Bei der israelischen Bodenoffensive im Gaza-Streifen sind allein am Sonntag offenbar 112 Menschen getötet worden. Der Direktor des Shifa-Hospitals im Gaza-Streifen sprach am Abend von 62 getöteten Palästinensern, darunter 17 Kinder und 14 Frauen sowie 400 Verletzten.
Die Behörden aus dem Gaza-Streifen teilten mit, darüber hinaus seien 37 weitere Palästinenser am Sonntag ums Leben gekommen. Auf Seiten der Israelis starben nach amtlichen Angaben an dem Tag 13 Soldaten.
Derart hohe Verluste hatten die israelischen Streitkräfte zuletzt 2006 im Libanon-Krieg. Weitere Opfer auf beiden Seiten sind zu befürchten, nachdem Israel für Sonntagabend eine zusätzliche Ausweitung seiner Bodenoffensive ankündigte.
Seit Beginn der israelischen Bombardierungen vor knapp zwei Wochen sind nach Angaben aus Gaza im Gaza-Streifen über 460 Menschen gestorben und 2600 verletzt worden. Israel spricht von 18 Soldaten und zwei Zivilisten, die seit Beginn der Offensive getötet wurden.
Israel hat die Darstellung militanter Palästinenser zurückgewiesen, wonach ein israelischer Soldat in den Händen der Kassam-Brigaden ist. «Es gibt keinen entführten Soldaten, die Gerüchte sind falsch», sagte der israelische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Ron Posor, am Sonntag.
Der bewaffnete Arm der militanten Palästinensergruppe Hamas hatte zuvor erklärt, während der Kämpfe im Gazastreifen einen israelischen Soldaten gefangen genommen zu haben. Ein maskiertes Mitglied der Kassam-Brigaden hatte im Hamas-TV gesagt, der Soldat sei in ihrer Gewalt. «Der israelische Soldat Schaul Aaron ist in den Händen der Essedin-el-Kassam-Brigaden», hatte ein Sprecher der Brigaden mit dem Kampfnamen Abu Obeida am Sonntagabend im Fernsehen gesagt.
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte im Gaza-Konflikt eine sofortige Feuerpause. Die israelische Militäroffensive sei eine «scheussliche Tat», sagte Ban am Sonntag in Doha. «Die Gewalt muss aufhören.» Der UNO-Generalsekretär war in die Hauptstadt Katars gereist, um in Gesprächen mit den Konfliktparteien eine Waffenruhe zu erreichen.
Unterdessen kündigte US-Aussenminister John Kerry an, am Montag nach Ägypten zu reisen, um dort Gespräche über mögliche Lösungen des Konflikts zu führen.
Augenzeugen berichteten am Sonntag von dramatischen Szenen in hoffnungslos überfüllten Spitälern. Die israelische Armee teilte am Sonntag mit, sie errichte ein Feldlager nahe der Grenze zum Gazastreifen. Dort sollen verletzte Palästinenser behandelt werden.
Eine humanitäre Feuerpause, die das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) angeregt hatte, brach nach kurzer Zeit zusammen. Die israelische Armee habe «auf Beschuss der Hamas» reagiert und «zurückgeschossen», erklärte ein Armeesprecher. Die zweistündige Kampfpause am Sonntagnachmittag hätte dazu dienen sollen, die Leichen in Sadschaija zu bergen.
Die palästinensische Politikerin Hanan Aschrawi warf Israel vor, in Gaza ein «Massaker» anzurichten. Israel übe mit seiner Offensive im Gazastreifen «Staatsterrorismus» aus, sagte Aschrawi nach Angaben ihres Büros vom Sonntag.
Auch der palästinensische Präsident Mahmud Abbas bezeichnete den israelischen Angriff als Massaker. Als Reaktion auf die steigenden Opferzahlen ordnete Abbas laut der Nachrichtenagentur Wafa eine dreitägige Staatstrauer an. (sda/afp/dpa/reu)