Es ist jetzt passiert. Ich bin hochoffiziell die Alte. Nicht nur die alte Freundin. Nein, die Alte. In Sachen Alter. Ich bin die alte Ex ihres Neuen. Diesen Satz kann Sarah von sich geben. Sarah ist Anfang 20. Und Sarah ist die neue Gespielin meines Ex-Freundes.
Abgesehen vom Geschlecht haben Sarah und ich wenig Gemeinsamkeiten. Meine Jugend ist geprägt von «Beverly Hills 90 210», den Spice Girls und Val Kilmer als Sexsymbol. Ihre dreht sich um «Pretty Little Liars», Justin Bieber und Channing Tatum. (Ok, um Channing beneide ich sie. Channing ist heisser als Val.)
Was Sarah hat, sind ganz definitiv super Beine. Die zeigt sie auch. Statt eines Röcklis hat sie ein Gürteli montiert. Nach dem vierten Hösliblitzer höre ich auf zu zählen. Und Sarah hat diese jugendliche Leichtigkeit in sich. Sie hängt meinem Ex so dermassen um den Hals, dass ich nicht genau weiss, ob er Luft kriegt.
Dass der Ex so viel Nähe, vor allem in der Öffentlichkeit, wenig bis gar nicht schätzt, merkt Sarah nicht. Oder es ist ihr einfach egal. Den Schnauf verschlägt's ihm jedenfalls, als er mich erblickt. Er winkt zögerlich. Ihm ist die Situation sichtlich unangenehm. Wie ich mich fühle, ist schwer zu sagen: Einerseits amüsiert, anderseits Fuck-Kack-Scheiss, ich wurde zum ersten Mal in meinem Leben von einer 12 Jahre Jüngeren ersetzt.
Der Ex und ich haben uns damals nicht im Schlechten getrennt. Wir hatten uns einfach auseinandergelebt. Bis wir irgendwann merkten, dass wir wie Geschwister nebeneinander herleben, statt zumindest hie und da übereinander herzufallen.
Ok. Wir gingen uns auch öfters massiv auf den Sack.
Anyhow.
Hier und heute jedenfalls an der Geburtstagsparty unseres gemeinsamen Freundes trennen uns rund vier Meter und eine quasi nackte Anfangszwanzigerin, die auf seinem Schoss rumreitet.
(Zäck, Kopfkino. Die Zwei beim Sex. Ich vermute guten Sex. Sex kann er tiptop. Und sie ist heiss. Punkt.)
Ich laufe auf ihn zu. Noch während ich das tue, frage ich mich, warum ich das tue. Dann stehe ich vor ihm. Sarah macht keine Anstalten, von ihm abzulassen. Bis er sie etwas unsanft zur Seite schiebt. Wir begrüssen uns mit drei Küssli. Dann wende ich mich Sarah zu.
«Hi, ich bin Emma.»
«Ich weiss», sagt sie, grinst und kneift ihn in die Backe.
«Und du heisst..?»
«Sarah», sagt er.
«Deine Freundin?», frage ich.
«Ja», grinst sie. «Heute sind es 2 Monate, 1 Woche und ein Tag.»
«Schön», sage ich. Und hasse sie. Nicht weil sie seine Neue ist. Sondern weil sie ist, wie sie ist. Oder weil er das gut findet, wie sie ist. Sie ist wahrscheinlich einfach nur etwas über 20. Und mit grösster Wahrscheinlichkeit war ich damals auch so nervig. Und quitschig.
«Wie geht's dir so?», fragt er.
«Gut», sage ich.
Dann haben wir uns schon nichts mehr zu sagen. Also verabschieden wir uns. Den Rest des Abends verbringe ich mit Cleo und Sophie. Meine Launen schwanken zwischen belustigt-amüsiert und angepisst. Derweil lässt Sarah dem Ex keine einzigen Millimeter Freiraum. Sie muss wirklich gut im Bett sein.
Kurz bevor wir weiterziehen, mache ich mich auf der Toilette frisch, als Sarah reinstürmt. Sie schmiert sich billigstes Rouge ins Gesicht und pinken Lipgloss, der penetrant nach Chemie-Erdbeeren stinkt, auf den Mund.
Dann zückt sie ihr Handy und nimmt eine Sprachnachricht im Balkandeutsch-Slang auf. Ich höre nur Sprachfetzen wie «Hi Bitches» und «gömmer no steil im (hier nannte sie eine Location, die ich nicht kenne und deren Namen ich vergessen habe)?» und «also, träffemer eus i 20 Minute im MC am HB, ihr Fot*ene!»
Ich lächle Sarah im Spiegel an, bevor ich die Szenerie verlasse. Zwischen WC und Sophie und Cleo wird mir sehr bewusst, dass ich auf keinen Fall mit Sarah tauschen will.
Ich will ihren Lifestyle nicht. Will ihr Gürteli nicht. Will ihren Lipgloss nicht. Will ihren Slang nicht.
Und schon gar nicht will ich ihren Freund/meinen Ex zurück.
Und come on, wer sagt, dass ich Channing Tatum nicht auch geil finden darf?
Hier würde ja jetzt ein kluger letzter Satz stehen. Ein versöhnendes Ende. Oder so. Leider aber ist mein Hirn gerade im Channing-Rausch. Drum noch ein Video:
Bitte, gern geschehen, Hetero-Girls und Gays. Alle anderen: Sorry, not sorry.
Adieu,
Mh. Aber ich konnte noch nie so besonders gut rechnen..
Ich hätte jetzt nicht erwartet, dass sogar Emma das Mädel auf die Fähigkeiten im Bett reduziert. Wie oft habe ich diese abwertenden Aussagen über Frauen oder auch Männer gehört.
Es dreht sich nun mal nicht alles um Sex. Vielleicht gefällt ihm ja ihre Persönlichkeit. Sich abwertend anderen Menschen gegenüber zu äussern um sich selbst besser zu fühlen - muss und sollte nicht sein.