Streng viktorianisch erzogene Kinder posieren in ihren hübschen Sonntagskleidchen fürs Porträt. Artig sitzen sie da, steif und unbeweglich nehmen sie die geforderte Pose ein, versuchen krampfhaft, sich nicht zu bewegen. Und wie sie schauen! Als wären sie ihrer Kindheit entwachsen, als wüssten sie über den Ernst des Lebens längst Bescheid.
Wenn da nicht diese modern-urbanen Elemente wären, die Zoé Byland in ihre Bilder zaubert: mexikanische Wrestling-Masken, Batman-Öhrchen und Glaskugeln zieren die Köpfe der Mädchen und Jungen. Sie posieren mit identisch maskierten Hündchen, mit Katzen, Eulen und kleinen Hündchen.
Hier scheint die historische Porträtmalerei in unser Jahrhundert gepurzelt zu sein. In eine Welt, die sich zwischen «Idealismus und Trash» bewegt und die bevölkert ist von Superheldinnen, Wrestlern und Tierchen.
«Ich möchte die Grenzen zwischen Underground Art und dem traditionellen Kunstbetrieb verweben», sagt die Schweizer Künstlerin. Ihre Grundlage bilden dabei Porträtfotos aus dem 19. Jahrhundert, die sie mit zeitgenössischen Motiven aus Comics, Lowbrow, der Tattoo-Kunst oder dem Film Noir verbindet.
Sie will mit ihren Bildern die Seherwartungen unterwandern: Was man hier betrachtet, soll nicht greifbar sein. «Die irritierenden Elemente verhindern eine eindeutige zeitliche oder räumliche Einordnung. Mich fasziniert, dass die Erinnerung ein Prozess ist, der sich stets verändert. Ein objektiver Blick auf die Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft ist nicht möglich. Ein Bild ist nur ein Ausschnitt. Eine Möglichkeit.»
Zoé Byland will ihre Arbeit nicht durch fixe Bedeutungen «einengen»: «Die Aussage eines Bildes ist etwas sehr Persönliches und für jeden eine andere. Die Symbolik wird erst durch den Betrachter – seine Konventionen, seine individuelle Prägung und seinen kulturellen Kontext – gegeben.»
Und wie watson scheint auch die Künstlerin Katzen, Hunde und Eulen sehr zu mögen. Für sie sind sie mehr als nur die Begleiter der Kinder. «Sie verkörpern und spiegeln Eigenschaften der Figuren, ergänzen sie, stehen im Kontrast zu ihnen oder sind die heimlichen Hauptdarsteller. Sie sind eigene Persönlichkeiten, die das ganze Bild kommentieren.»
Zoés Kinder geistern noch bis zum 24. Dezember durch die Gänge der Trace Gallery in Zürich. Wie die Boten einer verschwundenen Zeit suchen sie unsere Gegenwart heim und erzählen von ihrer Reise durch die Jahrhunderte. Ihre Masken entrücken sie in eine fantastische Welt, wo sie der Strenge des viktorianischen Zeitalters zu entfliehen vermögen.