
Sag das doch deinen Freunden!
Es ziemt sich für einen Journalisten natürlich nicht, einen Artikel «in house» zu machen: Ein Gespräch unter Kollegen gilt wegen der fehlenden Distanz als unprofessionell. Und auch wenn watson schon einige Male inzestuöse Interviews unters Volk gebracht hat, stand unser Plausch mit Knackeboul unter einem besonders unprofessionellen Stern.
watson: Du gefährdest Arbeitsplätze! Zuallererst meinen, weil wir unser Gespräch ja schon geführt haben, und ich zu dumm war, es richtig aufzunehmen ...
Knackeboul: (lacht dreckig)
Was ist das professionell Peinlichste, was dir bis jetzt passiert ist?
Verschiedenste Sachen – zum Beispiel beim Greis. Er ist eines meiner grössten Vorbilder und als er das erste Mal bei mir auf der Bühne war, was eine grosse Ehre für mich gewesen ist, ist sein Mikrofon den ganzen Auftritt lang nicht offen gewesen. Man hat ihn also gar nicht gehört mit seinem Featuring. Das war Part eins der Misere, Part zwei der Misere ist, dass Greis vor einer Woche bei meiner Show Hotel Hektik war und aus seinem neuen Album vortragen wollte, und ich ihn auf der Bühne mit Songs angekündigt habe, die er gar nicht spielen wollte und auch nicht dabei hatte.
Shit!
Es war aber noch gut: Greis hat ein bisschen Impro gemacht, und er hat mich immer noch gern.
Was mir noch geblieben ist aus unserem eigentlichen Interview: Du gefährdest ja auch Arbeitsplätze durch dein neues Video für «Abundzue» ...
Ja, ich habe für das Video dicke Menschen gebraucht, so richtig dicke. Ich habe dann auf Facebook einen Aufruf gemacht und viele Bewerbungen bekommen. Das war lustig, aber das Video ist dann fast ein bisschen ... explizit geworden. Und ich musste dann verschiedene Szenen mit den Statisten nochmal abklären, was dann dazu geführt hat, das wir einige Szenen wieder rausnehmen mussten, weil das vielleicht für ihren Job nicht gut gewesen wäre.
Der Sound ist knackig, aber das Video eigentlich ja harmlos. Was sagt das über unsere Gesellschaft aus, wenn die Leute für sowas Ärger im Job kriegen können?
Ob das jetzt so passiert wäre, sei mal dahingestellt, aber ich bin bei sowas auch immer sehr zuvorkommend: Ich wollte unbedingt abklären, dass das okay ist. Bei sowas ist in der Schweiz die Toleranzgrenze schon etwas kleiner – nicht dass jemand boulevardmässig auf einem Portal wie watson nachher Schlagzeilen macht und es einen Skandal gibt. Dann heisst es plötzlich: Wegen Knäck Job verloren – oder so.
Du gefährdest auch Arbeitsplätze mit Songs wie «Kinder des Kapitalismus Pt. 2»: War es dir ein Anliegen, auf dem neuen Album starke Statements zu machen?
Nicht primär, es war mir mehr ein Anliegen, diese Seite an mir nicht völlig auszuklammern, wie es andere Künstler machen – gerade bei Themen wie Migration und Flüchtlinge. Darum gibt es einige sehr politische Songs und in einigen anderen klingt auch noch ein bisschen Gesellschaftskritik mit. Aber es ist nicht per se ein politisches Album.
Wer politisch eine Position bezieht, bekommt auch Gegenwind: Bekommst du viele Kommentare zu deinen Stücken? Liest du die überhaupt?
Ich lese sie schon, aber es kommt auch auf die Art der Kommentare an. Meine Theorie ist: Facebook-Kommentare darf man nicht so krass werten. Wenn etwas 100 Likes hat, aber zehn schlechte Kommentare, ist das immer noch gut, denn wer es nicht gut findet, kann das ja nur über die Kommentarspalte ausdrücken. Aber ich bekomme auch von anderen Seiten Kritik – insbesondere von Rechtsaussen-Positionen. Oder dummen Positionen. Und von Fanatikern auch.
Gibt es da einen Kommentar, der dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Ja, solche, bei denen es darum geht, dass ich ein Landesverräter bin, verprügelt werden sollte – und ausgeschafft. Es geht bis zu Morddrohungen, aber oft trauen sich die Leute nicht, mir direkt zu drohen, sondern sagen, ich soll mich umbringen. Ich habe zum Beispiel mal gelesen: Spring von der Brücke und schiess dir in den Hals. Das ist noch eine lustige Kombination: Erst schiessen? Oder erst springen und dann in der Luft abdrücken?
Spring nicht! Du musst doch noch Promotion für dein neues Album machen ...
Ich habe in den letzten drei Tagen 21 Promo-Termine gehabt. Zum einen ist es schön, dass es die Leute interessiert. Zum anderen muss man sagen: Die Schweizer Medienlandschaft liegt also anscheinend in den letzten Zügen. Das Elend ist gross, Inhalte zählen nicht mehr so viel ...
(lacht nervös) Ähh... Gar nicht!
Nein, also vor mir liegt jetzt eine Veranstaltung im Kino «Arthouse: Le Paris», wo der Film zu meiner Weltreise namens «Knackträcks» Premiere feiert und dann mache ich ja noch Videöli für watson, und am 5. Februar ist Plattentaufe im Moods in Zürich.
die spiessig, arrogante und
humorlose Gesellschaft bemitleiden. Danke Knäcke!