Wir erinnern uns an Pascale, die ich beim Pétanque kennengelernt habe? Kies, Kugeln, Drinks, Instagram-Anfrage, willkommen im Loop. Es hat schlecht ausgesehen. Zuerst sind wir blöde rumgetrödelt, dann habe ich zum Aufschlag ausgeholt, sie ist vom Spielfeld gegangen, ich habe die Hoffnung aufgegeben. Ich habe nicht gedacht, dass wir uns jemals wieder treffen werden. Wenn jemand sagt, keine Zeit zu haben, aber auch keinen Vorschlag für eine Alternative anbietet, bedeutet das nichts Gutes. Bei 99 % heisst «keine Zeit» in Wahrheit «kein Interesse».
Pascale gehört zu den anderen 1 %. Sie schrieb eine Woche lang nichts. Dann plötzlich fragte sie, ob ich etwas trinken gehen wolle. Am gleichen Abend. Also vier Stunden später. Untypisch für die Schweiz, aber gut.
Wir gingen also was trinken, noch eins und noch eins und noch eins. Mehrere Gläser später erklärte sie mir, warum sie mich nicht früher treffen wollte. Warum sie «keine Zeit» hatte. Sie hatte natürlich schon Zeit gehabt. Aber sie hätte eigentlich keine Zeit für Männer wie mich.
«Männer wie mich?», fragte ich.
«Männer, die keine Kinder wollen», antwortete sie.
Sie war 39. Hätte ich nicht gedacht. Hätte sie 32 geschätzt, Maximum. Und sie wollte Kinder. Plural. Sie sei nicht «im Stress». Aber sie könne auch keine Zeit verlieren. Ich fand alles nachvollziehbar. Schade. Aber verständlich.
Wie sie wisse, dass ich keine Kinder wolle, fragte ich. Sei schon richtig, aber trotzdem, so offensichtlich sei das doch nicht. «Ist es nicht», versicherte sie. Ich hätte auch «Daddy-Vibes». Keine Ahnung, was das ist und wie die aussehen, aber irgendwie will ich es gar nicht so genau wissen. Sie hat unseren gemeinsamen Freund über mich ausgefragt, der habe ihr das mit den Kindern gesagt, aber auch betont, dass ich «ein Guter» sei.
Warum sie mich dennoch treffen wollte, fragte ich. Sie antwortete, ohne zu zögern: «Ich hatte seit sieben Monaten keinen Sex.» Ich hätte sie auf der Stelle geheiratet, wäre ich nicht so klar gegen die Heiraterei. Nichts ist attraktiver als radikale Ehrlichkeit.
Logischerweise habe ich innert Sekunden den Nicht-wissen-ob-ein-Schritt-angebracht-ist-Zustand verlassen. Fünf Minuten später hatte ich ein Uber bestellt. Zwanzig Minuten später waren wir bei ihr. Dreissig Minuten später nackt und drei Stunden später hatten wir dreimal Sex gehabt.
Schliesslich verstand ich ihr Geständnis auch als Befehl. Ich musste ihr etwas bieten. Es galt, sieben Monate wettzumachen. Und der Sex mit ihr war gut. So richtig gut. Nicht Gut-in-Anbetracht-dessen-dass-wir-das-erste-Mal-Sex-miteinander-haben, sondern gut-gut.
Der Morgen danach war noch besser als die Nacht davor. Entspannter, unprätentiöser Sex zum Wachwerden, dann rumliegen, bisschen plaudern, nochmals einschlafen und dann ... dann ist es passiert: Das Kondom riss.
Pascale wurde unruhig. Logisch. Ich machte ihr einen Kaffee, sie öffnete hundertmal ihre Zyklus-App und atmete laut aus. Ich bot ihr an, die Pille danach kaufen zu gehen. Das wollte sie nicht. Die Verabschiedung war dennoch erstaunlich herzlich. Ich mag sie wirklich. Aber sie wird mich nie wieder sehen wollen. Ich kann ihr das nicht verübeln.
Ein paar Stunden später schickte sie mir ein Foto der Pillen-Packung, was ich ihr hoch anrechnete. Es sei schon absurd, schrieb sie mir. Da habe sie nie Sex. Weil sie sich nicht auf ein Casual-Ding einlassen wollte. Weil sie keine Zeit verlieren wollte. Weil sie ja ein Kind machen will. Und dann passiere das. «Das Schicksal ist ein Arschloch», schrieb sie und ich wusste nichts Besseres, als ihr ein Herz-Emoji zu schicken. (I know, fuck me. Aber ich war echt überfordert.)
So long,
Ben
Falsche Grösse? (Zu klein, zu gross)
Falsche Firma? (beim Automaten in der Bar gekauft)
Kondom Jahre abgelaufen?
(Intim-)Piercings?