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Du willst nur das Beste? Voilà:
Sie wird zu spät besucht, hat nachweislich eine geringe Wirkung und kostet mehr als eine Woche Strand-Urlaub: Die Zwei-Phasen-Ausbildung für den definitiven Führerschein. Vor gut 10 Jahren wurden ein Schleuderkurs und ein Kurs zum Fahrverhalten für Neulenker obligatorisch. Jetzt musste durfte ich mir endlich selber ein Bild der verpönten «WAB-Kurse» machen.
Alles beginnt an einem wunderschönen Herbstmorgen. Die Vögel zwitschern und die Kaffeemaschinen dröhnen im Chor, als ich das erste Mal ins Auto steige, um aufs TCS-Gelände für den «WAB-Kurs-2» zu fahren.
Dort angekommen, warte ich erstmal mit 10 anderen Leuten auf die Fachkräfte, die uns «professionelles Fahren» beibringen sollen. Die Erwartungen der Teilnehmer sind spürbar gering. Von allen Seiten tönt es: «Das macht doch keinen Sinn», oder: «so viel Geld für nichts». Klar wird: Niemand ist freiwillig hier.
Dann wird es Zeit für die erste Lektion: Die Vorstellungsrunde. Auf einem White-Board ist ein Fragen-Katalog aufgelistet, den wir der Reihe nach beantworten dürfen:
Ist das ein Kurs oder eine Therapiestunde? «Damit ihr wisst, zu wem ihr euch nachher ins Auto setzen wollt», scherzt die Instruktorin. Ich überlege still, welche der 10 Leute, die Stau als grosses Ärgernis angeben, wohl meine Favoriten sind. Eine knappe Stunde dauert das Vorspiel. Währenddessen sitzen vier Instruktoren im Raum. Eine davon leitet die Diskussion, die anderen drei warten geduldig, bis sie sich in den letzten drei Minuten auch noch kurz vorstellen dürfen.
Eine erste Pause wird fällig. Bis jetzt haben wir nichts gemacht, ausser uns selber vorgestellt.
Nachdem alle Teilnehmer die Namen und die gemachten Aussagen schon wieder vergessen haben, geht es endlich an den inhaltlich relevanten Teil: Wir dürfen unser eigenes Fahrverhalten einschätzen. Dazu wird uns ein Fragebogen vorgesetzt, bei dem man jede Aussage auf einer 5-stufigen Skala von «nein», über «weder noch», bis «ja» bewerten musste. Die Aussagen lauteten zum Beispiel:
Danach soll man von der Skala ablesen können, ob man eher zu «aggressivem», «normalem» oder zu «vorsichtigem» Fahrstil neigt. Später soll man dann schauen, ob das auch der Wahrnehmung der anderen entspricht.
Dieser Test verläuft aber im Nichts. Es wird nie mehr darauf Bezug genommen, es wird nichts verglichen und es wird keine Bewertung vorgenommen.
Am meisten lerne ich in der nächsten Rauchpause von den Instruktoren. Zum Beispiel ...
Nachdem genug Zeit verstrichen war, ging es ans Eingemachte: Die Gruppen-Bildung für den praktischen Teil. Sorgfältig wird geschaut, dass in jeder Gruppe Männlein und Weiblein vertreten sind, ein bisschen wie in der Primarschule.
Ich setze mich also mit zwei jungen Damen und der Kursleiterin ins Auto und merke gleich, dass da ein Pedal fehlt. Aha, wir fahren mit Automatikgetriebe! Der Kurs wird nämlich auch von Leuten besucht, die nur die Automaten-Prüfung haben.
Das Auto hat allen möglichen Schnickschnack: Neigungssensor, Front- und Heckkamera und so weiter. Als jemand, der sich mit einem ABS-System modern fühlt, komme ich mir ein bisschen vor, wie in einem dieser Autos:
In einem Automatik-Auto das automatisch erkennt wenn es bergab geht und ob ein Hindernis im Weg ist, fährt es sich natürlich etwas anders und somit verändert sich auch der Fahrstil.
Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit fährt es sich aber ganz gut. An dieser Stelle muss auch mal ein Lob an die Instruktoren ausgesprochen werden. Es ist bestimmt nicht einfach, einen Kurs zu leiten, der von so vielen als unnötig angesehen wird. Mit Fragen und Smalltalk geben sie das Beste, dass die Leute auf der Rückbank nicht einschlafen, während wir mit dem Auto unsere Kreise ziehen.
Natürlich gibt es nach 30 Minuten Fahrt bereits wieder eine lange Pause. Man ist ja schliesslich verpflichtet, den Kurs bis 16:30 Uhr dauern zu lassen. Danach nochmals eine Dreiviertelstunde durch kurviges Gebiet fahren und schon sind wir wieder zurück. Dort gibt es erstmal Feedback. Aber wie angekündigt nicht von der Instruktorin, sondern von den anderen beiden Teilnehmern.
Netterweise fragt die Instruktorin dann doch nach, ob ich auch noch von ihr Feedback wünsche. Nachdem ich mich ausdrücklich dafür ausgesprochen habe, bringt sie ihre Kritikpunkte an. Wie zu erwarten hatte sie sich einiges mehr notiert und konnte auch mit mehr Fachwissen aufwarten. Wieso nicht gleich so?
Nach einer Mittagspause gibt es wieder Theorie, diesmal zum «ökologischen Fahren».
Hier kommen zum ersten Mal Anweisungen, wie man etwas besser machen könnte. Wir haben 5 Stunden im Kurs hinter uns, davon 2 Stunden Pause und hier habe ich das erste Mal das Gefühl, ich könne etwas für meine Fahrkünste aus diesem Kurs mitnehmen. Es sind einfache Dinge, wie zum Beispiel die Klimaanlage bei normalen Temperaturen auszuschalten, aber es ist immerhin etwas, was ich im Alltag anwenden kann.
Am Nachmittag geht es nochmals auf die genau gleiche Route. Diesmal zeigt aber ein Computer an, wie viel Benzin wir im Vergleich zu vorher gespart haben. Die ganze Zeit über habe ich das Gefühl, dass mir die anderen Verkehrsteilnehmer im Nacken kleben, aber ich schaffe es immerhin auf 10% weniger Benzinverbrauch. Diese Zahl gibt einem das Gefühl, dass nicht alles umsonst gewesen ist.
Rückblickend muss man aber sagen, dass alle nützlichen Tipps in der halben Stunde Theorie am Nachmittag und dem freiwilligen Feedback der Instruktorin zusammengefasst waren. Wenn man die Strecke, wo ich diese Tipps anwenden konnte, dazurechnet, waren 1.5 Stunden des Kurses nützlich. Anwesend war ich 9 Stunden.
Im Fazit kann ich sagen, dass der WAB-Kurs-2 nicht für nichts war. Vor allem die Anzeige der Benzin-Einsparungen verfehlt seine Wirkung nicht. Es gibt aus meiner Sicht aber drei grosse Kritikpunkte: