Masih Alinejad hat scheinbar die Büchse der Pandorra geöffnet, als sie Anfang Mai Bilder online stellte, auf denen sie ohne das vorgeschriebene Kopftuch durch Teheran fährt: Viele Iranerinnen taten es der Journalistin gleich, fotografierten sich ohne Hijab und luden die Ergebnisse unter dem Hashtag #MyStealthyFreedom bei Twitter oder der entsprechenden Facebook-Seite auf, die mittlerweile fast 440'000 Personen gefällt.
We are a community of women in #Iran that says no to forced hijab #mystealthyfreedom https://t.co/7OeTTctNYU pic.twitter.com/HD7XoiRiq2
— Stealthy Freedoms (@masihpooyan) 30. Mai 2014
Die Nachahmerinnen gehen dabei ein hohes Risiko ein, sofern sie ihre Aufnahmen im Iran im öffentlichen Raum machen: Die Sittenwächter verstehen keinen Spass, eine Religionspolizei gibt es ausser im Iran bloss in Staaten wie Saudi-Arabien, Pakistan, dem Jemen, Afghanistan, Ägypten, Malaysia und Nigeria. Also allesamt Länder, in denen Frauen nichts zu lachen haben.
Freedom means choice. What is greater than choosing what we wear. #Iran #mystealthyfreedom https://t.co/6yyHHBUgVo pic.twitter.com/jNlHfCtqE6
— Stealthy Freedoms (@masihpooyan) 30. Mai 2014
Let's teach our daughters to be brave and not be forced into hijab #mystealthyfreedom https://t.co/85F9QJBWAG pic.twitter.com/fiaqWVHKBg
— Stealthy Freedoms (@masihpooyan) 2. Juni 2014
I have nightmares that I'm in public and forgot my veil. #Iran #mystealthyfreedom https://t.co/UQTwwwho5t pic.twitter.com/beKNlv6pDE
— Stealthy Freedoms (@masihpooyan) 26. Mai 2014
"My hijab has slipped off in public many times. They threatened to arrest me if it happens again" #mystealthyfreedom pic.twitter.com/JTWP4vrZIf
— Maryam Nayeb Yazdi (@maryamnayebyazd) May 30, 2014
Masih Alinejads Foto hat eine Kettenreaktion in Gang gesetzt, die sich nicht so ohne weiteres stoppen lässt. Wie zuvor bei Protesten von Frauen in Tunesien und anderen islamischen Staaten sind neue Medien, Facebook und Twitter involviert. Das Selfie, das trendige, egozentrisch-konnotierte Selbstportrait, dient plötzlich als Zugpferd der gerechten Sache. Sogar Männer machen mit.
حمایت رضا پهلوی از کمپین #آزادی_های_یواشکی زنان در ایران.
#mystealthyfreedom #iran pic.twitter.com/UGCx0ttonN
— Maryam Nayeb Yazdi (@maryamnayebyazd) 2. Juni 2014
Selfies are now a political issue in Iran. We look at #mystealthyfreedom http://t.co/xiMD1pOE4Z pic.twitter.com/GunDd287C5
— IMAGE.ie (@IMAGE_daily) 2. Juni 2014
Dass den Funktionären das Momentum der Bewegung #MyStealthyFreedom langsam nicht mehr behagt, zeigen nun die Reaktionen des iranischen Staatsfernsehens.
Dort wurde laut Iran Wire kolportiert, Masih Alinejad sei in ihrer Wahlheimat London angegriffen worden: Sie habe sich berauscht auf der Strasse ausgezogen und sei kurz danach von drei Passanten vergewaltigt worden – vor den Augen ihres Sohnes. Die Macht der BBC habe verhindert, dass der vermeintliche Vorfall publik wurde.
Let me live free in #Iran. Let the wind blow throw my hair...#mystealthyfreedom https://t.co/gqpEiVCv6O pic.twitter.com/5PZbEelBBJ
— Stealthy Freedoms (@masihpooyan) 29. Mai 2014
In Zeitungen argumentierten Kommentatoren, eine unverhüllte Frau gebe einem Mann das Recht, seine Triebe auszuleben. «Damit ist nichts anderes als Vergewaltigung gemeint», verdeutlicht die 37-Jährige im Interview mit der Welt.
Alinejad räumt darin auch mit einem Missverständnis auf, denn es war gar nicht das Auto-Selfie aus Teheran, was die Mullahs rasend gemacht hat. «Ein paar Facebook-Freunde schrieben, was für ein Glück ich hätte, den Wind in meinen Haaren spüren zu dürfen. Daraufhin fragte ich mich, wie viele Frauen im Iran sich wohl heimliche Momente der Freiheit nehmen.»
Sie selbst schlägt online zurück, dementiert via Twitter, Facebook und auch mit einem YouTube-Video die Mär von ihrer Vergewaltigung: Moderne Medien gegen das Weltbild der Ewiggestrigen. Für Alinejad und ihre Mitstreiter bleibt viel Arbeit.
By @TheTehranTimes #MyStealthyFreedom Rocks pic.twitter.com/bdUyDkGinH
— D/\M0N دامون (@DamonGolriz) 19. Mai 2014