wird immer grösser.

Putin selbst holt lieber aus mit seiner verworrenen Darstellung von Geschichte als auf praktische Fragen zu reagieren. Wo Russlands Westgrenze verläuft, vermag niemand zu sagen. Faktisch kontrolliert Moskau den Grenzverlauf nicht. Wie es auch die Machtverteilung innerhalb der annektierten Gebiete bislang nicht klar geregelt hat. (aargauerzeitung.ch)

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quelle: keystone / morris macmatzen / pool
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Kadyrow kratzt Ukraine-Kleber ab
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79 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pontifax
05.10.2022 12:20registriert Mai 2021
AUCH Kadyrow wird noch zur Rechenschaft gezogen.
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Hösch
05.10.2022 12:30registriert März 2022
Da ja alles nach Plan verläuft ist die Frage eben die was eigentlich der Plan war.

Ein Hoch auf die Korruption in der glorreichen russischen Armee.

Angst und Schrecken kann der Putin grad so gut verbreiten wie sein Vorbild. Bloss hatte Stalin lend & lease gehabt und eine Wehrmacht in Sommeruniformen vor Moskau. Putin hat Korruption und keine Winteruniformen.
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Magnum
05.10.2022 13:04registriert Februar 2015
Übrigens bin ich der Meinung, dass ein plötzliches Ableben Kadyrows aktuell für die Menschheit sehr zu begrüssen wäre. Das gilt so auch für Prigoschin. Wer aus Mord und Totschlag ein Geschäftsmodell macht, bringt die Menschheit nicht weiter. Die beiden sollen selbst an die Front - und bitte ihr Handy mitnehmen, damit die Scharfschütze auch wissen, wo die Trophäen hocken.
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