Blinddate mit Gen-Z-Girl
Eine Freundin von Hanna fand, ich müsse ihre Freundin kennenlernen. Sie schickte mir ihr Insta-Profil, ich hoffte auf ein paar gute Fotos, aber nein, darin waren nur Sprüche und Tarot-Karten und Bilder mit ewig langen Captions darunter, in denen die Generation nach mir, die Gen Z, erklärt wurde. Irgendwie dachte ich, Gen-Z-Kids seien viel jünger, aber die ältesten sind dreissig, auch das Girl, das ich treffen sollte, war dreissig und dreissig ist okay.
Und: Ich bin ja grundsätzlich ein offener Mensch, haha ... You dreamer you!
Ich bin vor allem ein Mensch, der in einer Kolumne über sein Dating- und Sexleben schreibt und deshalb Erlebnisse in diesem Bereich braucht. Oder soll ich euch erzählen, dass ich mir letzte Woche eine Zimmerpflanze für die Küche gekauft und tatsächlich mehrere Minuten damit verbracht habe, zu recherchieren, wie viel und oft man giessen muss, damit sie nicht nach einer Woche verreckt, eben, interessiert euch einen Dreck, deshalb gehe ich selbstverständlich auf ein Blinddate mit einem Gen-Z-Girl, wenn mir eines angeboten wird. Auch, weil die Freundin von Hanna fand, sie sei «meeega hübsch». Das ist natürlich subjektiv, aber man würde wohl kaum «meeega hübsch» sagen, wenn jemand in Wahrheit «än riese Haggä» ist.
Sober Dating ist das neue Ding
Das Gen-Z-Girl, nennen wir sie Gina, wollte sich nicht in einer Bar treffen. Sie würde eh nichts trinken, sie möge Alkohol nicht, mochte sie noch nie, den Geschmack, die Wirkung, und sie war schon lange nicht mehr im Kunsthaus, also trafen wir uns dort.
Die Freundin hatte recht: Gina war hot. Dunkle Haare, überraschend dicke Augenbrauen, grosse Lippen, grosse Augen, sonst eher klein und eine ziemlich hohe Stimme. Sie war irgendwie ein bisschen schräg, aber gut schräg, sie machte selber Sprüche über sich und ihr Schrägsein, fand ich erst mal lustig. Nach zwei Stunden musste sie gehen, sagte aber, sie würde mich gerne wieder sehen. Ob ich Lust hätte, am Mittwoch zu ihr zu kommen. Sie würde kochen.
Und natürlich war sie Veganerin
Überraschte mich nicht, es passte sehr in ihr Profil. Ihre Wohnung war winzig, aber perfekt aufgeräumt. Es hingen Tücher an den Wänden, auf dem Couchtisch lagen Tarot-Karten, daneben verschiedene Kristalle, irgendwo brannten Räucherstäbchen, es roch jedenfalls sehr danach. Das Essen war richtig gut. Und der Sex, muss ich sagen, auch.
Drei Dinge erstaunten mich dabei. Gina redete währenddessen praktisch nonstop. Sie sagte bei allem, was ich tat, wie sie es fand oder ob ich da nicht langsamer sein, mehr Druck, weniger Druck geben könne, sie führte durch, als würden wir gemeinsam für einen Auftritt proben. Sie fragte auch nonstop, ob okay sei, was sie tat. Und sie kündigte an, als sie kam, dass sie kam, was ich ebenfalls selten erlebe.
Zweitens: Sie war behaarter als alle Frauen, mit denen ich bisher Sex hatte. Sie rasierte sich nirgendwo. Bikinizone, Achseln, Beine, alles behaart.
Drittens: Sie wollte nach dem Sex über den Sex sprechen. Wie ich was fand. Was sie besser machen könne. Was meine Wünsche und Bedürfnisse seien. Was sie toll fand. Was ihr wichtig sei.
Und dann fragte Gina, ob wir uns wiedersehen wollen. Nicht ich musste danach fragen. Nein, sie nahm ihre Agenda hervor, eine Papier-Agenda, und fragte, noch komplett nackt, wann ich nächste Woche Zeit hätte.
Wie ich das konstante Kommentieren beim Sex finde, weiss ich noch nicht. Was ich nach den beiden Dates aber sicher sagen kann: Das Initiative ergreifen der Gen-Z-Girls mag ich.
So long,
Ben